Inzwischen handelten seine kriegerischen Nachbarn, die Philister. Auch nach ihrer Niederlage bei Eben-Eser waren noch immer einige Bergfestungen in Israel in ihrem Besitz, und jetzt setzten sie sich sogar noch im Landesinneren fest. In Einrichtungen, Waffen und Ausrüstung waren die Philister den Israeliten weit überlegen. Während der langen Zwangsherrschaft über die Israeliten hatten sie ihre Macht dadurch zu stärken gewusst, dass sie diesen verboten, das Schmiedehandwerk zu betreiben, damit sie kein Kriegsgerät herstellen konnten. Auch nach dem Friedensschluss hatten sich die Israeliten immer noch an die Philister in deren Festungen gewandt, wenn Arbeiten an eisernen Gerätschaften nötig waren. Aus Bequemlichkeit und Unterwürfigkeit als Folge der langen Unterdrückung hatten die israelitischen Männer es weitgehend unterlassen, sich selbst mit Waffen zu versorgen. Bei der Kriegsführung wurden Pfeil und Bogen sowie Schleudern verwendet. Diese konnten die Israeliten bekommen. Doch außer Saul und seinem Sohn Jonatan besaß keiner von ihnen einen Speer oder ein Schwert. WAB 604.2
Erst in Sauls zweitem Regierungsjahr machten die Israeliten einen Versuch, die Philister zu besiegen. Jonatan, der Sohn des Königs, führte den ersten Schlag aus. Er griff ihre Festung in Gibea an und überwältigte sie. Erbittert über diese Niederlage, bereiteten die Philister einen raschen Gegenangriff vor. Nun ließ Saul mit Posaunenschall im ganzen Land zum Krieg blasen und alle wehrfähigen Männer aufrufen, sich in Gilgal zu versammeln, einschließlich der Stämme jenseits des Jordan. Und sie folgten diesem Ruf. WAB 604.3
Die Philister hatten eine ungeheure Streitmacht bei Michmas versammelt. »Sie hatten 3.000 Streitwagen, 6.000 Reiter und so viele Krieger wie Sandkörner am Meeresstrand!” (1. Samuel 13,5 NLB). Als Saul und sein Heer bei Gilgal davon hörten, erschraken sie beim Gedanken, einer so gewaltigen Heeresmacht im Kampf begegnen zu müssen. Sie waren nicht vorbereitet, dem Feind zu begegnen. Viele waren dermaßen erschrocken, dass sie es nicht einmal auf einen Versuch zum Gefecht ankommen lassen wollten. Einige gingen über den Jordan, andere versteckten sich in Schluchten und Höhlen und zwischen den vielen Felsen jener Gegend. Als die Zeit des Gefechts nahte, wuchs die Zahl der Fahnenflüchtigen rasch, und diejenigen, die nicht davonliefen, waren von schlimmen Ahnungen und Entsetzen erfüllt. WAB 605.1
Als Saul zum König gesalbt wurde, hatte ihm Samuel ganz ausdrücklich geboten, wie er sich bei dieser Gelegenheit zu verhalten hätte. »Geh mir voraus, hinunter nach Gilgal, und warte dort sieben Tage auf mich. Ich werde dich dort treffen und Brand- und Friedensopfer darbringen. Wenn ich komme, werde ich dir weitere Anweisungen geben.« (1. Samuel 10,8 NLB) WAB 605.2
Saul wartete Tag für Tag, unternahm jedoch keine entschlossenen Anstrengungen, um seine Leute zu ermutigen oder sie anzuspornen, auf Gott zu vertrauen. Noch bevor die vom Propheten festgesetzte Frist ganz verstrichen war, packte ihn die Ungeduld über die Verzögerung. Er ließ sich durch die schwierigen Umstände entmutigen. Statt die Israeliten gewissenhaft auf den Gottesdienst vorzubereiten, den Samuel mit ihnen abhalten wollte, hing er ungläubig trüben Vorahnungen nach. Gott beim Opferdienst zu suchen, war ein sehr ernstes und wichtiges Werk. Gott erwartete von seinem Volk, sich selbst zu prüfen und seine Sünden zu bereuen, damit er das Opfer annehmen und die Bemühungen, den Feind zu besiegen, mit seinem Segen begleiten konnte. Aber Saul war unruhig geworden. Und das Volk - anstatt auf die Hilfe Gottes zu vertrauen - schaute auf den erwählten König, damit er es führe und befehlige. WAB 605.3
Doch der Herr kümmerte sich weiter um die Israeliten und gab sie nicht dem Unheil preis, das sie erlitten hätten, wenn sie sich allein auf ihre eigene schwache Kraft verlassen hätten. Er ließ sie in Bedrängnis kommen, damit sie einsahen, wie töricht es war, sich auf Menschen zu verlassen. Sie sollten sich an ihn als ihre einzige Hilfe wenden. Für Saul war die Prüfungszeit gekommen. Jetzt musste sich zeigen, ob er sich auf Gott verlassen und dessen Befehl gemäß geduldig warten würde - und sich damit als jemand erwies, dem Gott in schwierigen Situationen als Herrscher seines Volkes vertrauen konnte - oder ob er schwanken und sich der heiligen Verantwortung, die ihm übertragen worden war, unwürdig erweisen würde. Würde der König, den sich Israel erwählt hatte, auf den König aller Könige hören? Würde er die Aufmerksamkeit seiner verzagten Krieger auf den Einen hin lenken, bei dem allezeit Stärke und Rettung zu finden ist? WAB 605.4