Go to full page →

Erfahrung in der Ehe RJ 295

Trotz aller Sorgfalt und Weisheit bei der Wahl wird das junge Paar nicht gleich nach der Heirat völlig eins sein. Die eigentliche Vermählung der beiden Eheleute erfolgt erst im Laufe der Jahre. RJ 295.5

Sobald die Schwierigkeiten und Lasten des Lebens an das neuvermählte Paar herantreten, schwindet der holde Zauber, mit dem die Einbildung so oft die Ehe überkleidet. Jetzt erst lernen die Ehegatten einander so kennen, wie es vorher nicht möglich war. Das ist die schwerste Prüfung, die ihnen widerfährt. Ihr ganzes zukünftiges Lebensglück hängt davon ab, wie sie sich jetzt gegenseitig verhalten. Oft nehmen sie unvermutete Schwächen und Mängel aneinander wahr: doch wenn man sich von Herzen liebt, wird man auch Vorzüge erkennen, die einem bis dahin entgangen waren. Jedenfalls sollte jeder nach Vorzügen und nicht nach Mängeln im andern suchen. Oft sind wir selber oder die Verhältnisse um uns die Ursache dessen, was einer im andern offenbar werden sieht. So halten viele es für Schwäche, ihre Liebe zu zeigen, und üben deshalb Zurückhaltung, was den andern abstößt. Unter ihrem Verhalten leidet dann die gegenseitige Zuneigung. Unterdrückt man die Triebe der Geselligkeit und Zärtlichkeit, so schwinden sie und lassen die Herzen öde und kalt. Davor sollten wir uns hüten. Liebe kann nicht bestehen, wenn man sie nicht zu erkennen gibt. Bei Mangel an Liebe und Freundlichkeit gegen den Ehegatten muß dessen Herz verkümmern. RJ 295.6