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Der große Kampf

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    Anm 033: Jesuitismus — (Seite 234)

    In der 31. Regel der Konstitutionen der Gesellschaft Jesu heißt es: “Zum Fortschritt ist es vor allem ersprießlich, daß sich alle einem vollkommenen Gehorsam hingeben, indem sie den Oberen, wer immer es sei, als den Stellvertreter unseres Herrn Christi ansehen und ihm mit innerer Ehrfurcht und Liebe zugetan sind.”GK 704.4

    “In einem berühmt gewordenen Brief an die Ordensmitglieder schreibt Ignatius einmal: ‘Sehen Sie auf Den, dem Sie in dem Menschen Gehorsam leisten, also auf Christus, die höchste Weisheit, die unendliche Güte und Liebe, auf den Herrn, von dem Sie wissen, daß Er weder irren noch Sie täuschen kann.’GK 705.1

    Eben weil der Jesuit in seinem Vorgesetzten stets die göttliche Person erblickt, bedeutet für ihn der Gehorsam eine Art ‘unio mystica’ mit dem Willen Gottes. Darum erinnert, wenn von diesem Gehorsam die Rede ist, die Sprache der Jesuiten in manchem an die Terminologie der Mystik: ‘Wer den Zustand des wahren Gehorsams erreichen will, der muß seinen Willen ausziehen und den göttlichen Willen, der ihm von seinem Oberen aufgelegt wird, anziehen.’ ...GK 705.2

    Sorgfältig unterscheidet Ignatius verschiedene Grade des Gehorsams: Die unterste Stufe, der rein äußerliche ‘Gehorsam der Tat’ , besteht darin, daß der Untergebene sich darauf beschränkt, die ihm aufgetragene Handlung zu vollführen; diesen Gehorsam bezeichnet Ignatius als ‘sehr unvollkommen’. Die zweite Stufe ist dadurch gekennzeichnet, daß der Untergebene auch den Willen des Oberen zu dem seinen macht; ‘diese Stufe verleiht bereits Freude am Gehorchen’. Wer sich aber ganz dem Dienst Gottes opfern will, muß ‘außer dem Willen auch noch die Einsicht darbringen’. Er muß dahin gelangen, ‘daß er nicht nur das gleiche wolle, sondern auch das gleiche denke wie der Obere, daß er sein Urteil dem seines Vorgesetzten unterwerfe, soweit nur der ergebene Wille den Intellekt überhaupt beugen kann’.GK 705.3

    Ignatius fordert somit nichts Geringeres als die Aufopferung des eigenen Verstandes, den ‘schrankenlosen Gehorsam bis zum Opfer der Überzeugung’ ...GK 705.4

    Der Jesuit soll, von äußerem Widerstand ganz zu schweigen, nicht einmal innerlich irgendwelche Bedenken darüber aufkommen lassen, ob der Vorgesetzte auch recht habe; er soll im vorhinein davon überzeugt sein, daß das ihm Befohlene ‘zur höheren Ehre Gottes’ diene, und soll es freudig, mit innerer Begeisterung ausführen.GK 705.5

    Die Unbedingtheit des jesuitischen Gehorsams mußte aber alsbald zu einem schweren Bedenken führen: Was soll geschehen, wenn der Vorgesetzte die Ausführung einer sündhaften Handlung befiehlt; ist seinen Weisungen auch dann Folge zu leisten? ...GK 705.6

    Wie alle übrigen Ordensverfassungen gewähren auch die Konstitutionen der Gesellschaft Jesu dem Untergebenen das Recht, ‘bescheidene Vorstellungen zu erheben’, wenn die Gefahr einer Sünde droht. Dies hat schon Ignatius ausdrücklich gestattet, und in ähnlichem Sinne hat später der Ordensgeneral Aquaviva verfügt, daß der Vorgesetzte dem Untergebenen stets Gelegenheit geben müsse, seine Einwendungen vorzubringen, ‘damit alles in mildem, väterlichem Geiste geleitet werde’.GK 705.7

    Diese Hinweise haben jedoch nicht genügt, die Gegner des Ordens zu beruhigen, die vielmehr behaupten, für den Jesuiten höre eben mit der grundsätzlichen Unterdrückung des eigenen Urteils von vornherein jede Möglichkeit auf, einen Befehl ernstlich zu überprüfen; warnt doch Ignatius geradezu vor jedwedem Bedenken oder Zweifel, ob eine Anordnung zweckmäßig sei und zu Recht erfolge. Im übrigen bilden auch die Formeln ‘ad quos potest cum caritate se oboedientia extendere’ und einige ähnliche Vorbehalte wirklich die einzigen Einschränkungen des Gebotes zu ‘blindem Gehorsam’. Die Konstitutionen des Ordens hingegen verlangen ausdrücklich, dem Untergebenen habe ‘Wille und Urteil des Oberen als Maßstab für den eigenen Willen und das eigene Urteil’ vorzuschweben; der vollkommene Gehorsam sei blind, und ‘in dieser Blindheit’ bestehe ‘seine Weisheit und Vollkommenheit’.GK 705.8

    ‘Mögen die übrigen religiösen Genossenschaften’, schreibt Ignatius, ‘uns durch Fasten und Nachtwachen sowie durch andere Strenge in Nahrung und Kleidung übertreffen, so müssen unsere Brüder durch wahren und vollkommenen Gehorsam, durch den freiwilligen Verzicht auf eigenes Urteil, hervorleuchten.’GK 706.1

    Große Berühmtheit hat jener Ausspruch Loyolas erlangt, der sich in ähnlicher Form in den Exerzitien wiederfindet und von welchem gemeiniglich das Wort vom ‘Kadavergehorsam’ der Jesuiten abgeleitet wird: ‘Überhaupt darf ich nicht mir gehören wollen, sondern meinem Schöpfer und dessen Stellvertreter. Ich muß mich leiten und bewegen lassen, wie ein Wachsklümpchen sich kneten läßt, muß mich verhalten wie ein Toter ohne Willen noch Einsicht, wie ein kleines Kruzifix, das sich ohne Schwierigkeit von einem Platz zum andern stellen läßt, wie ein Stab in der Hand eines Greises, auf daß er mich hinstelle, wo er will und wo er mich am besten brauchen kann. So muß ich immer zur Hand sein, damit sich der Orden meiner bediene und mich in der Weise verwende, die er für gut hält ...’GK 706.2

    Insbesondere aber hat Franz von Assisi seine Ordensbrüder (Franziskaner) zu bedingungslosem Gehorsam angehalten. Von ihm rührt der Satz her, der Mönch müsse sich betrachten ‘gleich einem Leichnam, der durch den Geist Gottes die Seele und das Leben empfängt, indem er den Willen Gottes gehorsam in sich aufnimmt’.” (René Fülöp-Miller, Macht und Geheimnis der Jesuiten 34ff., 1947.)GK 706.3

    Ursprung, Grundsätze und Absichten der Gesellschaft Jesu behandelt René Fülöp-Miller in seinem nebenstehend genannten Werk.GK 706.4

    Weitere Quellen: A. Boehmer, Die Jesuiten, 1921; H. Becher, Die Jesuiten, 1951; E. Gothein, Ignatius v. Loyola und die Gegenreformation, Halle, 1895; L. v. Ranke, Die Geschichte der Päpste, Köln, 1956; P. v. Hoensbroech, Der Jesuitenorden, 2 Bde., 1926/28; F. Wiegand, Die Jesuiten, 1926; B. Duhr, Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge, 4 Bde., 1907-1928; 100 Jesuitenfabeln, 1904; Johannes Huber, Der Jesuitenorden nach seiner Verfassung und Doktrin, Wirksamkeit und Geschichte charakterisiert, 1873; M. Heimbucher, Die Orden und Kongregationen der katholischen Kirche, 3 Bde., 1908; M. Meschler, Die Gesellschaft Jesu, ihre Satzungen und ihre Erfolge, 1911; Der Große Herder, Bd. IV, Sp. 1246-1249, 1954; Die Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. III, 1929, Sp. 104-109; Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, Bd. VI, 608-642, 1879; John Gerard, S.J., Concerning Jesuits, London, 1902; L.E. Dupin, A Compendious History of the Church, Bd. IV, Kapitel 33, 132-135, London, 1713; Encyclopedia Britannica, Art. Jesuiten; C. Paroissien, The Principles of the Jesuits, Developed in a Collection of Extracts from Their Own Authors, London, 1860; W.C. Cartwright, The Jesuits, Their Constitution and Teaching, London, 1876; E.L. Taunton, The History of the Jesuits in England (1580-1773), London, 1901; T. Campbell, The Jesuits (1534-1921), New York, 1922; E. Schoell, Der jesuitische Gehorsam, Halle, 1891; Th. Weber, Der Gehorsam in der Gesellschaft Jesu, Breslau, 1872; J.G. Dreydorff, Die Moral der Jesuiten, 1893; F.W. Nippold, Der Jesuitenorden von seiner Wiederherstellung bis auf die Gegenwart.GK 706.5

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