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    Kapitel 10: “Vater, vergib ihnen”

    Der Heiland ließ keine Klage laut werden. Sein Angesicht blieb ruhig und gelassen. Doch große Schweißtropfen standen ihm auf der Stirn. Es regte sich keine mitleidige Hand, um ihm den Todesschweiß abzuwischen. Keine Worte der Teilnahme und unverbrüchlichen Treue vernahm sein Menschenherz. Und doch bat Jesus, während die Kriegsknechte ihr grausiges Werk verrichteten, für seine Feinde: “Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!” Lukas 23,34. Christus hat dies Gebet für die ganze Welt gesprochen. Es galt jedem Sünder, der lebte oder leben würde, vom Anfang bis zum Ende der Welt. Alle tragen Schuld an der Kreuzigung des Sohnes Gottes. Allen wird auch freiwillig Vergebung angeboten. “Wer da will”, kann Frieden mit Gott haben und ewiges Leben ererben.LC 21.1

    Kaum war Jesus ans Kreuz genagelt, so hoben starke Männer es auf und stießen es mit großer Gewalt in die vorbereitete Vertiefung. Der Sohn Gottes hatte dabei unsägliche Schmerzen. Pilatus ließ in Hebräisch, Griechisch und Lateinisch Jesus zu Häupten die Inschrift anbringen: “Dies ist der Juden König.” Lukas 23,38.LC 21.2

    Durch das Leiden Christi am Kreuze wurde die Weissagung erfüllt. Jahrhunderte vor der Kreuzigung hatte der Heiland das, was ihm widerfahren würde, mit den Worten vorausgesagt: “Hunde haben mich umgeben, und der Bösen Rotte hat mich umringt; sie haben meine Hände und Füße durchgraben. Ich kann alle meine Gebeine zählen; sie aber schauen und sehen ihre Lust an mir. Sie teilen meine Kleider unter sich und werfen das Los um mein Gewand.” Psalm 22,17-19. Die Weissagung von seinen Kleidern erfüllte sich ohne Rat oder Einmischung der Freunde oder Feinde des Gekreuzigten. Die Soldaten, die ihn ans Kreuz genagelt hatten, erhielten sein Kleid. Christus hörte das Gezänk der Männer bei der Verteilung. Sein Gewand war ohne Naht von oben an gewirkt. Und sie sagten: “Lasset uns den nicht zerteilen, sondern darum losen, wes er sein soll.” Johannes 19,24. In einer anderen Weissagung hatte der Heiland vorausgesagt: “Die Schmach bricht mir mein Herz und kränkt mich. Ich warte, ob’s jemand jammere — aber da ist niemand —, und auf Tröster — aber ich finde keine. Und sie geben mir Galle zu essen und Essig zu trinken in meinem großen Durst.” Psalm 69,21.22. Dem am Kreuze Sterbenden durfte ein betäubendes Getränk gereicht werden, um die Schmerzen zu mildern. Auch dem Heiland wurde es angeboten. Doch als er’s schmeckte, schlug er’s aus. Er wollte nichts nehmen, wodurch sein Geist getrübt wurde. Im Glauben wollte er sich fest an Gott halten. Das war seine einzige Kraft. Die Sinne zu betäuben, hätte Satan einen Vorteil einzuräumen bedeutet.LC 21.3

    Noch als Jesus am Kreuze hing, ließen die Feinde ihre Wut an ihm aus. Priester, Oberste und Schriftgelehrte verhöhnten mit dem Pöbel den sterbenden Heiland. Bei der Taufe und bei der Verklärung hatte sich die Stimme Gottes vernehmen lassen und Christus als seinen Sohn bezeichnet. Auch eben vor dem Verrat hatte der Vater die Göttlichkeit des Sohnes gezeigt. Doch nun geschah keine Stimme vom Himmel. Er litt allein die Mißhandlungen und den Spott gottloser Menschen.LC 22.1

    “Bist du Gottes Sohn”, sagten sie, “so steig herab vom Kreuz!” “Er helfe sich selber, ist er Christus, der Auserwählte Gottes.” Matthäus 27,40; Lukas 23,35. “Er hat anderen geholfen, und kann sich selber nicht helfen. Ist er Christus und König in Israel, so steige er nun vom Kreuz, daß wir sehen und glauben.” Markus 15,31.32. Doch er wollte ja dem Sünder Hoffnung auf Vergebung und Gnade bei Gott verschaffen und nicht sich selbst retten. Darum hielt er am Kreuz aus.LC 22.2

    Inmitten der Todesqualen aber schien Jesus ein Strahl des Trostes. Es war die Bitte des reumütigen Übeltäters. Zuerst hatten beide Männer, die mit Jesus gekreuzigt waren, ihn verlästert. Der eine wurde bei seiner Qual immer verzweifelter und trotziger; nicht aber der andre. Er war nicht so ein verhärteter Verbrecher. Durch böse Gesellschaft war er verführt worden, und er war besser als viele von denen, die unterm Kreuz standen und den Heiland schmähten. Im Richthause und auf dem Wege nach Golgatha war er dicht bei Jesus gewesen. Er hatte Pilatus urteilen hören: “Ich finde keine Schuld an ihm.” Johannes 18,38. Er hatte sein göttliches Verhalten und seine verzeihende Liebe zu seinen Quälern beobachtet. Am Kreuze sieht er nun die Obersten Israels mit ihren giftigen Zungen eifern, den Herrn Jesus zu verspotten. Er sieht sie ihre Köpfe schütteln. Er hört die Schmähreden, in die auch sein Mitschuldiger einstimmt: “Bist du Christus, so hilf dir selbst und uns!” Lukas 23,39. Doch hört er manche Vorübergehenden auch Jesus verteidigen. Er hört sie von seinen Werken erzählen. Da wird’s ihm zur Gewißheit: dieser ist Christus. Er wendet sich an seinen Mitverdammten und sagt: “Du fürchtest dich auch nicht vor Gott, der du doch in gleicher Verdammnis bist?” Lukas 23,40. Die sterbenden Übeltäter haben von Menschen nichts mehr zu fürchten. Doch dem einen drängt sich die Überzeugung auf: Wie, wenn es einen Gott gibt? Die Zukunft macht ihn zittern. Sein Sündenleben geht dem Ende entgegen. Er seufzt: “Wir zwar sind billig darin, denn wir empfangen, was unsre Taten wert sind; dieser aber hat nichts Ungeschicktes getan.” Lukas 23,41.LC 22.3

    Das ist ihm jetzt keine Frage. Da bestehen keine Zweifel mehr, noch nützen Vorwürfe. Wegen seines Verbrechens verdammt, haben ihn Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung übermannt. Doch plötzlich steigen ihm seltsame, wundervolle Gedanken auf. In dem zerschlagenen, verhöhnten, am Kreuze hangenden Jesus sieht er das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt hinwegnimmt. Hoffnung und Angst ringen in ihm, als er, das hilflose, dahinsterbende Geschöpf, sich an den sterbenden Heiland klammert. “Herr”, schreit er, “gedenke an mich, wenn du in dein Reich kommst!” Lukas 23,42.LC 23.1

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