Es wurde mir die große Liebe und Herablassung Gottes gezeigt, indem er seinen Sohn in den Tod gab, auf daß der Mensch Vergebung und Leben empfangen möge. Es wurden mir Adam und Eva gezeigt, die das Vorrecht hatten, die Schönheit und Lieblichkeit des Gartens Eden zu schauen, und denen erlaubt war, von allen Bäumen im Gaten zu essen, mit Ausnahme von einem. Aber die Schlange verführte Eva, und sie verführte ihren Mann, und beide aßen von dem verbotenen Baume. Sie übertraten Gottes Gebot und wurden Sünder. Die Nachricht verbreitete sich durch den Himmel, und jede Harfe verstummte. Die Engel trauerten und fürchteten, daß Adam und Eva ihre Hand wieder ausstrecken, von dem Baume des Lebens essen und unsterbliche Sünder werden würden. Aber Gott sagte, daß er die Übertreter aus dem Garten vertreiben und durch einen Cherub mit flammendem Schwert den Weg zu dem Baume des Lebens bewahren lassen wolle, damit der Mensch sich ihm nicht nähern und von der Frucht essen könne, welche die Unsterblichkeit immerwährend erhält. EG 118.2
Schmerz erfüllte den Himmel, als es bekannt wurde, daß der Mensch verloren war, und daß die Welt, die Gott geschaffen hatte, mit sterblichen Wesen erfüllt würde, die zu Elend, Krankheit und Tod verdammt waren, und für die es keine Errettung gab. Die ganze Familie Adams mußte sterben. Dann sah ich Jesum mit einem Ausdruck des Mitgefühls und Kummers auf seinem Gesichte. Bald sah ich, wie er sich dem strahlenden Lichte näherte, welches den Vater umgab. Mein begleitender Engel sagte: “Er hat eine geheime Unterredung mit seinem Vater.” Während Jesus mit dem Vater redete, schien die Besorgnis der Engel aufs höchste gespannt. Dreimal umschloß ihn das herrliche Licht, das den Vater umgab, und als er das dritte Mal von dem Vater kam, konnten wir seine Gestalt sehen. Sein Aussehen war sanft, frei von aller Angst und Sorge, und glänzte mit einer Lieblichkeit, die Worte nicht beschreiben können. Dann machte er der Engelschar bekannt, daß ein Weg der Rettung für den verlorenen Menschen gefunden sei, daß er mit seinem Vater darüber gesprochen und Erlaubnis erlangt habe, sein eigenes Leben als Lösegeld für die Menschheit zu geben, ihre Sünden zu tragen und das Urteil des Todes auf sich zu nehmen. Dadurch sei der Weg gebahnt, so daß sie durch die Verdienste seines Blutes Vergebung für ihre vergangenen Übertretungen finden und durch Gehorsam wieder in den Garten zurückkehren könnten, aus dem sie vertrieben waren. Dann könnten sie wieder Zutritt zu der herrlichen, unsterblichen Frucht vom Baume des Lebens erlangen, an den sie jetzt alles Recht verloren hatten. EG 119.1
Da erfüllte unaussprechliche Freude den Himmel, und die himmlischen Scharen sangen ein Lied zur Anbetung und zum Preise. Sie rührten ihre Harfen und sangen in höherem Ton als vorher von der großen Gnade und Herablassung Gottes, die seinen einzigen geliebten Sohn für ein empörerisches Geschlecht in den Tod gab. Dann brachten sie Preis und Anbetung für die Selbstverleugnung und das Opfer des Heilandes dar, der bereit war, des Vaters Schoß zu verlassen, ein Leben der Leiden und Angst und einen schmählichen Tod zu erwählen, auf daß er anderen Leben geben möchte. EG 119.2
Der Engel sagte: “Glaubst du, daß der Vater seinen geliebten Sohn ohne Kampf dahingab? Nein, nein!” Es war selbst für Gott im Himmel ein Kampf, ob er den schuldigen Menschen verloren gehen oder seinen geliebten Sohn für ihn in den Tod geben sollte. Die Engel nahmen solchen regen Anteil an der Errettung des Menschen, daß unter ihnen solche hätten gefunden werden können, die ihre Herrlichkeit und ihr Leben für den verlorenen Menschen hingegeben hätten. “Aber,” sagte mein begleitender Engel, “das würde nicht genügen.” Die Übertretung war so groß, daß das Leben eines Engels die Schuld nicht bezahlen konnte. Nur der Tod und die Fürsprache des Sohnes Gottes konnte die Schuld bezahlen und den verlorenen Menschen von hoffnungslosem Kummer und Elend erlösen. EG 120.1
Aber das Werk, das den Engeln zugewiesen wurde, bestand darin, mit stärkendem Balsam aus der Herrlichkeit auf- und abzusteigen, um den Sohn Gottes in seinen Leiden zu trösten. Sie taten Jesu Handreichung. Ferner war ihre Aufgabe, die Untertanen der Gnade vor den bösen Engeln zu bewachen und sie vor der Finsternis, die Satan beständig um sie verbreitete, zu bewahren. Ich sah, daß es Gott unmöglich war, sein Gesetz zu ändern, um den verlorenen, dem Verderben anheimgefallenen Menschen zu retten; deshalb duldete er, daß sein geliebter Sohn für die Übertretungen der Menschen starb. EG 120.2