Mit tiefer Ehrfurcht und Demut brachte er seine Bitte vor: »Siehe doch, ich habe mich erdreistet, zu dem Herrn zu reden, obwohl ich Staub und Asche bin.« (1. Mose 18,27 Elb.) Das klang nicht anmaßend und war kein Prahlen mit seiner eigenen Gerechtigkeit. Er beanspruchte keine Gunst aufgrund seines Gehorsams oder wegen der Opfer, die er auf sich genommen hatte, um Gottes Willen zu befolgen. Obwohl er selbst ein Sünder war, bat er für die Sünder. Diese Gesinnung sollte jeder haben, der sich Gott naht. Aus Abraham sprach das Vertrauen eines Kindes, das seinen geliebten Vater inständig um etwas bittet. Er trat zum himmlischen Boten und brachte seine Bitte mit Hingabe vor. Obschon sich Lot bei den Bewohnern von Sodom niedergelassen hatte, beteiligte er sich doch nicht an ihren schlimmen Vergehen. Abraham nahm an, dass es in dieser bevölkerungsreichen Stadt noch andere Anbeter des wahren Gottes gab. Im Hinblick darauf bat er: »Das sei ferne von dir, dass du das tust und tötest den Gerechten mit dem Gottlosen ... Das sei ferne von dir! Sollte der Richter aller Welt nicht gerecht richten?« (1. Mose 18,25) Abraham bat nicht nur einmal, sondern mehrfach. Als seine Bitten gewährt wurden, wurde er kühner und fuhr fort, bis er das Versprechen erhielt, dass die Stadt verschont werde, selbst wenn nur zehn Gerechte darin zu finden seien. WAB 123.1
Seine Liebe zu untergehenden Menschen trieb ihn bei seinen Bitten an. Er verabscheute zwar die Sünden dieser lasterhaften Stadt, wollte aber, dass die Sünder gerettet werden. Seine tiefe Anteilnahme an Sodom zeigt die Sorge, die auch wir für reuelose Menschen empfinden sollten. Wir sollten die Sünde hassen, aber für den Sünder Mitleid empfinden und ihn lieben. In unserer Umgebung gehen Menschen ebenso schrecklich und hoffnungslos zugrunde wie einst in Sodom. Täglich geht für viele ihre Gnadenzeit zu Ende. Stündlich verlassen etliche den Einflussbereich der Gnade Gottes. Wo sind die warnenden, einladenden Stimmen, die den Sünder bitten, seinem furchtbaren Schicksal zu entgehen? Wo sind die Hände ausgestreckt, um ihn vom Tod zurückzuziehen? Wo treten Menschen in Demut und standhaftem Glauben bei Gott für ihn ein? WAB 123.2
Abraham hatte die gleiche Einstellung wie Christus. Der Sohn Gottes ist selbst der große Mittler und Fürsprecher zugunsten des Sünders. Er, der den Preis für die Erlösung der Menschen bezahlte, weiß, was ein Mensch wert ist. Christus hegte eine Feindseligkeit gegen das Böse, wie das nur einer absolut reinen Natur möglich ist, offenbarte aber eine Liebe zum Sünder, die nur eine unendliche Güte ersinnen konnte. Sogar im Todeskampf am Kreuz, als er selbst mit der furchtbaren Sündenlast der ganzen Welt beladen war, betete Christus für die, die ihn schmähten und töteten: »Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!« (Lukas 23,34) WAB 124.1