2.Mose 15,22 bis 18,27
Vom Roten Meer setzten die Israeliten ihre Wanderung unter der Leitung der Wolkensäule fort. Die Landschaft ringsum war trostlos: kahle Berge, unfruchtbare Ebenen und das Rote Meer in der Ferne, an dessen lang gestreckter Küste noch die Leichen ihrer Feinde verstreut lagen. Doch das Bewusstsein ihrer Freiheit erfüllte die Israeliten mit großer Freude, sodass jeder Gedanke an Unzufriedenheit verflogen war. WAB 268.1
Aber ganze drei Tage lang konnten sie auf ihrer Wanderung keine Wasserstelle finden. Was sie an Vorrat mitgenommen hatten, war erschöpft. Sie hatten nichts, was ihren brennenden Durst hätte löschen können, als sie sich müde über die sonnenverbrannten Ebenen schleppten. Mose kannte diese Gegend und wusste, was den anderen noch verborgen war: Die nächste Stelle, wo es Quellen gab, war Mara. Aber dort war das Wasser ungenießbar. Mit wachsender Sorge beobachtete er die voranziehende Wolke. Der Mut wollte ihm schon sinken, als er den Freudenruf »Wasser, Wasser!” hörte, der durch die Reihen hallte. Männer, Frauen und Kinder drängten sich in freudiger Eile zur Quelle. Da brach ein qualvoller Schmerzensschrei aus der Menge hervor, denn das Wasser war bitter. WAB 268.2
In ihrem Entsetzen und ihrer Verzweiflung warfen die Israeliten Mose vor, er habe sie diesen Weg geführt. Sie bedachten aber nicht, dass Gottes Gegenwart in der geheimnisvollen Wolke ihn ebenso geleitet hatte wie auch sie. In seinem Kummer über ihre Notlage tat Mose, was sie vergessen hatten: Er rief ernstlich zu Gott um Hilfe. »Und der Herr zeigte ihm ein Holz; das warf er ins Wasser, da wurde es süß.« (2. Mose 15,25) Hier wurde Israel durch Mose das Versprechen gegeben: »Wirst du der Stimme des Herrn, deines Gottes, gehorchen und tun, was vor ihm recht ist, und merken auf seine Gebote und halten alle seine Gesetze, so will ich dir keine der Krankheiten auferlegen, die ich den Ägyptern auferlegt habe; denn ich bin der Herr, dein Arzt.” (2. Mose 15,26) WAB 268.3
Von Mara wanderte das Volk nach Elim, »da waren zwölf Wasserquellen und siebzig Palmbäume” (2. Mose 15,27). Dort blieben sie einige Tage, bevor sie in die Wüste Sin zogen. Einen Monat, nachdem sie Ägypten verlassen hatten, schlugen sie ihr Lager zum ersten Mal in der Wüste auf. Ihre Lebensmittelvorräte gingen zur Neige, und weil sie nur kärgliche Weide fanden, gingen viele Tiere ein. Wie konnte für diese unübersehbare Menge Nahrung beschafft werden? Zweifel stiegen in ihnen auf, und wieder beklagten sich die Israeliten. Selbst die Stammesoberhäupter und Ältesten des Volkes stimmten in die Klage gegen Gott und seine berufenen Führer ein: »Hätte uns der Herr doch nur in Ägypten getötet ... Dort hatten wir immerhin Fleisch und genügend Brot zu essen. Stattdessen habt ihr uns in diese Wüste geführt, damit wir hier alle verhungern.” (2. Mose 16,3) WAB 269.1
Dabei hatten sie bis dahin noch gar keinen Hunger gelitten. Für ihren augenblicklichen Bedarf war gesorgt. Sie fürchteten nur die Zukunft. Sie konnten sich nicht vorstellen, wie diese riesige Volksmenge auf ihrem Zug durch die Wüste überleben sollte. In ihrer Fantasie sahen sie schon ihre Kinder an Hunger sterben. Der Herr ließ es zu, dass sie in Schwierigkeiten gerieten und ihre Lebensmittel immer knapper wurden, damit sich ihr Herz ihm zuwandte, der bisher ihr Erretter gewesen war. Würden sie ihn in ihrer Notlage anrufen, würde er ihnen deutliche Zeichen seiner Liebe und Fürsorge zuteilwerden lassen. Er hatte ja versprochen, dass keine Krankheit sie befallen sollte, wenn sie seinen Geboten gehorchten. Deshalb war es sündiger Unglaube, von vornherein anzunehmen, sie selbst oder ihre Kinder könnten vor Hunger sterben. WAB 269.2