Das Verfahren mit Asasel (3.Mose 16,8) entspringt dem Heiligtumsdienst, wie er Jahr für Jahr im alten Israel durchgeführt wurde. Dieser Dienst bestand aus sinnbildlichen Handlungen oder prophetisch zu deutenden Gleichnissen, die Gottes Heilsbotschaft veranschaulichten. So sehen wir schon im Passalamm ein Sinnbild auf Christus, unser Passalamm (1.Korinther 5,7), das für uns geopfert wurde. Der Dienst der Priester steht gleichnishaft für unseren großen Hohenpriester Jesus Christus, der nach seiner Selbsthingabe auf Golgatha heute für uns im Himmel dient. (Hebräer 8-9.) WHF 126.1
Nach 3.Mose 16 waren für den Dienst am großen Versöhnungstage zwei Böcke vorgesehen. Einer bewirkte sinnbildlich die Versöhnung der Sünden. Der andere Bock, der für Asasel, wurde nicht getötet, sondern am Leben gelassen; infolgedessen konnte er auch keine Versöhnung für irgendeine Sünde erwirken. WHF 126.2
Der erste Bock war ein Symbol für Jesus Christus, der am Kreuz die Versöhnung unserer Sünden schuf. Der andere Bock versinnbildete Satan, der nicht nur die Verantwortung für seine eigenen Sünden zu tragen hat, sondern auch mitschuldig ist an all den Sünden, zu denen er sowohl Gerechte als auch Gottlose verführte. WHF 126.3
Zwei Böcke waren erforderlich und wurden am Versöhnungstag benötigt, weil es eine zweifache Verantwortlichkeit für die Sünden gibt: Erstens meine persönliche Verantwortung als Ausführender, Helfer oder Werkzeug der Sünde; und zweitens Satans Verantwortung als Anstifter oder Verführer. In ihm hat die Sünde ihren Ursprung. Als Satan unsere ersten Eltern verführte, von der verbotenen Frucht zu nehmen und zu essen, trugen sowohl er wie auch sie eine unleugbare Verantwortung: er als Anstifter und sie als die Ausführenden. Ähnlich war es zu allen Zeiten: Satan ist in jede Sünde als Mitverantwortlicher einbezogen, als Urheber, Anstifter oder Versucher. (Johannes 8,44; Römer 6,16; 1.Johannes 3,8.) WHF 126.4
Was nun meine Sünden betrifft, so ist Christus für meine Sünden gestorben. (Römer 5,8.) Er wurde um meiner Missetat willen verwundet und trug meine Sünde. (Jesaja 53.) Er nahm meine Verantwortung auf sich, und sein Blut allein reinigt mich von aller Sünde. (1.Johannes 1,7.) Die Versöhnung meiner Sünde geschieht allein durch das Blut Christi. WHF 127.1
Für Satans Sünde, seine Verantwortlichkeit als Anstifter und Versucher gibt es keine Erlösung. Dafür muß er die volle Strafe tragen. Für ihn gibt es keinen Erlöser oder Stellvertreter, der seine Strafe auf sich nehmen kann. Er selbst muß für die Sünde “sühnen”, daß er alle Menschen zur Sünde verführte; ähnlich wie ein Anführer einer Verbrecherbande am Galgen für die Vergehen büßen muß, zu denen er andere verführte. Einzig und allein in diesem Sinne dürfen wir die Worte aus 3.Mose 16,10 über Asasel verstehen, “... daß er über ihm Sühne vollziehe”. Die Gerechtigkeit erfordert, daß, wenn Christus für meine Schuld leidet, Satan als ihr Urheber bestraft werden muß. WHF 127.2
Aus diesem Grunde brauchte man am großen Versöhnungstag zwei Böcke. Einer war “für den Herrn” (3.Mose 16,7) und schaffte durch das Vergießen seines Blutes sinnbildlich die Versöhnung; der andere war “für Asasel”. 3.Mose 16,8. Nach dem Text standen sie in krassem Gegensatz zueinander. WHF 127.3
Der eine versinnbildete unseren Herrn und Erlöser Jesus Christus, der an unserer Statt getötet wurde und all unsere Sündenschuld sowie die dafür bestimmte Strafe stellvertretend trug. Auf diese Weise schuf er eine vollkommene Versöhnung für unsere Sünden. Der andere Bock steht für Satan, auf dessen Haupt schließlich nicht nur seine eigenen Sünden zurückfallen, sondern auch die Verantwortung für all die Sünden, zu denen er andere verführte. WHF 127.4
Auf zwei weitere wichtige Punkte sei nachdrücklich hingewiesen: 1. Das Verfahren mit dem lebenden Bock (oder Asasel) wurde erst durchgeführt, nachdem die Versöhnung für die Sünden des Volkes vollzogen und damit die Versöhnung abgeschlossen war. 2. Der Bock für Asasel wurde nicht getötet und konnte darum weder Sühnemittel noch irgendeine stellvertretende Versöhnung bewirken. Ohne Blutvergießen gibt es keine Versöhnung. (Hebräer 9,22.) Von dem lebendigen Bock wurde kein Blut vergossen und zur Versöhnung dargebracht; weder ins Heiligtum gebracht noch vor dem Herrn gesprengt oder auf die Hörner des Altars gestrichen. Satan schafft keinerlei Versöhnung für unsere Sünden. Er wird aber am Ende die auf ihn zurückfallende Strafe auf Grund seiner Verantwortung für die Sünden aller Menschen — der Gerechten wie auch der Ungerechten — auf sich nehmen müssen. WHF 128.1