Was Paulus den Thessalonichern in seinem ersten Brief über die Wiederkunft Christi schrieb, stimmte völlig mit dem überein, was er vorher gelehrt hatte. Doch wurden seine Worte von einigen Brüdern in Thessalonich missverstanden. Sie meinten, er habe die Hoffnung ausgedrückt, er würde noch persönlich die Wiederkunft des Erlösers erleben. Diese Ansicht führte dazu, ihre Begeisterung und Erregung zu steigern. Jene, die schon vorher ihre Verantwortlichkeiten und Pflichten vernachlässigt hatten, wurden noch hartnäckiger in der Betonung ihrer irrigen Auffassungen. GNA 159.3
In seinem zweiten Brief versuchte Paulus, ihr falsches Verständnis seiner Lehre zu korrigieren und ihnen seinen wahren Standpunkt vorzulegen. Er betonte nochmals sein Vertrauen in die Rechtschaffenheit der Thessalonicher. Auch gab er seiner Dankbarkeit Ausdruck für ihren starken Glauben, ihre große Liebe zueinander und zur Sache ihres Meisters. Er schrieb ihnen, dass er sie anderen Gemeinden als Vorbild für einen geduldigen und standhaften Glauben hinstelle, der der Verfolgung und Bedrückung tapfer widersteht. Dann lenkte er ihre Aufmerksamkeit vorwärts auf die Zeit der Wiederkunft Christi, wenn das Volk Gottes von all seinen Sorgen und Schwierigkeiten zur Ruhe kommen wird. GNA 159.4
Er schrieb: “Darum rühmen wir uns euer unter den Gemeinden Gottes wegen eurer Geduld und eures Glaubens in allen Verfolgungen und Bedrängnissen, die ihr erduldet ... Denn es ist gerecht bei Gott ..., euch aber, die ihr Bedrängnis leidet, Ruhe zu geben mit uns, wenn der Herr Jesus sich offenbaren wird vom Himmel her mit den Engeln seiner Macht in Feuerflammen, Vergeltung zu üben an denen, die Gott nicht kennen und die nicht gehorsam sind dem Evangelium unseres Herrn Jesus. Die werden Strafe erleiden, das ewige Verderben, vom Angesicht des Herrn her und von seiner herrlichen Macht.” (2.Thessalonicher 1,4.6-9). “Deshalb beten wir auch allezeit für euch, dass unser Gott euch würdig mache der Berufung und vollende alles Wohlgefallen am Guten und das Werk des Glaubens in Kraft, damit in euch verherrlicht werde der Name unseres Herrn Jesus und ihr in ihm, nach der Gnade unseres Gottes und des Herrn Jesus Christus.” (2.Thessalonicher 1,11.12). GNA 160.1
Doch vor dem Kommen Christi sollten in der religiösen Welt noch bedeutsame, durch die Prophetie vorausgesagte Entwicklungen stattfinden. Der Apostel schreibt wörtlich: “So bitten wir euch ..., dass ihr euch in eurem Sinn nicht so schnell wankend machen noch erschrecken lasst — weder durch eine Weissagung noch durch ein Wort oder einen Brief, die von uns sein sollen —, als sei der Tag des Herrn schon da. Lasst euch von niemandem verführen, in keinerlei Weise; denn zuvor muss der Abfall kommen und der Mensch der Bosheit offenbart werden, der Sohn des Verderbens. Er ist der Widersacher, der sich erhebt über alles, was Gott oder Gottesdienst heißt, sodass er sich in den Tempel Gottes setzt und vorgibt, er sei Gott.” (2.Thessalonicher 2,1-4). GNA 160.2
Diese Worte des Paulus sollten nicht falsch ausgelegt werden. Es sollte nicht gelehrt werden, er habe die Thessalonicher durch eine besondere Offenbarung auf die unmittelbar bevorstehenden Wiederkunft Christi hingewiesen. Eine solche Ansicht würde zu Verwirrung im Glauben führen, denn Enttäuschung führt oft zu Unglauben. Der Apostel mahnte deshalb die Brüder zur Vorsicht. Sie sollten nicht glauben, dass eine solche Botschaft von ihm komme. Mit Nachdruck wies er dann darauf hin, dass die päpstliche Macht, die vom Propheten Daniel so deutlich umrissen wurde, erst noch aufkommen und gegen das Volk Gottes Krieg führen sollte. Bevor diese Macht nicht ihr todbringendes und gotteslästerliches Werk verrichtet habe, würde die Gemeinde vergeblich auf das Kommen des Herrn warten. “Erinnert ihr euch nicht daran”, fragte Paulus, “dass ich euch dies sagte, als ich noch bei euch war?” (2.Thessalonicher 2,5). GNA 160.3
Schreckliche Anfechtungen sollten über Gottes wahre Gemeinde hereinbrechen. Zu der Zeit, da der Apostel dies niederschrieb, hatte das “Geheimnis der Bosheit” bereits zu wirken begonnen. Die zukünftigen Entwicklungen sollten “in der Macht des Satans auftreten mit großer Kraft und lügenhaften Zeichen und Wundern und mit jeglicher Verführung zur Ungerechtigkeit bei denen, die verloren werden.” (2.Thessalonicher 2,7.9.10). GNA 160.4
Besonders ernst klingt die Erklärung des Apostels über jene, die sich weigern würden, “die Liebe zur Wahrheit” (2.Thessalonicher 2, 10) anzunehmen. Von allen, die die Botschaften der Wahrheit vorsätzlich verwerfen, sagt er: “Darum sendet ihnen Gott die Macht der Verführung, sodass sie der Lüge glauben, damit gerichtet werden alle, die der Wahrheit nicht glaubten, sondern Lust hatten an der Ungerechtigkeit.” (2.Thessalonicher 2, 11.12). Die Menschen können Gottes Warnungen nicht ohne Folgen zurückweisen, die er ihnen in seiner Gnade sendet. Solchen Menschen, die sich beharrlich von diesen Warnungen abwenden, entzieht er seinen Geist und überlässt sie ihren geliebten Trugbildern. GNA 160.5
So skizzierte Paulus das unheilvolle Werk jener bösen Macht, die während vieler Jahrhunderte der Finsternis und Verfolgung vor der Wiederkunft Christi tätig sein sollte. Die Gläubigen in Thessalonich hatten auf baldige Befreiung gehofft; nun wurden sie ermahnt, das vor ihnen liegende Werk mutig und in der Furcht Gottes anzupacken. Der Apostel forderte sie auf, ihre Pflichten nicht zu vernachlässigen oder untätig zu warten. Nach ihrer begeisterten Vorfreude auf baldige Befreiung würde ihnen die tägliche Routine und der Widerstand, den sie zu erwarten hatten, doppelt schwierig erscheinen. Er ermutigte sie deshalb zu Standhaftigkeit im Glauben. GNA 161.1