So trat Mose vor das Volk, um es ein letztes Mal zu warnen und zu ermahnen. Auf seinem Angesicht lag ein heller, himmlischer Glanz. Sein Haar war von den Jahren weiß geworden, aber seine Gestalt war noch immer aufrecht, sein Gesicht strahlte unverminderte Kraft und Gesundheit aus, und seine Augen waren klar und ungetrübt. Es war ein wichtiger Anlass. Mit tiefem Empfinden schilderte er den Israeliten die Liebe und Barmherzigkeit ihres allmächtigen Beschützers. WAB 443.3
»Durchforscht doch einmal die Vergangenheit, die ganze Zeit, seit Gott die Menschen geschaffen hat! Durchforscht die ganze Erde von einem Ende zum andern! Ist irgendwann sonst etwas so Großes geschehen? Weiß man irgendwo sonst von etwas dergleichem zu erzählen? Hat je ein Volk die Stimme Gottes aus dem Feuer heraus gehört und ist am Leben geblieben, wie ihr das erlebt habt? Hat jemals ein Gott es unternommen, ein Volk aus einem anderen Volk herauszuholen und zu seinem Eigentum zu machen, wie das der Herr, euer Gott, in Ägypten an euch getan hat? Vor euren Augen hat er unerhörte Wunder vollbracht, er hat eure Unterdrücker in Furcht und Schrecken versetzt und hat furchtbare Plagen über sie gebracht. Ja, er hat selbst für euch gekämpft; mit starker Hand und ausgestrecktem Arm hat er euch aus ihrer Mitte herausgeführt! Das alles hat der Herr euch erleben lassen, damit ihr erkennt, dass er wahrhaftig Gott ist und es außer ihm keinen anderen Gott gibt.” (5. Mose 4,32-35 GNB) WAB 443.4
»Nicht hat euch der Herr angenommen und euch erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker - denn du bist das kleinste unter allen Völkern -, sondern weil er euch geliebt hat und damit er seinen Eid hielte, den er euren Vätern geschworen hat. Darum hat er euch herausgeführt mit mächtiger Hand und hat dich erlöst von der Knechtschaft, aus der Hand des Pharao, des Königs von Ägypten. So sollst du nun wissen, dass der Herr, dein Gott, allein Gott ist, der treue Gott, der den Bund und die Barmherzigkeit bis ins tausendste Glied hält denen, die ihn lieben und seine Gebote halten.” (5. Mose 7,7-9) WAB 444.1
Die Israeliten hatten immer dazu geneigt, ihre Schwierigkeiten Mose anzulasten. Nun aber waren ihre Verdächtigungen, er sei von Stolz, Ehrgeiz oder Selbstsucht beherrscht, verflogen, und sie hörten vertrauensvoll seinen Worten zu. Gewissenhaft führte ihnen Mose die Verfehlungen und Sünden ihrer Väter vor Augen. Oft waren sie wegen der langen Wüstenwanderung ungeduldig und widerspenstig gewesen. Aber die Verantwortung lag nicht bei Gott, dass die Einnahme Kanaans so lange verzögert wurde. Er war bekümmerter als sie, weil er sie nicht sofort in den Besitz des Gelobten Landes bringen und auf diese Weise vor allen Völkern seine große Macht in der Befreiung seines Volkes kundtun konnte. Aber mit ihrem Misstrauen gegenüber Gott, ihrem Stolz und ihrem Unglauben waren sie nicht vorbereitet, in Kanaan einzuziehen. Sie stellten in keiner Weise das Volk dar, an dem zu erkennen gewesen wäre, dass Jahwe sein Gott war, denn sie spiegelten nicht seinen Charakter der Reinheit, Güte und Barmherzigkeit wider. Wenn ihre Väter vertrauensvoll Gottes Anweisungen gefolgt wären, sich von seinen Ratschlüssen hätten leiten lassen und nach seinen Geboten gelebt hätten, könnten sie längst als wohlhabendes, heiliges und glückliches Volk in Kanaan wohnen. Ihr Zögern, das Gelobte Land einzunehmen, entehrte Gott und schadete seinem Ansehen in den Augen der umliegenden Völker. WAB 444.2
Mose, der das Wesen und den Wert der Gebote Gottes verstand, versicherte den Israeliten, dass kein anderes Volk solch weise, gerechte und barmherzige Regeln hatte wie sie. Er sagte: »Ich hab euch gelehrt Gebote und Rechte, wie mir der Herr, mein Gott, geboten hat, dass ihr danach tun sollt im Lande, in das ihr kommen werdet, um es einzunehmen. So haltet sie nun und tut sie! Denn dadurch werdet ihr als weise und verständig gelten bei allen Völkern, dass ... sie sagen müssen: Ei, was für weise und verständige Leute sind das, ein herrliches Volk!” (5. Mose 4,5.6) WAB 444.3
Mose rief den Israeliten den Tag ins Gedächtnis, als sie am Berg Sinai vor dem Herrn, ihrem Gott, standen. Er fragte sie herausfordernd: »Wo ist so ein herrliches Volk, dem ein Gott so nahe ist wie uns der Herr, unser Gott, sooft wir ihn anrufen? Und wo ist so ein großes Volk, das so gerechte Ordnungen und Gebote hat wie dies ganze Gesetz, das ich euch heute vorlege?« (5. Mose 4,7.8) Heute könnte man diese Herausforderung an Israel durchaus wiederholen. Die Gesetze, die Gott seinem Volk damals gab, waren weiser, besser und menschlicher als die Gesetze der zivilisiertesten Völker auf Erden. Die Gesetze der Nationen sind geprägt von den Schwächen und Leidenschaften der unbekehrten Menschen. Aber Gottes Gesetz trägt den Stempel des Göttlichen. WAB 445.1
»Euch aber hat der Herr angenommen und aus dem glühenden Ofen, nämlich aus Ägypten, geführt, dass ihr das Volk sein sollt, das allein ihm gehört, wie ihr es jetzt seid« (5. Mose 4,20), sagte Mose. Dann schilderte er ihnen das Land, das sie bald betreten würden und das ihnen unter der Bedingung, dass sie Gottes Gesetz gehorchten, auch gehören sollte. Wie müssen diese Worte die Israeliten bewegt haben, als sie sich erinnerten, dass der Mann, der ihnen die Segnungen des Gelobten Landes in so leuchtenden Farben vor Augen malte, von der Teilnahme am Erbe seines Volkes ausgeschlossen blieb - und das um ihrer Sünde willen. »Der Herr, dein Gott, führt dich in ein gutes Land ... nicht wie Ägyptenland, von dem ihr ausgezogen seid, wo du deinen Samen säen und selbst tränken musstest wie einen Garten, sondern es hat Berge und Auen, die der Regen vom Himmel tränkt ., ein Land, darin Bäche und Brunnen und Seen sind, die an den Bergen und in den Auen fließen, ein Land, darin Weizen, Gerste, Weinstöcke, Feigenbäume und Granatäpfel wachsen, ein Land, darin es Ölbäume und Honig gibt, ein Land, wo du Brot genug zu essen hast, wo dir nichts mangelt, ein Land, in dessen Steinen Eisen ist, wo du Kupfererz aus den Bergen haust ... ein Land, auf das der Herr, dein Gott, Acht hat, und die Augen des Herrn, deines Gottes, immerdar sehen vom Anfang des Jahres bis an sein Ende.” (5. Mose 8,7-9; 11,10-12) WAB 445.2
»Wenn dich nun der Herr, dein Gott, in das Land bringen wird, von dem er deinen Vätern Abraham, Isaak und Jakob geschworen hat, es dir zu geben - große und schöne Städte, die du nicht gebaut hast, und Häuser voller Güter, die du nicht gefüllt hast, und ausgehauene Brunnen, die du nicht ausgehauen hast, und Weinberge und Ölbäume, die du nicht gepflanzt hast -, und wenn du nun isst und satt wirst, so hüte dich, dass du nicht den Herrn vergisst.” (5. Mose 6,10-12) »Hütet euch nun, dass ihr den Bund des Herrn, eures Gottes, nicht vergesst ... Denn der Herr, dein Gott, ist ein verzehrendes Feuer und ein eifernder Gott.” (5. Mose 4,23.24) Wenn die Israeliten vor den Augen des Herrn Böses tun sollten, dann, so sagte Mose zu ihnen, »werdet ihr schnell wieder aus dem Land verschwinden, das ihr erobern werdet, nachdem ihr den Jordan überschritten habt« (5. Mose 4,26 NLB). WAB 445.3