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Der große Kampf

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    Anm 002: Unfehlbarkeit! — (Seite 50; Seite 86)

    Ein Aufsatz in der römischen Jesuitenzeitschrift “Civilta Cattolica” vorn 9.2.1869 brachte zuerst nähere Angaben über die geplanten Verhandlungsgegenstände auf dem einberufenen Vatikanischen Konzil, worunter sich u.a. die Verkündigung der Unfehlbarkeit des Papstes befand (in der “Constitutio de ecclesia Christi” vom 18.7.1870). Dieser Aufsatz löste eine starke Bewegung gegen das Konzil und gegen die päpstliche Unfehlbarkeitserklärung aus, die nach Meinung der Opponenten zu weittragenden Folgen führen mußte. Die Widerstandsbewegung erfaßte Frankreich, Deutschland, England, Österreich und die USA. 14 von 19 deutschen Bischöfen baten den Papst, mit Rücksicht auf die gespannten Zeitverhältnisse und die in der Kirche herrschende Unruhe die Unfehlbarkeitserklärung von der Tagesordnung abzusetzen. Diesem Antrag wurde nicht stattgegeben. Eine erste Abstimmung ergab von 671 anwesenden Stimmen: 451 dafür, 88 dagegen, 70 enthielten sich der Stimme, 62 stimmten für eine bedingte Annahme. Mehr als ein Viertel aller Anwesenden hatten sich damit also gegen die Annahme der Unfehlbarkeitserklärung ausgesprochen. Bis zur zweiten Abstimmung wurde von den Gegnern der Erklärung nichts unversucht gelassen, das Vorhaben des Papstes abzusetzen. Vergebens! Vor der zweiten Abstimmung verließ deshalb eine große Anzahl von Abstimmungsberechtigten aus Gewissensgründen das Konzil, um nicht mit Nein stimmen zu müssen. Die Endabstimmung ergab 533 Ja-Stimmen und zwei Nein-Stimmen, selbst diese beiden unterwarfen sich noch vor Schluß der Sitzung am 18.7.1870.GK 680.1

    Die Unfehlbarkeit ist nur mit dem Amte des Papstes verknüpft, nicht mit der Person ohne das Amt. Nach Algermissen (Konfessionskunde, 1950, 221) ist der Papst, wenn er eine derartige Lehrentscheidung ex cathedra fällt, nicht nur unfehlbar und irrtumslos, sondern irrtumsunfähig!GK 680.2

    Die Unfehlbarkeitserklärung hat in den entscheidenden Sätzen folgenden Wortlaut: “Uns also der vom Anfange des christlichen Glaubens an erhaltenen Überlieferung getreulich anschließend, zur Ehre Gottes, unseres Heilandes, zur Erhöhung der katholischen Religion und zum Heile der Völker, lehren Wir unter Zustimmung des heiligen Konziles und erklären endgültig, daß es ein von Gott geoffenbarter Glaubenssatz sei: Wenn der römische Papst ex cathedra spricht, d.i., wenn er des Amtes als Hirte und Lehrer aller Christen waltet und kraft seiner höchsten Apostolischen Autorität endgültig entscheidet (definit), eine Lehre über Glauben oder Sitten sei von der ganzen Kirche festzuhalten, erfreut er sich auf Grund des göttlichen Beistandes, der ihm im heiligen Petrus verheißen ist, jener Unfehlbarkeit, mit welcher der göttliche Erlöser seine Kirche bei endgültiger Festsetzung einer Lehre über Glauben oder Sitten ausgerüstet haben wollte; deshalb sind derartige endgültige Festsetzungen (definitiones) des römischen Papstes durch sich selber, nicht aber durch die Zustimmung der Kirche unabänderlich (ex sese, non autem ex consensu ecclesiae irreformabiles).” (Wortlaut bei Denzinger, “Enchiridion symbolorum”, 1839, herausgegeben von Karl Rahner, 1953, zitiert nach der 16./17. Aufl., 1928.)GK 680.3

    Auch während des zweiten Vatikanischen Konzils ließ Papst Paul VI. nicht am Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit rütteln. Nachdem durch das 1. Vatikanum das Amt des Papstes mit einer einzigartigen Souveränität ausgestattet worden war, nachdem die Kurie sich als “Legislative”, als quasi gesetzgebende Instanz immer mehr in den Vordergrund gespielt hatte, war die Konstruktion der hierarchischen Ordnung innerhalb der katholischen Kirche stark kopflastig geworden. Die Bischöfe fühlten sich in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeengt, so daß unter ihnen schon geraume Zeit Bestrebungen im Gange waren, das Amt der Bischöfe aufzuwerten, sogenannte Bischofskonferenzen einzusetzen, die Kurie wenigstens teilweise zu entmachten und überhaupt eine Dezentralisierung zu erreichen. In zahlreichen Sitzungen und Abstimmungen des Konzils kristallisierte sich dann die Erkenntnis heraus, daß die Bischöfe gemeinsam mit dem Papst ein Kollegium bilden, das die höchste Funktion in der Kirche ausübt. Das wäre wenigstens formal einer bedeutenden Aufwertung des Bischofsamtes gleichgekommen, wenn die Konstitution “Über die Kirche” nicht ausdrücklich einschränkend erklärt hätte, daß das Bischofskollegium keinerlei Autorität besitze, es sei denn, es befinde sich in Gemeinschaft mit dem Papst. Der Papst besitze kraft seines Amtes als Stellvertreter Christi die volle, oberste und universale Gewalt über die Kirche, die er in voller Souveränität ausübt.GK 680.4

    Man muß fragen, was bei einer solchen Einschränkung von der Kollegialität des Bischofsamtes und von der Gemeinsamkeit, mit der es mit dem Papst die Kirche regieren will, noch übrigbleibt, zumal Paul VI. ein von einem Jesuiten-Professor der päpstlichen Universität erstelltes Gutachten über das Verhältnis zwischen päpstlichem Primat und bischöflicher Kollegialität in Form einer Präambel der Konstitution “Über die Kirche” voranstellte. In dieser Erklärung kommt deutlich zum Ausdruck, daß nur der Papst darüber zu befinden habe, ob und wann das Bischofskollegium als solches wirksam werden kann. In seiner Schlußrede betonte denn auch Paul VI. die absolute Vorrangstellung des päpstlichen Primats und daß bei der Heranziehung der Bischöfe zur Mitverantwortung an der Kirchenführung keineswegs daran gedacht war, von der Autorität des Papstes auch nur ein Jota abstreichen zu lassen und ihn gewissermaßen zum Primus inter pares zu machen. Insofern kann von einer Parlamentarisierung der katholischen Kirche, wie man es zuweilen hörte, entfernt nicht die Rede sein. Der Primat des Papstes blieb unangetastet.GK 681.1

    Auch Johannes Paul II., auf dem Papststuhl seit 1978, hat unmißverständlich deutlich gemacht, daß er an dem Anspruch des päpstlichen Amtes gegenüber der bischöflichen Kollegialität festzuhalten gedenkt.GK 681.2

    Siehe auch die Anmerkung zu S. 564: “Anspruch auf Unfehlbarkeit”.GK 681.3

    Quellen: Aus katholischer Sicht: Diekamp, Katholische Dogmatik I, Münster, 1949, 63f.; Encyclopedia Cattolica, hrsg. von Paschini, Art. Unfehlbarkeit; Kardinal James Gibbons, Der Glaube unserer Väter, Kapitel 7 und 11; Hettinger, Lehrbuch der Fundamental-Theologie oder Apologetik, 2 Bde.; Der Große Herder, Bd. IX, Freiburg, 1956, Sp. 548.549; Konzilstexte — Deutsch, Heft 1, Dogmatische Konstitution über die Kirche, Trier, 1966.GK 681.4

    Katholische Opposition: Ignaz von Döllinger, Der Papst und das Konzil, W.J. Sparren Simpson, Roman Catholic Opposition To Papal Infallibility, London, 1909.GK 681.5

    Aus protestantischer Sicht: Walther von Loewenich, Der moderne Katholizismus, Erscheinung und Probleme, Witten, 1955, 44-59; Die Geschichte der Kirche 395ff.; Hauck, Realenzyklopädie, Bd. XVI, Art. Vatikanisches Konzil 320-343; Philipp Schaff, The Creeds of Christendom with a History and Critical Notes, Bd. II, Dogmatic Decrees of the Vatican Council 234-271 (engl. und lat. Text); George Salmon, Infallibility of the Church, London, 1914; Die Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. V, Tübingen, 1931, Art. Vatikanurm, Sp. 1448 bis 1453.GK 681.6

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