Auf der Grundlage von Daniel 1.
Unter den Kindern Israel, die zu Beginn der siebzigjährigen Knechtschaft gefangen nach Babylon geführt wurden, befanden sich “christliche” Patrioten, Männer mit stählerner Grundsatztreue, Männer, die sich nicht durch Selbstsucht verderben ließen, sondern Gott die Ehre gaben, selbst wenn sie dadurch alles verloren. Im Land ihrer Gefangenschaft sollten diese Männer Gottes Plan dadurch ausführen, daß sie heidnischen Völkern die Segnungen vermittelten, die der Gotteserkenntnis entspringen. Sie sollten seine Stellvertreter sein. Niemals sollten sie mit Götzendienern Kompromisse eingehen. Ihren Glauben und ihren Ruf als Anbeter des lebendigen Gottes sollten sie hoch in Ehren halten. Und dies taten sie auch. Im Glück und Unglück ehrten sie Gott, und Gott ehrte sie. PK 335.1
Daß diese Männer, diese Verehrer des Herrn, Gefangene in Babylon waren und daß die Gefäße aus dem Hause Gottes in den Tempel der babylonischen Götter gestellt worden waren, führten die Sieger prahlerisch als Beweis der Überlegenheit ihrer Religion und Sitte über die der Hebräer an. Doch gerade durch die Demütigungen, die Israels Abkehr von Gott heraufbeschworen hatte, bekundete der Herr Babylon seine Oberhoheit, die Heiligkeit seiner Forderungen und die sicheren Folgen des Gehorsams. Und diesen Beweis lieferte er — wie allein er erbracht werden konnte — durch jene, die ihm treu waren. PK 335.2
Unter denen, die Gott ihre Treue bewahrten, befanden sich Daniel und seine drei Gefährten — glänzende Beispiele dafür, was aus Menschen werden kann, die sich mit dem Gott der Weisheit und Macht verbünden. Aus ihren verhältnismäßig schlichten jüdischen Heimen wurden diese Jugendlichen königlicher Abstammung in die prachtvollste aller Städte und an den Hof des größten Monarchen der Welt gebracht. Nebukadnezar befahl “Aschpenas, seinem obersten Kämmerer, er sollte einige von den Kindern Israel auswählen, und zwar von königlichem Stamm und von edler Herkunft, junge Leute, die keine Gebrechen hätten, sondern schön, begabt, weise, klug und verständig wären, also fähig, an des Königs Hof zu dienen ... Unter ihnen waren aus Juda Daniel, Hananja, Mischael und Asarja.” Daniel 1,3.4.6. PK 335.3
Da Nebukadnezar in diesen Jugendlichen die Anlage bemerkenswerter Fähigkeiten erkannte, bestimmte er, daß sie dazu ausgebildet werden sollten, wichtige Stellungen in seinem Reich einnehmen zu können. Um sie voll auf ihr Lebenswerk vorzubereiten, sorgte er dafür, daß sie die Sprache der Chaldäer lernten und drei Jahre lang die ungewöhnlichen Bildungsvorteile genießen durften, die Fürsten des Königreichs gewährt wurden. PK 336.1
Die Namen Daniels und seiner Gefährten änderte man in Namen um, die chaldäischen Gottheiten entsprachen. Hebräische Eltern gaben ihren Kindern Namen, denen große Bedeutung beigelegt wurde. Oft standen sie für Charakterzüge, die die Eltern in dem Kind verwirklicht zu sehen wünschten. Der Fürst nun, unter dessen Obhut die gefangenen Jünglinge gestellt wurden, “nannte Daniel Beltschazar und Hananja Schadrach und Mischael Meschach und Asarja Abed-Nego”. Daniel 1,7. PK 336.2
Der König zwang die hebräischen Jugendlichen nicht, ihren Glauben zugunsten des Götzendienstes aufzugeben, er hoffte dies jedoch allmählich zu erreichen. Dadurch, daß er ihnen Namen geben ließ, die für den Götzenkult bezeichnend waren, und auch dadurch, daß er sie täglich in enge Berührung mit abgöttischen Bräuchen und unter den Einfluß der verführerischen Riten heidnischer Anbetung brachte, hoffte er sie zu bewegen, dem Glauben ihres Volkes abzuschwören und sich am Gottesdienst der Babylonier zu beteiligen. PK 336.3
Gleich zu Anfang ihrer Laufbahn trat eine entscheidende Charakterprobe an sie heran. Sie sollten — so war es vorgesehen — von der Speise essen und von dem Wein trinken, die vom Tisch des Königs kamen. Dadurch wollte der König seiner Gunst und seiner Sorge für ihr Wohl Ausdruck verleihen. Da jedoch ein Teil des Essens den Götzen geopfert worden war, galten alle Speisen, die vom Tisch des Königs kamen, als dem Götzenkult geweiht. Wer sie genoß, huldigte nach der damaligen Ansicht den Göttern Babylons. Die Treue zum Herrn verbot Daniel und seinen Gefährten, sich solcher Art der Verehrung anzuschließen. Selbst wenn sie nur vorgetäuscht hätten, von der Speise zu essen und vom Wein zu trinken, hätten sie damit ihren Glauben verleugnet. Dies hätte bedeutet, sich mit dem Heidentum einzulassen und die Grundsätze des Gesetzes Gottes verächtlich zu behandeln. PK 336.4
Ferner wagten sie es nicht, ihre körperliche, geistige und geistliche Entwicklung der entnervenden Wirkung von Luxus und Ausschweifung auszusetzen. Ihnen war die Geschichte von Nadab und Abihu vertraut. Die Unmäßigkeit der beiden und deren Folgen waren in den Urkunden der fünf Bücher Moses überliefert worden. Und sie wußten, daß der Genuß von Wein auch ihre Körper- und Geisteskräfte schädigen würde. PK 337.1
Daniel und seine Gefährten waren von ihren Eltern an strenge Enthaltsamkeit gewöhnt worden. Sie hatten gelernt, daß Gott sie für ihre Fähigkeiten verantwortlich machen werde und daß sie ihre Kräfte niemals verkümmern lassen oder schwächen durften. Diese Erziehung bewahrte Daniel und seine Kameraden vor den entsittlichenden Einflüssen am Hofe von Babylon. So stark die Versuchungen an jenem verderbten und schwelgerischen Hof auch waren, wurden die Freunde doch nicht von ihnen zu Fall gebracht. Keine Macht, kein Einfluß vermochte sie von den Grundsätzen abzubringen, die sie in früher Jugend durch das Studium des Wortes und der Werke Gottes gelernt hatten. PK 337.2
Wenn Daniel gewollt hätte, so wäre ein Hinweis auf seine Umgebung eine einleuchtende Entschuldigung für ein Abweichen von der Gewohnheit strikter Enthaltsamkeit gewesen. Er hätte erklären können, daß es für ihn, der von der Gunst des Königs abhängig und seiner Macht unterworfen war, keinen andern Weg gäbe, als von der Speise des Königs zu essen und von seinem Wein zu trinken. Hielte er an der göttlichen Lehre fest, so beleidigte er damit den König und verlöre wahrscheinlich seine Stellung und sein Leben. Mißachtete er dagegen das Gebot des Herrn, so erhielte er sich die Gunst des Königs und sicherte sich bildungsmäßige Vorteile sowie schmeichelhafte weltliche Zukunftsaussichten. PK 337.3
Aber Daniel zögerte nicht. Die Anerkennung Gottes war ihm lieber als das Wohlwollen des mächtigsten irdischen Herrschers — lieber als das Leben selbst. Er beschloß, rechtschaffen zu bleiben, komme, was da wolle. Er “nahm sich in seinem Herzen vor, daß er sich mit des Königs Speise und mit seinem Wein nicht unrein machen wollte”. Daniel 1,8. In diesem Entschluß wurde er von seinen drei Freunden unterstützt. PK 337.4
Als die jugendlichen Hebräer diese Entscheidung trafen, handelten sie nicht vermessen, sondern in festem Vertrauen auf Gott. Sie wollten keine Sonderlinge sein, aber lieber als solche gelten, als Gott zu entehren. Gingen sie in diesem Falle mit dem Unrecht einen Kompromiß ein und gäben sie dem Druck der Umstände nach, dann schwächte ihr Abweichen von den Grundsätzen ihr Rechtsempfinden und ihren Abscheu vor dem Unrecht. Der erste verkehrte Schritt würde zu weiteren verkehrten Schritten führen, bis sie, da ihre Verbindung zum Himmel abgeschnitten wäre, von der Versuchung hinweggerissen würden. PK 338.1
“Gott gab es Daniel, daß ihm der oberste Kämmerer günstig und gnädig gesinnt wurde”, und die Bitte, sich nicht verunreinigen zu müssen, wurde achtungsvoll entgegengenommen. Doch der hohe Herr zögerte, sie zu erfüllen. “Ich fürchte mich vor meinem Herrn, dem König, der euch eure Speise und euern Trank bestimmt hat”, erklärte er Daniel. “Wenn er merken würde, daß euer Aussehen schlechter ist als das der andern jungen Leute eures Alters, so brächtet ihr mich bei dem König um mein Leben.” Daniel 1,9.10. PK 338.2
Nun wandte sich Daniel an den Beamten, dessen besonderer Aufsicht die hebräischen Jünglinge unterstanden, mit dem Ersuchen, nicht von den Speisen des Königs essen und von seinem Wein trinken zu müssen. Er bat darum, in einem zehntägigen Versuch die jungen Hebräer mit einfacher Nahrung zu versorgen, während ihre Kameraden von den Leckerbissen des Königs äßen. PK 338.3
Obwohl der Aufseher befürchtete, möglicherweise durch die Erfüllung dieser Bitte das Mißfallen des Königs auf sich zu ziehen, stimmte er zu; und Daniel wußte, daß er gewonnen hatte. Am Ende der zehntägigen Probezeit zeigte es sich, daß das Ergebnis im Gegensatz zu den Befürchtungen des obersten Kammerherrn stand. Die jungen Männer sahen “schöner und kräftiger aus als alle jungen Leute, die von des Königs Speise aßen”. Daniel 1,15. Ihre äußere Erscheinung wich wohltuend von ihren Kameraden ab. Daraufhin durften Daniel und seine Gefährten ihre einfache Ernährungsweise während ihrer ganzen Ausbildung beibehalten. PK 338.4
Drei Jahre lang studierten die jungen Hebräer, um sich “Schrift und Sprache der Chaldäer” (Daniel 1,4) anzueignen. Während dieser Zeit hielten sie Gott die Treue und verließen sich beständig auf seine Macht. Zu ihren selbstverleugnenden Gewohnheiten gesellten sich ernste Zielstrebigkeit, Fleiß und Beständigkeit. Nicht Stolz oder Ehrgeiz hatte sie an den Hof des Königs gebracht — in die Gesellschaft derer, die Gott weder kannten noch fürchteten —, sie waren vielmehr Gefangene in einem fremden Land, von Gott in seiner unendlichen Weisheit dorthin verpflanzt. Abgeschnitten von dem guten Einfluß des Heims und einer geheiligten Umgebung versuchten sie, sich für die Ehre ihres unterdrückten Volkes und zum Ruhme des Einen, dessen Diener sie waren, zu bewähren. PK 339.1
Der Herr sah mit Wohlgefallen auf die Festigkeit und Selbstverleugnung der jungen Hebräer sowie auf die Reinheit ihrer Beweggründe. Sein Segen begleitete sie, und er gab ihnen “Einsicht und Verstand für jede Art von Schrift und Weisheit. Daniel aber verstand sich auf Gesichte und Träume jeder Art.” Daniel 1,17. Die Verheißung: “Wer mich ehrt, den will ich auch ehren” (1.Samuel 2,30), erfüllte sich. Als sich Daniel mit unerschütterlichem Vertrauen an Gott klammerte, wurde er mit prophetischer Kraft erfüllt. Während Menschen ihn in den Pflichten des Hoflebens unterrichteten, lehrte ihn Gott, die Geheimnisse der Zukunft zu deuten und Ereignisse, die sich über die Geschichte dieser Welt bis zum Ende der Zeit erstreckten, für kommende Generationen durch Bilder und Symbole aufzuzeichnen. PK 339.2
Als die Zeit kam, in der die jungen Männer wegen ihrer Ausbildung getestet werden sollten, wurden die Hebräer gemeinsam mit anderen Anwärtern für den Staatsdienst geprüft. “Und es wurde unter allen niemand gefunden, der Daniel, Hananja, Mischael und Asarja gleich war.” Daniel 1,19. Ihre scharfe Auffassungsgabe, ihre ausgedehnten Kenntnisse, ihre gewählte und sorgfältige Ausdrucksweise bewiesen die unverminderte Stärke und Energie ihrer geistigen Fähigkeiten. “Der König fand sie in allen Sachen, die er sie fragte, zehnmal klüger und verständiger als alle Zeichendeuter und Weisen in seinem ganzen Reich.” “Und sie wurden des Königs Diener.” Daniel 1,20.19. PK 339.3
Am Hofe Babylons trafen sich Vertreter aller Länder, lauter höchst begabte Menschen, die sehr reich mit natürlichen Gaben ausgestattet waren und über die umfassendste Bildung verfügten, die die Welt bieten konnte. Doch unter ihnen allen war keiner den jungen Hebräern gleich. Ihrer körperlichen Kraft und Schönheit, ihrer geistigen Energie und ihren literarischen Kenntnissen stand nichts Ebenbürtiges zur Seite. Die aufrechte Gestalt, der feste, elastische Schritt, der klare Gesichtsausdruck, die ungetrübten Sinne, der reine Atem — all das waren Zeugnisse guter Gewohnheiten, Zeichen des Adels, mit dem die Natur die ehrt, die ihren Gesetzen gehorchen. PK 339.4
In der Aneignung der Weisheit der Babylonier waren Daniel und seine Gefährten weit erfolgreicher als ihre Mitschüler; aber ihre Gelehrsamkeit verdankten sie nicht einem Zufall. Vielmehr erlangten sie ihre Kenntnisse durch gewissenhafte Anwendung ihrer Fähigkeiten unter der Führung des Heiligen Geistes. Sie verbanden sich mit der Quelle aller Weisheit und machten die Erkenntnis Gottes zur Grundlage ihrer Bildung. Vertrauensvoll beteten sie um Weisheit und lebten auch ihren Gebeten entsprechend. Sie hielten sich dort auf, wo Gott sie segnen konnte. Was ihre Kräfte schwächen konnte, mieden sie und nutzten jede Gelegenheit, in sämtliche Wissenszweige Einblick zu gewinnen. Sie befolgten die Lebensregeln, die mit Sicherheit ihre Verstandeskraft stärken konnten. Nur mit dem einen Ziel, Gott zu ehren, suchten sie sich Kenntnisse anzueignen. Sie erkannten, daß sie inmitten der falschen Religionen des Heidentums nur dann als Vertreter der wahren Religion standhalten konnten, wenn ihr Verstand klar und ihr Charakter christusähnlich war. Gott selbst war ihr Lehrer. Unter ständigem Gebet, gewissenhaftem Studium und in enger Verbindung mit dem Unsichtbaren wandelten sie mit Gott, wie Henoch es getan hatte. PK 340.1
Wahrer Erfolg bei irgendeiner Arbeit ist nicht auf Glück, Zufall oder Schicksalsfügung zurückzuführen. Er wird vielmehr durch Gottes Vorsehung gewirkt als Lohn der Treue, Besonnenheit, Tugend und Ausdauer. Glänzende geistige Fähigkeiten und hohe sittliche Spannkraft sind nicht Ergebnisse des Zufalls. Der Erfolg hängt davon ab, wie wir die Gelegenheiten ausnutzen, die Gott uns schenkt. PK 340.2
Während Gott in Daniel und seinen Gefährten “das Wollen und das Vollbringen, zu seinem Wohlgefallen” (Philipper 2,13) wirkte, taten sie alles, um selig zu werden. Hierin offenbart sich die Auswirkung des göttlichen Grundsatzes der Zusammenarbeit, ohne die kein wahrer Erfolg erreichbar ist. Menschliche Anstrengungen vermögen nichts ohne die göttliche Macht; ohne menschliches Bemühen kann Gott bei vielen nichts erreichen. Um uns Gottes Gnade anzueignen, müssen wir unser Teil tun. Seine Gnade dient dazu, in uns das Wollen und das Vollbringen zu wirken, sie ist jedoch nie ein Ersatz für unser eigenes Bemühen. PK 340.3
Wie mit Daniel und dessen Freunden will der Herr auch mit all denen zusammenwirken, die bestrebt sind, seinen Willen zu tun. Durch die Mitteilung seines Geistes will er jeden echten Vorsatz, jeden edlen Entschluß stärken. Wer auf dem Pfad des Gehorsams geht, wird vielen Hindernissen begegnen. Starke, fast unmerkliche Einflüsse mögen ihn an die Welt binden. Aber der Herr kann jede Macht, jedes Werkzeug zunichte machen, das die Niederlage seiner Auserwählten herbeiführen könnte. In seiner Kraft können sie jede Versuchung überwinden und jede Schwierigkeit bewältigen. PK 341.1
Gott brachte Daniel und seine Freunde mit den großen Männern Babylons in Berührung, damit sie inmitten einer Nation von Götzendienern seinen Charakter darstellten. Was befähigte sie zu einer so hohen Vertrauens- und Ehrenstellung? Es war die Treue in kleinen Dingen, sie prägte ihr ganzes Leben. Sie ehrten Gott ebenso in der Erfüllung kleinster wie auch höchst verantwortungsvoller Pflichten. PK 341.2
Wie Gott Daniel berief, in Babylon für ihn zu zeugen, so ruft er uns, in der heutigen Welt seine Zeugen zu sein. Er wünscht, daß wir den Menschen in den kleinsten wie in den größten Dingen des Lebens die Grundregeln seines Reiches offenbaren. Viele warten darauf, daß ihnen eine große Aufgabe übertragen werde, während sie täglich Gelegenheiten verpassen, ihre Treue zu Gott kundzutun. Täglich versäumen sie es, von ganzem Herzen die kleinen Pflichten des Lebens zu erfüllen. Während sie auf irgendeine große Aufgabe warten, bei der sie ihre angeblich überragenden Fähigkeiten einsetzen und so ihren Ehrgeiz befriedigen können, eilen ihre Tage dahin. PK 341.3
Im Leben des wahren Christen gibt es nichts Unwesentliches; in den Augen des Allmächtigen ist jede Pflicht wichtig. Der Herr wägt jede Möglichkeit, etwas für ihn zu tun, genau ab. Die ungenutzten Fähigkeiten werden ebenso in Betracht gezogen wie die genutzten. Wir werden durch das gerichtet, was wir hätten tun sollen, aber versäumten, weil wir unsere Fähigkeiten nicht zur Verherrlichung Gottes anwandten. PK 341.4
Ein edler Charakter entsteht nicht durch Zufall; er ist nicht auf die besondere Gunst oder besondere Gaben der Vorsehung zurückzuführen. Er ist das Ergebnis der Selbstbeherrschung, der Unterwerfung der niederen Natur unter die höhere, der Übergabe des Ichs an den Dienst für Gott und Menschen. PK 342.1
Durch die Treue gegenüber den Grundsätzen der Enthaltsamkeit, wie sie die jungen Hebräer auslebten, will Gott der Jugend unserer Tage etwas sagen. Menschen werden gebraucht, die wie Daniel alles tun und wagen, was recht ist. Reine Herzen, starke Hände und Furchtlosigkeit tun not, denn der Kampf zwischen Laster und Tugend erfordert unaufhörliche Wachsamkeit. Jeder Seele naht sich Satan in vielerlei lockender Gestalt, um sie zur Genußsucht zu verführen. PK 342.2
Die Entwicklung des Geistes und der Seele hat die Bildung eines Charakters zum Ziel, wobei dem Körper eine überaus große Bedeutung zukommt. Daher richtet der Seelenfeind seine Versuchungen auf die Schwächung und Zerstörung der körperlichen Kräfte. Hat er hierin Erfolg, so bedeutet dies oft, daß sich der ganze Mensch dem Bösen ausliefert. PK 342.3
Stehen unsere natürlichen Neigungen nicht unter der Herrschaft einer höheren Macht, führen sie zu sicherem Verfall und Tod. Der Körper muß den höheren Kräften des Daseins unterworfen werden. Die Leidenschaften müssen sich der Herrschaft des Willens beugen, der sich seinerseits unter die Herrschaft Gottes stellt. Die durch die göttliche Gnade geheiligte königliche Macht der Vernunft soll das Zepter im Leben führen. Geistige Kraft, körperliche Stärke und Lebensdauer hängen von unveränderlichen Gesetzen ab. Wer diesen Gesetzen gehorcht, kann dastehen als Sieger über sich selbst, über seine eigenen Neigungen, über die “Mächtigen und Gewaltigen”, über die “Herren der Welt, die in dieser Finsternis herrschen”, über die bösen Geister unter dem Himmel. Epheser 6,12. PK 342.4
Im Opferkult aus alter Zeit, der das Evangelium versinnbildete, durfte kein mit Makeln behaftetes Opfertier auf den Altar Gottes gebracht werden. Das Opfer, das Christus darstellte, mußte fehlerfrei sein. Das Wort Gottes weist auf diese Tatsache hin, um zu veranschaulichen, was Gottes Kinder sein müssen — “ein lebendiges ... Opfer” (Römer 12,1, Zürcher), “heilig und untadelig”. Epheser 5,27 (Zürcher). PK 342.5
Diese heldenmütigen Hebräer waren Menschen mit denselben Neigungen wie wir; sie blieben jedoch gegenüber allen verführerischen Einflüssen des Hofes von Babylon standhaft, weil sie sich auf eine Kraft verließen, die unendlich ist. Sie boten einer heidnischen Nation ein anschauliches Beispiel für die Güte und Freundlichkeit Gottes und für die Liebe Christi. Ihre Erfahrung zeigt uns, wie Grundsatzfestigkeit über Versuchungen, wie Reinheit über Verderbtheit und wie Hingabe und Treue über Atheismus und Götzendienst den Sieg davontragen. PK 343.1
Die heutige Jugend kann von demselben Geist erfüllt sein, der Daniel beseelte; sie kann aus derselben Kraftquelle schöpfen, über dieselbe Kraft der Selbstbeherrschung verfügen und in ihrem Leben, selbst unter genauso ungünstigen Verhältnissen, dieselbe Gnade offenbaren. Obwohl sie von Versuchungen zur Genußsucht umgeben ist — und das besonders in unseren großen Städten, wo jede Form sinnlicher Befriedigung leichten und verlockenden Zugang bietet —, kann sie ihrem Vorsatz, Gott zu ehren, durch seine Gnade treu bleiben. Entschlossen, umsichtig und wachsam kann sie jeder Versuchung, die die Seele angreift, widerstehen. Doch nur, wer sich dafür entscheidet, das Rechte zu tun, weil es recht ist, wird den Sieg erringen. PK 343.2
Wie vorbildlich war doch das Lebenswerk dieser edlen Hebräer! Als sie dem Land ihrer Kindheit Lebewohl sagten, ahnten sie kaum, welch hohe Bestimmung ihrer harrte. Treu und standhaft willigten sie in die göttliche Führung ein, so daß Gott durch sie seine Absicht erfüllen konnte. PK 343.3
Die machtvollen Wahrheiten, welche diese Männer kundtaten, möchte Gott auch heute durch Jugendliche und Kinder offenbaren. Das Leben Daniels und seiner Gefährten zeigt anschaulich, was der Herr für die tun wird, die sich ihm übergeben und die von ganzem Herzen danach trachten, sein Werk durchzuführen. PK 343.4