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Der große Kampf

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    Anm 009: Marienverehrung — (Seite 58)

    Die Heimat der Marienverehrung ist der Orient. Dort ist der Glaube an die “Ewige Jungfrau” entstanden; dort entwickelte sich auch ein Brauchtum, das die Verehrung Marias in die Liturgie mit einbezog. “Die weitere Entfaltung der Mariologie hängt mit der Entwicklung des christologischen Dogmas zusammen. Der entscheidende Wendepunkt ist hier das Konzil von Ephesus im Jahre 431. Auf ihm wurde die Lehre des Nestorius [Patriarch von Konstantinopel], Maria sei die ‘Christusgebärerin’, zugunsten der Lehre des Cyrill [Patriarch von Alexandrien] von Maria, der ‘Gottesgebärerin’, verdammt. Dadurch sollte zunächst das Bekenntnis zu der ewigen Gottheit Jesu Christi sichergestellt werden ... Jedenfalls war damit zugleich eine gewaltige Steigerung der Ehre Mariens verbunden. Maria wird zur ‘Gottesmutter’.” (Loewenich, Der moderne Katholizismus, 1955, 225.)GK 689.3

    Im Mittelalter erfuhr die Marienverehrung eine weitere Steigerung. Maria wird zur Hohen Frau, zur Madonna. Der Volksfrömmigkeit wird sie immer vertrauter als “Unsere liebe Frau”. Als Jungfrau und Königin ist sie zugleich das Ideal echter Mütterlichkeit. Das Volk rief Maria als Helferin nicht nur in geistlichen, sondern auch in weltlichen Nöten an. Die verbreitetste Gebetsform war das Ave Maria, das mit dem Vaterunser eng verknüpft wurde. Die beliebteste Form dieses Mariengebetes wurde der Rosenkranz, bei dem “die Gottesmutter in enger Verbindung mit der Heilsgeschichte betrachtet wird”.GK 689.4

    “Als Förderer der Mariologie erscheinen Bernhard von Clairvaux und Thomas von Aquin. Bernhard verkündigt: Wer den Sohn fürchtet, nehme seine Zuflucht zu Maria! In seiner berühmten Auslegung deutete er das Hohelied auf das Verhältnis von Christus zu Maria. Bei Thomas ist Maria das Symbol der Kirche. Diese Anschauung hat sich in der Gegenwart als ungemein wichtig erwiesen. In der Tat versteht man die neuere Mariologie nur, wenn man bedenkt, daß in Maria die Personifikation der Kirche verehrt wird ... Wenn die Kirche Maria zur Sündlosen, zur Gnadenmittlerin, zur Himmelskönigin erhebt, so spricht sie damit ihr eigenes Selbstbewußtsein aus.” (Loewenich, Der moderne Katholizismus 228f.)GK 689.5

    Zwei Dogmen lenken den Blick in besonderer Weise auf die Marienverehrung. Das erste, am 8.12.1854 von Pius IX. proklamiert, verkündete die unbefleckte Empfängnis Mariä; das zweite, die leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel, wurde am 1.11.1950 von Pius XII. verkündet. Das Bedeutsame dieser beiden Dogmen ist, daß sie in der Heiligen Schrift keinerlei Rückhalt haben, sie können sich lediglich auf die Tradition berufen. Das Dogma von der unbefleckten Empfängnis verkündigt die völlige Sündlosigkeit Marias. Es wird als eine Offenbarung Gottes gewertet; seine Nichtannahme bedeutet den Verlust der Seligkeit und den Ausschluß aus der Kirche.GK 690.1

    Die Dogmatisierung erfolgte nicht durch Konzilsbeschluß, sondern kraft päpstlicher Vollmacht, womit schon das geplante Unfehlbarkeitsdogma vorbereitet wurde. Bei der Begründung des Dogmas von der leiblichen Himmelfahrt Mariens findet sich u.a. folgender Satz: “Wenn nach dem Tode der Gottesmutter Maria Gott, ihr Sohn, sie nicht unverzüglich auferwecken würde, nachdem er ihren Leib vor jeder Verwesung bewahrte, würde es ihm an Weisheit fehlen, und er würde sich selbst widersprechen; sein Verhalten wäre unzusammenhängend und ungeziemend.” (Loewenich, Der moderne Katholizismus 243.)GK 690.2

    Nach katholischer Sicht ergeben die Zeugnisse des Evangeliums, ergänzt und erweitert durch die Tradition, von selbst den Begriff der tätigen Anwesenheit Marias in dem gesamten Erlösungswerk Jesu Christi. Sie bewirke zwar nicht die Erlösung selbst, aber sie sei das Mittel und teile die Gnaden aus. Christus ist hier nicht mehr ohne Maria zu denken, die ihren Platz in der Sphäre des Göttlichen behauptet, die das “Meisterwerk Gottes” ist und die “der Allmächtige nach seinem Willen neben Christus gestellt hat in allen Phasen des Heilswerkes” (Osservatore Romano, 26.3.58). Damit erhält die Erlösung gewissermaßen erst durch Maria ihre Krönung. Papst Benedikt XV. äußerte schon 1918, daß man mit Recht sagen könne, Maria habe zusammen mit Christus das Menschengeschlecht erlöst. Sein Nachfolger legte ihr sogar den Titel “Miterlöserin” bei. Angesichts dieser Sachlage nützt es wenig, wenn von katholischer Seite versichert wird, daß nichts, was Maria an Glauben zugewendet werde, Gott und Christus verlorengehe; sie beteten die Himmelskönigin nicht an, sondern brächten ihr nur “übermäßige Verehrung” dar. Dieser feine, nur rhetorische Unterschied wirkt sich jedoch in der praktischen Frömmigkeit überhaupt nicht aus; denn wie will man die Anbetung von der übermäßigen Verehrung trennen? Abgesehen davon bezeugen eine Reihe von Äußerungen gerade der letzten Zeit, daß eben doch die Anbetung Marias gemeint ist und nicht nur eine Verehrung. So wiederholte Johannes XXIII. ein bekanntes Rosenkranzgebet Pius XII., in dem es heißt: “Wendet euch mit immer größerem Vertrauen an die jungfräuliche Gottesmutter, zu der die Christen allezeit und vor allem in Widrigkeiten Zuflucht genommen haben, weil sie ja zur Quelle des Heils [!] für das ganze Menschengeschlecht bestellt ist.”GK 690.3

    Einer der entschiedensten Förderer der Marienfrömmigkeit war Pius XII. Als 18jähriger weihte er sich Maria, sein Priestertum brachte er der “Himmelskönigin” dar. Während seines Pontifikats veröffentlichte er 350 marianische Dokumente, darunter 19 von ihm verfaßte Mariengebete. Von ihm stammt auch der Ausspruch: “Der irrt gründlich von der Wahrheit ab, der glaubt, die Würde und Reinheit der heiligen Jungfrau völlig und richtig allein aus den Schriften des Alten und Neuen Testaments definieren zu können.” Die in der Regierungszeit Pius XII. entfaltete Aktivität in der Verehrung Mariens gipfelte vor allem in folgenden Bekundungen: 1942 Weihe der Kirche und der Menschheit an das unbefleckte Herz Mariens, 1946 Rundfunkbotschaft über das Königtum Marias anläßlich der Krönung der Jungfrau in Fatima, 1950 Dogma von der leiblichen Himmelfahrt Mariens, 1952 Weihe der Völker Rußlands an das Herz Mariens, 1953 Einsetzung des Marianischen Jahres, 1954 Weihe des deutschen Volkes [!] an das Herz Mariens und 1959 (unter Johannes XXIII.) Weihe Italiens an das Herz Mariens.GK 690.4

    Papst Johannes XXIII. verteidigte die Marienverehrung gegen nicht katholische Kritik. Außerdem sprach er die Hoffnung aus, daß Maria die “Wunden des mystischen Leibes” heilen werde, d.h. daß Maria den getrennten Brüdern den Weg der Rückkehr in den Schoß der alleinseligmachenden Kirche ebnen werde. Während des zweiten Vatikanischen Konzils wurde vor allem von spanischen Bischöfen gefordert, daß “die tätige Mitwirkung der Mutter Gottes” in der Heilsordnung der Kirche zusammen mit Christus hervorgehoben werden müsse.GK 691.1

    Allgemeine Überraschung hatte es auf dem Konzil ausgelöst, daß Papst Paul VI. in der Schlußsitzung der dritten Sitzungsperiode, nachdem er die dogmatische Konstitution “Über die Kirche” verkündet hatte, in einer Würdigung dieser Konstitution Maria als “Mutter der Kirche” proklamierte. Die fortschrittlichen Bischöfe und Kardinäle zeigten sich von dieser Maßnahme des Papstes bestürzt, da die Konzilsmehrheit noch wenige Wochen zuvor eine solche Formulierung und Definition um des ökumenischen Gespräches willen abgelehnt hatte. Einige Kardinäle äußerten auch unverhohlen ihr Befremden über die Art, wie das Konzil hier überspielt wurde. Noch kurz zuvor hatten 1559 Konzilsväter eine Kompromißfassung des Marienkapitels gebilligt, in der Maria weder als “Mutter der Kirche” noch als “Mittlerin der Gnaden” noch als “Miterlöserin” genannt worden war.GK 691.2

    Paul VI. dagegen ließ die dritte Sitzungsperiode mit einem Lobeshymnus auf Maria enden. Er sagte u.a. wörtlich: “Wir wünschen, daß die Jungfrau von nun an von allen [!] Christen noch mehr verehrt und angerufen werde.”GK 691.3

    Der polnische Papst Johannes Paul II. hat sich bisher als ein vehementer Verfechter der Mariologie erwiesen. Er kommt damit freilich einem weitverbreiteten Bedürfnis innerhalb der katholischen Kirche entgegen. So haben allein aus den fünf südamerikanischen Ländern Chile, Peru, Ecuador, Kolumbien und Venezuela 3 Kardinäle, 33 Erzbischöfe, 110 Bischöfe, 146 Prälaten, 938 Priester, 118 Ordensbrüder, 1684 Ordensschwestern und Tausende von Laien den Papst gebeten, das Dogma von Maria als Miterlöserin zu verkünden.GK 691.4

    Zweifellos gebühren der Maria als Mutter des Herrn Liebe und Dankbarkeit. Sie ist das Gefäß, in dem das Wort Fleisch wurde. Was man jedoch in die Gestalt der Mutter Jesu hineinlegte, hat in der Heiligen Schrift keinen Grund. Das Neue Testament, das völlig christozentrisch orientiert ist, weiß wenig von Maria zu berichten, von ihrem Ende und von ihrer Himmelfahrt überhaupt nichts. Selbst unter den Zeugen der Auferstehung wird sie nicht genannt. Sie ist hier weder Gottesmutter noch Himmelskönigin, sondern schlichte Magd. Der biblische Bericht von der jungfräulichen Geburt will nichts anderes sein als ein Ausdruck für die einzigartige Bedeutung der geheimnisvollen Person Jesu Christi. Er ist mehr eine Aussage über Jesus selbst als über Maria. Christus ist auch der Heiland der Maria. Da aber MariaGK 691.5

    als Symbol der katholischen Kirche verstanden wird, ergibt sich die Folgerung: je mehr Maria in der Verehrung steigt, um so glorreicher sieht sich auch die katholische Kirche selbst.GK 692.1

    Quellen: Walther von Loewenich, Der moderne Katholizismus, 1955; Hans Asmussen, Maria, die Mutter Gottes, 1950; P. Bernardus, “Katholische Kirche, wohin gehst du?” in Ökumenische Einheit II, 2, 88ff.; Gerhard Ebeling, “Zur Frage nach dem Sinn des Mariologischen Dogmas” in Zeitschrift für Theologie und Kirche, 47, 1950, Heft 3, 383ff.; Edmund Schlink, Evgl. Gutachten zur Dogmatisierung der leiblichen Himmelfahrt Mariens, München/Berlin, 1950; Walter Künneth, Christus oder Maria, Berlin-Spandau, 1950; Bernhard Ritter, “Das römische Mariendogma” in Evangelische Jahresbriefe, 16, 1951/52, 8ff.; Hermann Volk, Das neue Mariendogma, Münster, 1951; Karl Rahner, Das “Neue” Dogma, Herder/Wien, 1951; Otto Semmelroth, Das neue Dogma im Widerstreit, Würzburg, 195 1; Friedrich Heiler, “Assumptio” in Theologische Literaturzeitung, Januar 1954, Sp. 1-52; P. Sträter, Katholische Marienkunde, 3 Bde. 1947-51; R. Graber, Die marianischen Weltrundschreiben der Päpste in den letzten 100 Jahren, 1951; C. Feckes, Die heilsgeschichtliche Stellvertretung der Menschheit durch Maria, 1954; G. Miegge, “Die gegenwärtige Situation der katholischen Mariologie” in Theologische Literaturzeitung 82, 1957, 56lff.; “Marienerscheinungen” in Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts, 1952, Nr. 2, 23ff.; “Zum Kult von Fatima” in Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts, 1951, Nr. 2, 14ff.; Nr. 4, 15f.; “Das neue Mariendogma im Lichte der Geschichte und im Urteil der Ökumene” in Ökumenische Einheit II, 2. u. 3, München/Basel, 1950; “Mariologie und marianische Frömmigkeit” in Herder-Korrespondenz IX, 9. Juni 1955, 415ff.; Die Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. III, 1929, Sp. 2014ff.; Lexikon für Theologie und Kirche, VI, 895ff.; George A. Lindbeck (Hrsg.), Dialog unterwegs, Eine evangelische Bestandsaufnahme zum Konzil, 1965.GK 692.2

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