Viele Verfechter der Lebensreform meiden alles Ungesunde; folgt aber daraus, daß sie nun, was die zu verzehrende Menge betrifft, kein Maß zu kennen brauchen? Sie setzen sich zu Tisch und lassen ihrer Eßlust freien Lauf und essen viel zuviel, statt vorher zu überlegen, wieviel sie essen sollten. Dadurch hat dann der Magen für den Rest eines solchen Tages seine Mühe, die ihm zugemutete Nahrungsmenge, so gut er kann oder muß, zu verdauen. Alle Nahrung, die in den Magen gelangt, ohne dem Organismus genützt zu haben, bedeutet für den natürlichen Ablauf der Organfunktionen eine Belastung; die Harmonie des Organismus wird behindert. Er ist überlastet und nicht imstande, seine Funktionen mit Erfolg zu erfüllen. Die lebenswichtigen Organe sind unnötigerweise beansprucht. Die nervliche Energie des Hirns muß dem Magen bei seiner Verdauungstätigkeit helfen, und damit wird der Organismus geschädigt. Sch1 170.1
Durch die schwere Belastung der Nervenkraft, nämlich dem Magen bei der Verdauung seiner lästigen Bürde zu helfen, wird diese geschwächt. Was für Empfindungen nimmt man als Folge dieser unnötigen Verausgabung von Lebenskräften wahr, nachdem die Nerven ihre Aufgabe gelöst haben? Man fühlt sich matt und erschöpft, als müßte man noch mehr essen. Möglicherweise überfällt einen dieses Gefühl gerade vor einer Mahlzeit. Woher kommt das? Der Organismus hat sich mit seiner Arbeit abgequält und ist deshalb so sehr erschöpft, daß man sich völlig kraftlos fühlt. Man meint, den Magen sprechen zu hören: “Gebt mir mehr zu essen”; dabei sagt er uns in seiner Mattigkeit in nicht mißzuverstehender Weise: “Laßt mich in Ruhe!” Sch1 170.2
Der Magen braucht Ruhe, um seine erschöpften Energien für neue Aufgaben ergänzen zu können. Statt ihm aber die entsprechenden Ruhepausen zu gewähren, glaubt ihr, daß er mehr Nahrung benötige, und ihr häuft dem Organismus eine neue Last auf und verweigert ihm damit die erforderliche Ruhe. Es ist die gleiche Situation wie bei einem Mann, der den ganzen Vormittag bis zur Ermüdung auf dem Felde gearbeitet hat, mittags müde und abgespannt nach Hause kommt, und von dem ihr aber verlangt, wieder an die Arbeit zu gehen, während ihr ihm gleichzeitig Hilfe versprecht. So behandelt ihr den Magen. Er ist völlig erschöpft; doch statt ihn ruhen zu lassen, gebt ihr ihm mehr zu verdauen und zieht dadurch die Lebenskräfte von anderen Körperteilen zum Magen, den Verdauungsprozeß zu unterstützen. Sch1 170.3