Die Redegabe ist ein Talent, das sorgfältig gepflegt zu werden verdient. Von allen Gaben Gottes kann sie am meisten Segen stiften, denn mit ihrer Hilfe überzeugen wir andere, beten wir und danken Gott oder erzählen unseren Mitmenschen von der Liebe des Erlösers. Wie wichtig ist es also, diese Fähigkeit optimal zu schulen! Selbst intelligente, engagierte Christen vernachlässigen oft die Stimmbildung. Viele sprechen oder lesen so leise oder hastig vor, dass man sie kaum verstehen kann. Einige haben eine breite, undeutliche Aussprache; andere dagegen sprechen in einem so scharfen und schrillen Tonfall, dass es in den Ohren schmerzt. Bibeltexte, Lieder, Berichte und Bekanntmachungen werden in großen Versammlungen oft in einer Weise vorgetragen, dass alle Wirkung und aller Nachdruck verloren gehen, ja, dass man manchmal so gut wie nichts versteht. BRG 273.3
Hier kann und muss Abhilfe geschaffen werden. Die Bibel macht dazu eine klare Aussage. Die Leviten, die zur Zeit Esras dem Volk aus der Heiligen Schrift vorlasen, “legten das Buch des Gesetzes Gottes klar und verständlich aus, sodass man verstand, was gelesen worden war.” Nehemia 8,8. BRG 274.1
Jeder von uns kann, wenn er sich nur darum bemüht, laut und deutlich vorlesen und klar und verständlich sprechen. Auf diese Weise werden wir in der Arbeit für Christus weitaus leistungsfähiger. BRG 274.2
Jeder Christ hat den Auftrag, anderen Menschen den unerforschlichen Reichtum Christi zu erschließen, deshalb muss er sich bemühen, seine Redegabe zu vervollkommnen. Das Wort Gottes soll ja so verkündigt werden, dass es die Zuhörer anspricht. Gott will auf keinen Fall, dass seine unermessliche Gnade, die er der Welt zugedacht hat, durch das unbeholfene Verhalten seiner menschlichen Mitarbeiter in ihrer Kraft beeinträchtigt oder gar herabgewürdigt wird. BRG 274.3
Lasst uns auf Jesus, unser vollkommenes Vorbild, sehen und um den Beistand des Heiligen Geistes bitten. Seine Kraft wird es uns ermöglichen, in jeder Hinsicht ein vollkommener Mitarbeiter für ihn zu werden. BRG 274.4
Das gilt besonders für alle, die zur Arbeit mit Menschen berufen sind. Prediger und Lehrer müssen sich bewusst sein, dass sie eine Botschaft verkündigen, die Bedeutung für die Ewigkeit hat. Am Jüngsten Tag werden sie einmal nach der Wahrheit gerichtet werden, die sie gepredigt haben. Bei manchen Menschen kommt alles darauf an, wie ihnen die Botschaft gebracht wird. Bei ihnen muss der Verstand ebenso wie das Herz angesprochen werden. In solchen Fällen ist es besonders wichtig, keinesfalls hastig, sondern einprägsam und dem Ernst des Inhalts angemessen zu sprechen. BRG 274.5
In allen Bereichen christlicher Arbeit ist die Pflege und der rechte Gebrauch der Redegabe wichtig. Lasst uns auch im Familienleben, ja überhaupt im Umgang miteinander einen freundlichen Ton und eine korrekte Ausdrucksweise pflegen. Liebenswürdige Worte sind für unser Seelenleben das, was Tau und Regen für das Land bedeuten. Von Christus sagt die Schrift: “Voller Huld sind deine Lippen” (Psalm 45,3), und er “wisse mit den Müden zu rechter Zeit zu reden”. Jesaja 50,4. Der Herr fordert uns auf: “Eure Rede sei allezeit freundlich” (Kolosser 4,6), “damit es Segen bringe denen, die es hören”. Epheser 4,29. BRG 274.6
Gerade, wenn wir andere zum Guten beeinflussen wollen, sollten wir sorgfältig auf jedes unserer Worte achten. Sie können ja dafür entscheidend sein, ob jemand den Weg zum Leben oder den zum Tod wählt. Manche sprechen mit anderen scharf und streng, wenn sie tadeln oder gute Ratschläge geben wollen; das ist aber ganz und gar nicht geeignet, ein wundes Herz zu heilen. Ein falsches Wort kann den Betroffenen zum Zorn reizen oder ihn rebellisch machen. Wer deshalb für die Grundsätze der Wahrheit eintreten will, benötigt die Kraft der himmlischen Liebe. Zurechtweisung muss unter allen Umständen von Liebe geprägt sein, denn nur so kann sie helfen, statt den anderen zu verbittern. Christus wird uns durch seinen Heiligen Geist dazu die Kraft geben. BRG 275.1
Kein Wort darf unbedacht geäußert werden. Üble Nachrede, seichtes Geschwätz, mürrisches Herumnörgeln oder anzügliche Zweideutigkeiten kommen keinem über die Lippen, der Christus wirklich nachfolgt. Der Apostel Paulus schrieb unter dem Einfluss des Heiligen Geistes: “Lasset kein faules Geschwätz aus eurem Mund gehen.” Epheser 4,29. Damit sind nicht nur wirklich abscheuliche Worte gemeint, sondern jeder Ausdruck, der unvereinbar ist mit den heiligen Grundsätzen und dem reinen, unbefleckten Wort Gottes. Außerdem sollen wir alle Anspielungen auf das Böse vermeiden, denn wenn man ihnen nicht energisch entgegentritt, können sie zu großer Sünde verleiten. BRG 275.2
Jede Familie und jeder einzelne Christ ist dazu aufgerufen, schlechtes Gerede zu unterlassen. In Gesellschaft von Leuten, die bedenkenlos klatschen, haben wir die Pflicht, wenn möglich dafür zu sorgen, dass sich das Gesprächsthema ändert. Mit Gottes Gnade können wir dem Gespräch ganz unmerklich eine positive Wendung geben. BRG 275.3
Es ist Aufgabe der Eltern, ihre Kinder auch in dieser Hinsicht verantwortungsbewusst zu erziehen. Gerade in der Familie wird ja zuerst der Grund dafür gelegt, welche Sprache Kinder gebrauchen. Von klein auf können wir sie dazu anhalten, mit uns als Eltern und untereinander mit Achtung und Liebe zu reden. Ihnen sollte beigebracht werden, dass nur wahre, anständige und freundliche Worte über ihre Lippen kommen sollten. Wenn wir selbst bereit sind, täglich von Christus zu lernen, dann können wir auch den Kindern vorleben, was es heißt, immer bei der Wahrheit zu bleiben und “mit heilsamem und untadeligem Wort” zu reden. Titus 2,8. Das ist eine Aufgabe mit großer Verantwortung. BRG 275.4
Als Nachfolger Christi wollen wir uns auch mit Worten gegenseitig im Glaubensleben helfen und ermutigen. Viel mehr als bisher sollten wir einander unsere wunderbaren Erfahrungen mit Gottes liebevoller Güte und der unermesslich tiefen Liebe des Heilandes erzählen. Lasst uns den Herrn loben und ihm danken. Wenn unser Herz erfüllt ist von Gottes Liebe, zeigt sich das auch in unseren Gesprächen. Dann wird es uns nicht schwer fallen, an andere das weiterzugeben, was unser geistliches Leben so reich gemacht hat. BRG 276.1
Wir brauchen uns nur mit großartigen Gedanken zu beschäftigen, uns hohe Ziele zu stecken, einen klaren Begriff von der Wahrheit und selbstlose Motive sowie den Wunsch nach Frömmigkeit und Heiligung zu haben, dann werden unsere Worte deutlich zeigen, welchen Schatz wir im Herzen tragen. Christus prägt dann unsere Gespräche, und wir haben dann auf diese Weise auch die Kraft, Menschen für ihn zu gewinnen. BRG 276.2
Lasst uns zu den Menschen über Christus reden, die ihn noch nicht kennen. Auch darin hat er uns ein Vorbild gegeben. Wo immer er war, in der Synagoge, unterwegs, im Boot auf dem See Genezareth, auf dem Fest des Pharisäers oder am Tisch des Zöllners — überall sprach er mit den Menschen über das ewige Leben. Die Natur und der Alltag der Menschen boten ihm genügend Anknüpfungspunkte, um seine Botschaft der Wahrheit zu verdeutlichen. Die Menschen fühlten sich zu ihm hingezogen, weil er ihre Kranken heilte, sie in ihrem Kummer tröstete und ihre Kinder auf den Arm nahm und segnete. Er brauchte nur den Mund zu öffnen, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Viele wurden durch seine Worte zum ewigen Leben geführt. BRG 276.3
Wir sollen es genauso machen und jede Gelegenheit nutzen, um anderen vom Heiland zu erzählen. Wenn wir wie Christus Gutes tun, dann werden sich uns die Herzen öffnen wie damals ihm, und wir können, ohne aufdringlich zu sein, von dem erzählen, der “auserkoren unter vielen Tausenden” ist und über den es heißt: “Alles an ihm ist lieblich.” Hohelied 5,10.16. Das ist die höchste Aufgabe, wozu wir unsere Redegabe benutzen können. Sie wurde uns geschenkt, damit wir Christus als den Heiland verkünden können, der die Sünden vergibt. BRG 277.1