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    Kapitel 11: Trost für den Schächer

    Er erhält sogleich Antwort. Warm, voll Wohlklang, Liebe, Mitleid und doch voll Kraft ertönen die Worte: “Wahrlich, ich sage dir heute: Mit mir wirst du im Paradiese sein.” Lukas 23,43 (Reinhardt). Während die Obersten der Juden ihn verleugnen, selbst seine Jünger seine Gottheit bezweifeln, nennt der arme, an der Schwelle der Ewigkeit stehende Übeltäter Jesus einen Herrn. Viele waren bereit, ihn so anzureden, als er Wunder wirkte und nachdem er aus dem Grabe erstanden war. Aber als er sterbend am Kreuzesstamm hing, sah ihn niemand so an wie der reuige Übeltäter, der noch in letzter Stunde gerettet wurde. Die Umstehenden vernahmen die Worte des Übeltäters. Die Stimme des reumütigen Menschen fesselte ihre Aufmerksamkeit. Selbst die Kriegsknechte, die sich am Fuße des Kreuzes über sein Gewand stritten und darüber das Los warfen, horchten auf. Ihre zornigen Reden verstummten. Mit verhaltenem Atem schauten sie empor und warteten auf die Antwort von den Lippen des Sterbenden.LC 23.2

    Als dieser die Verheißungsworte sprach, durchzuckte ein Lichtstrahl flammend hell die Wolke, die sich um die Kreuzigungsstätte lagerte. Da wußte sich der reuige Übeltäter bei Gott angenommen und hatte Frieden. Christus aber wurde in seiner Erniedrigung verherrlicht. Der in aller Augen besiegt schien, war Sieger. Er wurde als Träger der Sünden anerkannt. Da mögen Menschen ruhig an seinem Menschenleibe Macht haben. Mögen sie die heiligen Schläfen mit der Dornenkrone zerstechen, auch sein Gewand nehmen und sich streiten, wem es gehören soll. Die Kraft der Sündenvergebung aber kann ihm niemand rauben. Sterbend bezeugt er seine Gottheit und die Herrlichkeit des Vaters. Sein Ohr ist nicht hart geworden, daß er nicht hören, sein Arm nicht verkürzt, daß er nicht retten könne. Es ist sein königliches Recht, zu retten immerdar alle, die durch ihn zu Gott kommen.LC 24.1

    “Ich sage dir heute: Mit mir wirst du im Paradiese sein.” Lukas 23,43,Reinhard. Christus versprach dem Übeltäter nicht, daß er mit ihm am gleichen Tage im Paradies sein sollte; ging er selber doch an jenem Tage nicht ins Paradies. Er schlief im Grabe. Und am Auferstehungsmorgen sagte er: “Ich bin noch nicht aufgefahren zu meinem Vater.” Johannes 20,17. Christus gab das Versprechen vielmehr am Tage der Kreuzigung, dem Tage scheinbarer Niederlage und Finsternis. “Heute”, während Christus als Übeltäter am Kreuze stirbt, versichert er dem armen Sünder: “Mit mir wirst du im Paradiese sein.”LC 24.2

    Als Jesus seine Blicke über die umstehende Menge schweifen ließ, blieben sie auf einer Gestalt haften: am Fuße des Kreuzes stand seine Mutter, von dem Jünger Johannes gestützt. Sie mußte ihrem Sohn nahe sein. Als Johannes merkte, daß Jesu Ende nahte, hatte er sie wieder ans Kreuz gebracht. Christus gedachte in seiner Sterbestunde seiner Mutter. Er blickte zuerst in ihr kummervolles Angesicht, dann auf Johannes, und sagte zu ihr: “Weib, siehe, das ist dein Sohn!” Johannes 19,26. Und zu Johannes: “Siehe, das ist deine Mutter!” Johannes 19,27. Johannes verstand ihn und übernahm die ihm aufgetragene Pflicht. Er nahm Maria mit in sein Heim und sorgte von dieser Stunde an zärtlich für sie. O du mitleidsvoller, lieber Heiland! Trotz aller leiblichen Schmerzen und Seelenangst gedenkst du voll Fürsorge deiner Mutter! Er hatte kein Geld, um ihr Wohlergehen zu sichern, aber er hatte einen Platz im Herzen des Johannes und übergab diesem seine Mutter als köstliches Vermächtnis. Johannes liebte sie, weil sie Jesus liebte. Indem Johannes die Pflicht, für sie zu sorgen, auf sich nahm, empfing er großen Segen. Sie erinnerte ihn ständig an seinen geliebten Meister.LC 24.3

    Und dann starb der Herr der Herrlichkeit zur Erlösung der Menschheit. Nicht munterte ihn triumphierende Freude auf, als er sein treues Leben dahingab. Alles war drückende Finsternis. Nicht daß der Schrecken des Todes ihn niederzog, nicht daß Schmach und Schande des Kreuzes seine unaussprechliche Qual verursachten: sein Leiden entsprang dem Bewußtsein des Sündenelends, der Erkenntnis, daß der Mensch durch seinen engen Umgang mit der Sünde gegen ihre Abscheulichkeit verblendet war. Er sah, wie tief die Sünde im Menschenherzen Wurzel geschlagen hat und wie wenige willens sind, mit ihr zu brechen. Er wußte, daß die Menschen ohne Gottes Hilfe verderben müssen. Ja, er sah Scharen dahinsterben, die die sichere Hilfe hätten ergreifen können.LC 25.1

    Auf Christus als unsern Stellvertreter und Bürgen wurde unser aller Ungerechtigkeit gelegt. Er wurde zu den Übeltätern gerechnet, damit er uns von der Verdammnis des Gesetzes erlöste. Die Schuld aller Nachkommen Abrahams lastete schwer auf seinem Herzen. Der Zorn Gottes wegen der Sünde, die schreckliche Bekundung des Mißfallens an der Gottlosigkeit erfüllten den Sohn mit Schrecken. Christus hatte sein ganzes Leben lang der gefallenen Welt die gute Botschaft von der Gnade und verzeihenden Liebe des Vaters verkündet. Heil für die größten Sünder hatte er ausgerufen. Doch nun kann er wegen des schrecklichen Gewichtes der Schuld, die er trägt, des Vaters versöhnendes Antlitz nicht sehen. Ein Schmerz, den Menschen nimmer verstehen können, durchdrang das Herz der Heilandes, als ihm in höchster Not Gott nicht mehr nahe war. Sein Seelenschmerz war so groß, daß er keinen körperlichen Schmerz verspürte.LC 25.2

    Satan bestürmte den Heiland mit grimmigen Versuchungen. Christus fürchtete, daß Gott die Sünde so hasse, daß sie auf ewig getrennt seien. Er fühlte die Angst, die der Sünder empfinden wird, wenn Gnade nicht mehr fürbittend für die schuldige Menschheit eintritt. Es war das Bewußtsein der Sünde, die des Vaters Zorn auf ihn als den Stellvertreter der Menschen heraufbeschwor, das den Kelch, den er trank, so bitter machte und dem Sohn Gottes das Herz brach. Mit Staunen beobachteten Engel den verzweifelten Seelenkampf des Heilandes. Die himmlischen Scharen verhüllten ihre Angesichter vor diesem schrecklichen Anblick. Selbst die leblose Natur drückte ihr Mitgefühl mit ihrem mißhandelten, sterbenden Schöpfer aus. Ihre hellen, lichten Mittagsstrahlen hatten eben noch die Erde erleuchtet, da plötzlich schienen sie verhalten. Pechschwarze Finsternis wie Trauerflor hüllte das Kreuz ein und deckte “das ganze Land bis zu der neunten Stunde.” Matthäus 27,45.LC 26.1

    Es war keine Sonnenfinsternis, die diese Dunkelheit veranlaßte; sie war ein wunderbares Zeugnis, das Gott gegeben hatte, um den Glauben späterer Geschlechter zu stärken. In dieser dichten Finsternis war Gottes Gegenwart verborgen.LC 26.2

    Ohne göttliche Unterstützung sollte sein Opfer gebracht werden. Er trat die Kelter allein — “niemand unter den Völkern” war mit ihm.LC 26.3

    In dichtes Dunkel hüllte Gott die letzte Seelenqual des Mensch gewordenen Sohnes. Viele, die Christus im Leiden gesehen hatten, waren von seiner Göttlichkeit überzeugt worden. Wer sein Angesicht einmal sah, konnte es nicht wieder vergessen. Aber die Verfolger achteten nicht auf dessen himmlisches Gepräge. Stundenlang weidete sich die höhnende Menge an seinen Schmerzen. Da verhüllte Gott ihn gnädiglich.LC 26.4

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