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Vom Schatten zum Licht

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    Die Macht Des Wortes

    Luthers Bemühungen bei diesem Anlass hatten durchaus positive Folgen. Die große Versammlung hatte Gelegenheit, die beiden Männer zu vergleichen und sich über deren Geist wie auch die Stärken und Schwächen der jeweiligen Standpunkte selbst ein Urteil zu bilden. Welch ein Kontrast war das! Der Reformator, einfach und bescheiden, aber entschieden, stand in der Kraft Gottes dort und hatte die Wahrheit auf seiner Seite. Der Vertreter des Papstes war selbstgefällig, anmaßend, hochmütig und unverschämt und ohne einen einzigen Beweis aus der Heiligen Schrift, und doch schrie er ungestüm: »Widerrufe, oder du wirst zur Bestrafung nach Rom gesandt.”VSL 129.2

    Ungeachtet des freien Geleits planten die Vertreter Roms, Luther zu ergreifen und einzukerkern. Da es zwecklos war, den Aufenthalt zu verlängern, bedrängten die Freunde Luther, unverzüglich nach Wittenberg zurückzukehren und beschworen ihn, äußerste Vorsicht walten zu lassen, um sein Vorhaben zu verheimlichen. Er verließ daher Augsburg vor Tagesanbruch zu Pferd und wurde nur von einem Reiseführer begleitet, den ihm die Stadtbehörde zur Verfügung gestellt hatte. Unter düsteren Vorahnungen machte er sich heimlich auf den Weg durch die dunklen und stillen Straßen der Stadt. Wachsame und grausame Feinde planten seinen Untergang. Würde er den gestellten Fallen entkommen? Dies waren Momente der Furcht und des ernsten Gebets. Er erreichte ein kleines Tor in der Stadtmauer. Man öffnete ihm und ließ ihn mit seinem Führer ungehindert hindurch. Als die Flüchtenden außerhalb der Stadt waren, beschleunigten sie ihren Ritt. Ehe der Legat erfuhr, dass Luther abgereist war, befand sich dieser außer Reichweite seiner Verfolger. Satan und seine Helfer waren überlistet. Der Mann, den sie in ihrer Gewalt glaubten, war wie ein Vogel den Schlingen seines Fängers entkommen.VSL 129.3

    Der päpstliche Legat war überwältigt, bestürzt und ärgerlich, als er von Luthers Flucht erfuhr. Er hatte gehofft, für seine Klugheit und Entschiedenheit beim Vorgehen gegen diesen Unruhestifter große Ehre zu erhalten. Nun wurde seine Hoffnung enttäuscht. In einem Brief an Friedrich den Weisen, den Kurfürsten von Sachsen, drückte er seinen bitteren Zorn aus, indem er Luther heftig beschuldigte und von dem Monarchen verlangte, dass dieser den Reformator nach Rom sende oder ihn aus Sachsen verbanne.VSL 129.4

    Bei seiner Verteidigung verlangte Luther vom Legaten oder vom Papst, dass sie ihm seine Irrtümer anhand der Bibel beweisen sollten, und gelobte in feierlichster Weise, seine Lehren zu widerrufen, falls nachgewiesen werde, dass sie dem Wort Gottes widersprachen. Er dankte Gott, ihn für würdig befunden zu haben, für eine so heilige Sache zu leiden.VSL 130.1

    Der Kurfürst wusste bis dahin nur wenig von den Lehren der Reformation, aber er war zutiefst beeindruckt von der Aufrichtigkeit, Kraft und Klarheit der Worte Luthers. Friedrich beschloss, Luther so lange zu schützen, bis der Reformator des Irrtums überführt werden würde. Als Erwiderung auf die Forderung des Legaten schrieb er: »›Weil der Doktor Martinus vor euch zu Augsburg erschienen ist, so könnt ihr zufrieden sein. Wir haben nicht erwartet, dass ihr ihn, ohne ihn widerlegt zu haben, zum Widerruf zwingen wollt. Kein Gelehrter in unserem Fürstentum hat behauptet, dass die Lehre Martins gottlos, antichristlich oder ketzerisch sei.‹ Der Fürst weigerte sich weiterhin, Luther nach Rom zu schicken oder ihn aus seinem Lande zu vertreiben.” (DAGR, IV, 10; vgl. LEA, XXXIII, 409 ff.)VSL 130.2

    Der Kurfürst erkannte, dass die sittlichen Schranken der Gesellschaft allgemein zusammenbrachen. Eine große Erneuerung war nötig. All die aufwändigen und kostspieligen Einrichtungen, um Verbrechen einzudämmen und zu bestrafen, wären unnötig, wenn die Menschen den Vorschriften Gottes und der Stimme eines erleuchteten Gewissens gehorchten. Er sah, dass Luther daran arbeitete, dieses Ziel zu erreichen, und freute sich heimlich, dass in der Kirche ein besserer Einfluss spürbar wurde.VSL 130.3

    Er sah auch, dass Luther als Professor an der Universität sehr erfolgreich war. Erst vor einem Jahr hatte der Reformator seine Thesen an die Schlosskirche geschlagen, und bereits war die Zahl der Pilger, die aus Anlass von Allerheiligen die Kirche besuchte, sehr viel geringer geworden. Rom musste auf Gottesdienstbesucher und Opfergaben verzichten. Nun kam eine andere Gruppe nach Wittenberg, keine Pilger, die Reliquien verehrten, sondern Studenten, welche die Hörsäle füllten. Luthers Schriften hatten überall ein neues Interesse an der Heiligen Schrift geweckt. Nicht nur aus ganz Deutschland, auch aus anderen Ländern strömten Studenten zur Universität. Junge Männer, die zum ersten Mal nach Wittenberg kamen, »erhoben die Hände gen Himmel, lobten Gott, dass er wie einst in Zion das Licht der Wahrheit« von dieser Stadt aus »leuchten lasse und es in die fernsten Lande schicke” (DAGR, IV, 10).VSL 130.4

    Luther war bis jetzt erst teilweise von den Irrtümern Roms bekehrt. Er schrieb: »Ich sah damals noch sehr wenige Irrtümer des Papstes.« (LEA, LXII, 73) Doch als er Gottes Wort mit den päpstlichen Erlassen und Konstitutionen verglich, schrieb er voll Erstaunen: »Ich gehe die Dekrete der Päpste für meine Disputation durch und bin - ich sage dir’s ins Ohr - ungewiss, ob der Papst der Antichrist selbst ist oder ein Apostel des Antichrist; elendiglich wird Christus, d. h. die Wahrheit von ihm, in den Dekreten gekreuzigt.” (DAGR, V, 1; vgl. EMLB, I, 450, 13.3. 1519) Noch aber war Luther ein Anhänger der römischen Kirche, und er dachte nicht daran, die Verbindung mit ihr zu lösen.VSL 131.1

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