Aber die Israeliten verloren ihre hohe Berufung als Gottes Volk aus den Augen. Sie vergaßen Gott und erfüllten ihren heiligen Auftrag nicht. Die Segnungen, die sie empfingen, brachten der Welt keinen Segen. Ihre Vorzugsstellung nutzten sie zu ihrer Selbstverherrlichung. Sie kapselten sich von der Welt ab, um nicht in Versuchung zu geraten. Gott hatte ihnen geboten, sich nicht mit Götzendienern einzulassen. Damit wollte er sie davor bewahren, heidnische Praktiken zu übernehmen, doch sie nahmen seine Anweisung zum Anlass, um zwischen ihnen und allen anderen Völkern eine Trennwand aufzurichten. Sie verweigerten Gott den Dienst, den er von ihnen forderte, und beraubten ihre Mitmenschen der geistlichen Wegweisung und eines heiligen Vorbildes. Priester und Oberste waren in eingefahrenen Gleisen starrer Rituale gefangen. Sie begnügten sich mit einer gesetzlichen Religiosität und waren nicht in der Lage, anderen die lebendigen Wahrheiten des Himmels zu vermitteln. Sie hielten ihre eigene Gerechtigkeit für völlig ausreichend und hatten kein Verlangen, neue Elemente in ihrer Religion zuzulassen. Gottes Wohlwollen an den Menschen fassten sie nicht als ein freiwilliges Geschenk der Güte Gottes auf, sondern verbanden es mit ihren eigenen Verdiensten aufgrund ihrer guten Werke. Der Glaube, der durch die Liebe tätig ist und den Charakter veredelt, fand keinen Platz in der Religion der Pharisäer, die vor allem aus Zeremonien und menschlichen Vorschriften bestand. GNA 13.1
Gott sagte über Israel: “Ich ... hatte dich gepflanzt als einen edlen Weinstock, ein ganz echtes Gewächs. Wie bist du mir denn geworden zu einem schlechten, wilden Weinstock?” (Jeremia 2,21). “Israel ist ein üppig rankender Weinstock, der seine Frucht trägt. Aber je mehr Früchte er hatte, desto mehr Altäre machten sie; wo das Land am besten war, da richteten sie die schönsten Steinmale auf.” (Hosea 10,1). GNA 13.2
“Nun richtet, ihr Bürger zu Jerusalem und ihr Männer Judas, zwischen mir und meinem Weinberg! Was sollte man noch mehr tun an meinem Weinberg, das ich nicht getan habe an ihm? Warum hat er denn schlechte Trauben gebracht, während ich darauf wartete, dass er gute brächte? Wohlan, ich will euch zeigen, was ich mit meinem Weinberg tun will! Sein Zaun soll weggenommen werden, dass er verwüstet werde, und seine Mauer soll eingerissen werden, dass er zertreten werde. Ich will ihn wüst liegen lassen, dass er nicht beschnitten noch gehackt werde, sondern Disteln und Dornen darauf wachsen, und will den Wolken gebieten, dass sie nicht darauf regnen. Des Herrn Zebaoth Weinberg aber ist das Haus Israel und die Männer Judas seine Pflanzung, an der sein Herz hing. Er wartete auf Rechtsspruch, siehe, da war Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, siehe, da war Geschrei über Schlechtigkeit.” (Jesaja 5,3-7). “Das Schwache stärkt ihr nicht, und das Kranke heilt ihr nicht, das Verwundete verbindet ihr nicht, das Verirrte holt ihr nicht zurück, und das Verlorene sucht ihr nicht; das Starke aber tretet ihr nieder mit Gewalt.” (Hesekiel 34,4). GNA 13.3
Die jüdischen Führer hielten sich für zu weise, um Belehrungen zu benötigen, für zu gerecht, um Erlösung zu brauchen, für zu erhaben, um der Ehre zu bedürfen, die von Christus kommt. Deshalb wandte sich der Erlöser von ihnen ab, um die Vorrechte, die sie missbrauchten und das Werk, das sie so gering schätzten, anderen anzuvertrauen. Gottes Ehre sollte offenbart und sein Wort zur Geltung gebracht werden. Christi Reich sollte auf dieser Erde aufgerichtet und die Botschaft von der Erlösung überall in der Welt verkündigt werden. Zu diesem Werk, dem sich die jüdischen Führer versagt hatten, wurden nun die Jünger berufen. GNA 13.4