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    Kapitel 12: Grabesstille herrscht auf Golgatha

    Grabesstille herrschte auf Golgatha. Namenloser Schrecken bemächtigte sich der das Kreuz umstehenden Menge. Das Fluchen und Schmähen erstarb halb ausgesprochen auf zitternden Lippen. Männer, Frauen und Kinder fielen machtlos zu Boden. Grelle Blitze fuhren dann und wann aus den Wolken und beleuchteten das Kreuz mit dem sterbenden Erlöser. Priester, Oberste, Schriftgelehrte, Henkersknechte und Volk glaubten, die Stunde der Vergeltung sei gekommen.LC 27.1

    Um die neunte Stunde fing die Dunkelheit an zu weichen. “Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut und sprach: Eli, Eli, lama asabthani? das ist: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?” Matthäus 27,46. Und dann erwachte er zum Bewußtsein seiner körperlichen Schmerzen und sagte: “Mich dürstet!” Johannes 19,28. Einer der römischen Soldaten nahm aus Mitleid, als er die trockenen Lippen des Gekreuzigten sah, einen Schwamm, steckte ihn auf ein Ysoprohr, tauchte ihn in Essig und reichte ihn Jesus. Aber die Priester spotteten seiner Qual. Als die Finsternis die Erde bedeckte, hatten sie sich gefürchtet. Nun aber sagten sie mit bitterer Verachtung und Hohn: “Der ruft den Elia ... Halt, laß sehen, ob Elia komme und ihm helfe.” Matthäus 27,47.49.LC 27.2

    Dort hing der makellose Gottessohn am Kreuze. Sein Fleisch von den Streichen zerfetzt; die Hände, die sich oft segnend ausstreckten, an den Holzstamm genagelt; die Füße, die unermüdlich viele Liebesgänge gemacht hatten, schmählich angeheftet; das königliche Haupt von der Dornenkrone verwundet; die zitternden Lippen zum Schmerzensschrei verzerrt. Alles, was der Heiland erduldete — das Herabsickern der Blutstopfen von seinem Haupt, seinen Händen und Füßen, die Todespein, die sein Äußeres entstellte, die unaussprechliche Angst, die seine Seele erfüllte, als der Vater sein Angesicht vor ihm verbarg —, das alles spricht zu jedem Menschenkinde: Nur deinetwegen ist Gottes Sohn bereit, die Schuldenlast zu tragen. Für dich zerstört er des Todes Herrschaft, öffnet er des Paradieses Pforten. Der das stürmische Meer stillte und auf den schäumenden Wogen einherwandelte, der die Teufel erzittern machte und Krankheiten bannte, der den Blinden die Augen öffnete und die Toten ins Leben zurückrief, bringt sich selbst dir zuliebe am Kreuze als Opfer dar. Der Sündenträger erduldet den Zorn der göttlichen Gerechtigkeit und wird um deinetwillen selbst zur Sünde.LC 27.3

    Stillschweigend warteten die Zuschauer auf das Ende dieses Schreckensvorganges. Da rief Jesus: “Es ist vollbracht!” Johannes 19,30. “Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!” Lukas 23,46. Dann neigte er sein Haupt auf die Brust und verschied. Inmitten der furchtbaren Finsternis, scheinbar von Gott verlassen, hatte Christus die letzten Tropfen des Leidenskelches geleert. In diesen schrecklichen Stunden hatte er sich auf die vorher gegebene Verheißung verlassen, daß der Vater sein Opfer annehmen werde. Er kannte den Vater und stützte sich auf dessen Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und große Liebe. Glaubend verließ er sich auf Gott, dem er immer freudig gehorcht hatte. Und da er sich in Untertänigkeit Gott übergab, verschwand das Gefühl, die Gnade seines Vaters verloren zu haben. Durch den Glauben war Christus zum Sieger geworden.LC 28.1

    Nie zuvor war die Erde Zeuge eines solchen Vorganges gewesen. Die Menge stand wie gelähmt und starrte mit verhaltenem Atem den Heiland an. Da hörte sie dumpfes Rollen gleich schwerem Donner. Es geschah ein heftiges Erdbeben. Sie wurde durcheinander geworfen. Überall wildeste Verwirrung und Bestürzung. In den umliegenden Bergen zerbarsten Felsen und stürzten in die Täler. Gräber taten sich auf, und die Toten wurden herausgeworfen. Es schien, als zerfiele die ganze Schöpfung Gottes. Die erschütterten, zitternden Menschen lagen stumm auf dem Boden.LC 28.2

    Als Jesus den Schrei ausstieß: “Es ist vollbracht!” (Johannes 19,30) dienten die Priester gerade im Tempel. Es war die Zeit des Abendopfers. Das Lamm, das Christus darstellte, war herbeigebracht worden, um geschlachtet zu werden. Angetan mit seinem bedeutungsvollen, herrlichen Kleide stand der Priester mit erhobenem Messer wie ehedem Abraham, als er seinen Sohn opfern wollte. In großer Spannung schaute das Volk zu. Da zerriß eine unsichtbare Hand den inneren Vorhang des Tempels von oben bis unten. Der Ort, wo Gott einst gegenwärtig gewesen war, war nun den Blicken der Menge geöffnet. Hier hatte die Schechina geweilt, hier hatte Gott über dem Gnadenstuhl seine Herrlichkeit offenbart. Nur der Hohepriester hatte den Vorhang, der dies Gemach vom übrigen Tempel trennte, gelüftet, wenn er einmal im Jahre hineinging, um die Sünden des Volkes zu versöhnen. Doch siehe, nun ist der Vorhang zerrissen: das Allerheiligste des irdischen Heiligtums ist nicht mehr heilig, es ist kein Ort mehr der Gegenwart Gottes.LC 28.3

    Überall Schrecken und Verwirrung. Der Priester will gerade das Opfer schlachten. Das Messer entfällt der entnervten Hand, und das Lamm läuft davon. Der Schatten hat sich mit dem Tode des Sohnes Gottes im Wesen aufgelöst. Das große Opfer ist dargebracht, der Weg ins Allerheiligste geöffnet, ein neuer, lebendiger Weg allen bereitet. Nicht länger brauchen sündige, reuige Menschen auf den Hohenpriester zu warten. Von nun an wird der Heiland als Priester und Fürsprecher in den Himmeln dienen. Er hat durch sein Blut eine ewige Erlösung erfunden.LC 29.1

    Als die Dunkelheit schwand, als der Sterberuf des Heilandes verklungen war, ließ sich eine Stimme vernehmen: “Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen!” Matthäus 27,54. Aller Augen wandten sich nach der Richtung, woher die Worte kamen. Wer hatte sie gesprochen? Es war der Hauptmann, der römische Soldat. Die göttliche Geduld des Heilandes, sein plötzlicher Tod unter dem Siegesruf von seinen Lippen hatten Eindruck auf diesen Heiden gemacht. Und er erkannte in dem zerschlagenen Körper am Kreuz die Gestalt des Sohnes Gottes. Er konnte nicht anders, er mußte seinen Glauben bekennen. Damit war wieder ein Beweis für die Wahrheit der Weissagung erbracht, daß unser Erlöser sehen werde, wofür seine Seele gearbeitet hat. An seinem Todestage bekannten drei grundverschiedene Männer ihren Glauben an ihn: der Befehlshaber der römischen Wache, der Kreuzträger und der Übertäter am Kreuze.LC 29.2

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