Im Nu war das schlafende Heer wach. Auf allen Seiten sah es sich von brennenden Fackeln umgeben. Aus jeder Richtung hörte es Posaunenschall und das Geschrei der Angreifer. Da die Midianiter glaubten, der Gewalt einer Übermacht ausgeliefert zu sein, wurden sie von panischem Schrecken erfasst. Laut aufschreiend rannten sie um ihr Leben, und weil sie die eigenen Kameraden für Feinde hielten, erschlugen sie sich gegenseitig. WAB 535.2
Als sich die Nachricht vom Sieg der Israeliten verbreitete, kamen Tausende von den Männern, die nach Hause entlassen worden waren, zurück und schlossen sich der Verfolgung der fliehenden Feinde an. In der Hoffnung, jenseits des Flusses ihr eigenes Gebiet zu erreichen, schlugen die Midianiter den Weg zum Jordan ein. Aber Gideon sandte Boten zum Stamm Ephraim und bewog sie, die Flüchtenden an den südlichen Furten abzufangen. Inzwischen überquerte er selbst mit seinen 300 Männern den Fluss. Sie waren zwar erschöpft, jagten aber dennoch den Feinden nach, dicht hinter denen, die schon auf die andere Seite gelangt waren. Er holte die Oberbefehlshaber des feindlichen Heeres ein - die beiden Fürsten Sebach und Zalmunna, die mit 15 000 Mann entkommen waren -, zerstreute ihre Streitmacht vollständig, nahm diese Anführer gefangen und erschlug sie. WAB 535.3
Nicht weniger als 120 000 Eindringlinge kamen bei dieser außergewöhnlichen Niederlage ums Leben. Die Macht der Midianiter war gebrochen, sodass sie nie wieder Krieg gegen Israel führen konnten. Überall verbreitete sich die Nachricht, dass der Gott Israels wieder für sein Volk gekämpft hatte. Worte können das Entsetzen der umliegenden Völker nicht beschreiben, als sie erfuhren, mit welch einfachen Mitteln die Macht eines kühnen, kriegerischen Volkes überwunden worden war. WAB 536.1
Gideon, den Gott als Anführer erwählte, um die Midianiter zu besiegen, nahm keine herausragende Stellung in Israel ein. Er war weder Fürst noch Priester noch Levit. Er hielt sich selbst für den Geringsten in seinem Vaterhaus. Aber Gott sah in ihm den mutigen und rechtschaffenen Mann, der sich selbst nicht viel zutraute, aber willig war, der Führung des Herrn zu folgen. Gott erwählt für sein Werk nicht immer hochbegabte Männer, sondern solche, die er am besten gebrauchen kann. »Ehe man zu Ehren kommt, muss man Demut lernen.” (Sprüche 15,33) Am besten kann der Herr durch jene wirken, die sich ihrer Unzulänglichkeit am stärksten bewusst sind und sich auf ihn als Führer und Kraftquelle verlassen. Er wird sie stark machen, indem er ihre Schwachheit mit seiner Macht vereint. Er macht sie klug, indem er ihre Unwissenheit mit seiner Weisheit verbindet. WAB 536.2
Wenn echte Demut praktiziert würde, könnte Gott viel mehr für sein Volk tun. Aber nur wenigen kann große Verantwortung übertragen und Erfolg geschenkt werden, ohne dass sie sich überheben und ihre Abhängigkeit von Gott vergessen. Das ist der Grund, weshalb der Herr bei der Auswahl seiner Werkzeuge diejenigen übergeht, die in den Augen der Welt als groß, talentiert und brillant gelten. Sie sind allzu oft stolz und selbstzufrieden und meinen, ohne Gottes Rat handeln zu können. WAB 536.3
Die Armee Josuas mit ihrem einfachen Posaunenblasen bei der Umrundung von Jericho sowie die kleine Schar Gideons vor den Heeren Midians wurden durch Gottes Macht zu wirksamen Werkzeugen, um seine gewaltigen Feinde zu besiegen. Ohne Gottes Macht und Weisheit sind die ausgeklügeltsten Pläne der Menschen zum Scheitern verurteilt. Die am wenigsten versprechenden Methoden haben dagegen Erfolg, wenn sie von Gott angeordnet sind und in Demut und im Vertrauen ausgeführt werden. Genauso wichtig ist es für den geistlichen Kampf eines Christen, Gott zu vertrauen und seinem Willen zu gehorchen, wie es für Gideon und Josua bei ihren Kämpfen gegen die Kanaaniter zutraf. Durch die wiederholten Offenbarungen seiner Macht zugunsten der Israeliten wollte Gott ihren Glauben festigen, damit sie in jeder Not vertrauensvoll seine Hilfe suchten. Er ist heute ebenso bereit, die Bemühungen seines Volkes zu unterstützen und große Dinge durch schwache Werkzeuge zu vollbringen. Der ganze Himmel wartet auf unsere Bitten um Weisheit und Stärke. Gott kann »überschwänglich tun ... über alles hinaus, was wir bitten oder verstehen” (Epheser 3,20). WAB 536.4