Loading...
Larger font
Smaller font
Copy
Print
Contents

Vom Schatten zum Licht

 - Contents
  • Results
  • Related
  • Featured
No results found for: "".
  • Weighted Relevancy
  • Content Sequence
  • Relevancy
  • Earliest First
  • Latest First
    Larger font
    Smaller font
    Copy
    Print
    Contents

    Das Verhör Vor Cajetan

    Die Nachricht von Luthers Ankunft in Augsburg erfüllte den päpstlichen Gesandten mit großer Genugtuung. Der lästige Ketzer, der die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich zog, schien nun in der Gewalt Roms zu sein, und der Legat war fest entschlossen, Luther nicht entwischen zu lassen. Der Reformator versäumte es, ein freies Geleit zu beantragen. Seine Freunde bedrängten ihn, nicht ohne ein solches vor Cajetan zu erscheinen, und sie selbst nahmen es auf sich, ein solches vom Kaiser zu erbitten. Der Legat suchte nach einer Möglichkeit, Luther zum Widerruf zu zwingen. Sollte ihm dies nicht gelingen, wollte er ihn nach Rom bringen, wo er das Schicksal von Hus und Hieronymus teilen sollte. Deshalb bemühte sich Cajetan über seine Repräsentanten, Luther dazu zu bewegen, auf die Sicherheit eines freien Geleits zu verzichten und sich ganz seiner Gunst anzuvertrauen. Der Reformator lehnte dies jedoch strikt ab und erschien erst vor dem päpstlichen Gesandten, als er den Brief, der ihm den kaiserlichen Schutz garantierte, in seinen Händen hatte.VSL 127.2

    Die Gesandten Roms verfolgten die Strategie, Luther durch angebliches Wohlwollen für sich zu gewinnen. In seinen Aussprachen gab sich der Legat sehr zuvorkommend, doch er verlangte von Luther, sich bedingungslos der kirchlichen Autorität zu unterwerfen und in jedem Punkt ohne Diskussion oder Frage nachzugeben. Der Kardinal hatte aber den Charakter des Mannes, mit dem er sich befassen musste, nicht richtig eingeschätzt. In seiner Antwort drückte Luther seine Achtung vor der Kirche, sein Verlangen nach der Wahrheit und seine Bereitschaft aus, alle Einwände gegen seine Lehre zu beantworten und diese der Entscheidung bestimmter führender Universitäten zu unterbreiten. Gleichzeitig protestierte er gegen die Verfahrensweise des Kardinals, der von ihm einen Widerruf verlangte, ohne ihm seinen Irrtum nachgewiesen zu haben.VSL 127.3

    Die einzige Antwort war: »Widerrufe, widerrufe!« Der Reformator zeigte auf, dass seine Haltung durch die Heilige Schrift bestätigt sei, und erklärte entschlossen, er könne der Wahrheit nicht abschwören. Cajetan war nicht in der Lage, die Argumente Luthers zu widerlegen. Deshalb überhäufte er ihn mit Vorwürfen, Spott und Schmeicheleien. Dazwischen zitierte er die kirchliche Tradition und die Kirchenväter, sodass Luther gar nicht zu Wort kommen konnte. Luther erkannte, dass die Versammlung auf diese Weise völlig nutzlos verlaufen würde. Nur widerwillig erlaubte man ihm schließlich, seine Verteidigung schriftlich einzureichen.VSL 128.1

    »Dadurch«, schrieb er an einen Freund, »erhielt der Unterdrückte einen doppelten Gewinn. Erstens kann etwas Geschriebenes der Beurteilung anderer unterbreitet werden, und zweitens ist die Möglichkeit größer, auf die Ängste, aber auch auf das Gewissen eines geschwätzigen Despoten einzuwirken, der ihn sonst mit seinem stets befehlshaberischen Ton gar nicht zu Wort kommen ließe.« (MLTL, 271.272; vgl. LEA, XVII, 209 / LIII, 3 ff.)VSL 128.2

    Bei der nächsten Unterredung legte Luther eine klare, gedrängte und aufrichtige Erklärung seiner Ansichten vor, die er durch viele Schriftstellen begründete. Dieses Papier las er dem Kardinal laut vor und händigte es ihm danach aus. Dieser schob es jedoch verächtlich zur Seite und bezeichnete es als eine Ansammlung unnützer Worte und bedeutungsloser Zitate. Luther, dem nun die Augen aufgingen, begegnete dem hochmütigen Prälaten auf seinem eigenen Feld, den Überlieferungen und Lehren der Kirche, und widerlegte seine Auffassungen vollständig.VSL 128.3

    Als der Prälat sah, dass Luthers Gründe unwiderlegbar waren, verlor er seine Selbstbeherrschung und rief zornig: »Widerrufe! Oder ich werde dich nach Rom vor die Richter schicken, die für diesen Fall zuständig sind. Ich werde dich und all deine Anhänger sowie alle, die dich unterstützen, exkommunizieren und sie aus der Kirche werfen.” Schließlich erklärte er in überheblichem und ärgerlichem Ton: »Widerrufe oder komm mir nicht wieder vor die Augen.« (DAGR, IV, 8; vgl. LEA, LXIV, 361-365 / LXII, 71 ff.)VSL 128.4

    Der Reformator zog sich sofort mit seinen Freunden zurück und gab deutlich zu verstehen, dass man von ihm keinen Widerruf erwarten könne. Dies entsprach keineswegs der Absicht des Kardinals. Er hatte sich eingebildet, er könne Luther einschüchtern und ihn so zur Unterwerfung zwingen. Cajetans Pläne waren unerwartet gescheitert. Allein gelassen mit seinen Helfern blickte er höchst verärgert von einem zum andern.VSL 129.1

    Larger font
    Smaller font
    Copy
    Print
    Contents