25 Jahre später erschien das nächste vorhergesagte Zeichen: die Verfinsterung der Sonne und des Mondes. Auffallend an dieser Prophezeiung ist die genaue Zeitangabe ihrer Erfüllung. Als der Heiland mit seinen Jüngern auf dem Ölberg über die lange trübselige Zeit der Gemeinde sprach - über diese 1260 Jahre der Verfolgung durch das Papsttum -, von denen er versprochen hatte, sie zu verkürzen, erwähnte er gewisse Ereignisse, die seinem Kommen vorausgehen würden. Dabei nannte er den Zeitrahmen, in dem dieses erste Zeichen erscheinen sollte. »Aber zu jener Zeit, nach dieser Bedrängnis, wird die Sonne sich verfinstern und der Mond seinen Schein verlieren.« (Markus 13,24) Die 1260 Tage oder Jahre liefen mit dem Jahr 1798 ab. Ein Vierteljahrhundert vorher hatten die Verfolgungen beinahe gänzlich aufgehört. Nach diesen Verfolgungen sollte gemäß der Worte Christi die Sonne verdunkelt werden. Am 19. Mai 1780 ging diese Weissagung in Erfüllung. VSL 281.1
»Die geheimnisvollste und unerklärbare, wenn nicht gänzlich ohne Beispiel dastehende Naturerscheinung ... war der finstere Tag vom 19. Mai 1780 - eine höchst sonderbare Verfinsterung des ganzen sichtbaren Himmels in Neuengland.” (DFC, 89) VSL 281.2
Ein Augenzeuge aus Massachusetts beschrieb dieses Ereignis wie folgt: »Am Morgen ging die Sonne klar auf, bald aber bezog sich der Himmel. Die Wolken sanken immer tiefer, und während sie dunkler und bedrohlicher wurden, zuckten Blitze, der Donner rollte und etwas Regen fiel. Gegen neun Uhr lichtete sich die Wolkendecke und nahm ein messingoder kupferfarbenes Aussehen an, sodass Erde, Felsen, Bäume, Gebäude, das Wasser und die Menschen in diesem seltsamen, unheimlichen Licht ganz verändert erschienen. Wenige Minuten später breitete sich eine schwere, schwarze Wolke über den ganzen Himmel aus, mit Ausnahme eines schmalen Streifens am Horizont, und es war so dunkel, wie es gewöhnlich im Sommer um neun Uhr abends ist . VSL 281.3
Angst, Entsetzen und heilige Scheu bemächtigten sich der Menschen. Frauen standen vor den Türen und schauten in die dunkle Landschaft, Männer kehrten von ihrer Feldarbeit zurück, der Zimmermann verließ sein Werkzeug, der Schmied seine Werkstatt, der Kaufmann seinen Laden. Die Schulen wurden geschlossen und zitternde Kinder rannten heim. Reisende suchten Unterkunft in den nächsten Bauernhäusern. ›Was soll das werden?‹, fragten bebende Lippen und Herzen. Es schien, als ob ein großer Sturm über das Land hereinbrechen wollte oder als ob das Ende aller Dinge gekommen sei. VSL 281.4
Kerzen wurden angezündet, und das Feuer im offenen Kamin brannte so hell wie an einem Herbstabend ohne Mondlicht. ... Die Hühner erklommen ihre Ruhestangen und schliefen ein, das Vieh ging an die Wiesenpforten und brüllte, Frösche quakten, Vögel sangen ihr Abendlied und Fledermäuse flogen herum. Aber die Menschen wussten, dass die Nacht nicht hereingebrochen war. ... VSL 282.1
Dr. Nathanael Whittaker, Geistlicher in Salem, hielt einen Gottesdienst im Versammlungssaal und behauptete in seiner Predigt, dass die Dunkelheit übernatürlich sei. An vielen anderen Orten wurden Versammlungen durchgeführt, und die Bibeltexte für die unvorbereiteten Predigten waren unvermeidlich solche, die andeuteten, dass die Finsternis in Übereinstimmung mit der biblischen Weissagung stand. ... Kurz nach elf Uhr war die Dunkelheit am stärksten.« (TEA, April 1899, III, Nr. 4, 53.54) VSL 282.2
»An den meisten Orten war die Finsternis so dicht, dass man weder nach der Uhr sehen noch die häuslichen Arbeiten ohne Kerzenlicht ausführen konnte. ... Das Ausmaß der Finsternis war außergewöhnlich. Nach Osten erstreckte sie sich bis Falmouth, nach Westen erreichte sie den äußersten Teil von Connecticut und Albany, nach Süden hin wurde sie an der ganzen Küste entlang beobachtet, und nach Norden reichte sie, so weit sich die amerikanischen Niederlassungen ausdehnten.” (GHR, III, 57) VSL 282.3
Eine oder zwei Stunden vor Sonnenuntergang folgte auf die starke Dunkelheit ein teilweise klarer Himmel, die Sonne kam hervor, doch war ihr Schein von einem schwarzen, schweren Schleier getrübt. »Nach Sonnenuntergang kamen die Wolken zurück und es wurde schnell sehr dunkel. ... Die Dunkelheit der Nacht war ebenso ungewöhnlich und erschreckend wie die des Tages, denn obgleich es fast Vollmond war, ließ sich doch kein Gegenstand ohne künstliches Licht unterscheiden, und dieses sah von den Nachbarhäusern und andern Orten aus, als ob es durch eine ägyptische Finsternis schien, die für die Strahlen nahezu undurchdringlich war.« (TMS, X, N. 472, 25. Mai 1780) Ein Augenzeuge dieses Ereignisses sagte: »Ich konnte mich des Gedankens nicht erwehren, dass, wenn alle leuchtenden Himmelskörper in solch undurchdringliche Finsternis gehüllt oder gänzlich verschwunden wären, die Finsternis nicht vollständiger hätte sein können.” (MHSC, 1792, 1. Serie, I, 97) Obgleich um neun Uhr abends der Mond voll aufging, »vermochte er nicht im Geringsten den todesähnlichen Schatten zu zerteilen.« Nach Mitternacht verschwand die Finsternis, und als der Mond sichtbar wurde, sah er aus wie Blut. VSL 282.4
Der 19. Mai 1780 ging als »der finstere Tag” in die Geschichte ein. Seit der Zeit Moses wurde nie mehr von einer Finsternis gleicher Dichte, gleichen Ausmaßes und gleicher Dauer berichtet. Was hier von Augenzeugen geschildert wurde, ist wie eine Wiederholung der Worte, die der Herr durch den Propheten Joel 2500 Jahre zuvor ausgesprochen hatte: »Die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe denn der große und schreckliche Tag des Herrn kommt.« (Joel 3,4) VSL 282.5