Jahrhunderte hindurch wurde das Blut der Heiligen vergossen. Während die Waldenser ihr Leben auf den piemontesischen Bergen verloren »um des Wortes Gottes willen und des Zeugnisses von Jesus” (Offenbarung 1,9), legten ihre Brüder, die Albigenser in Frankreich, ein ähnliches Zeugnis für die Wahrheit ab. In der Zeit der Reformation wurden ihre Anhänger unter schrecklichsten Qualen hingerichtet. Könige und Adlige, Damen von edler Geburt und zarte Mädchen, der Stolz und die Elite der Nation, ergötzten sich an den Todesqualen der Märtyrer für Jesus. Die tapferen Hugenotten, die für die Rechte kämpften, die dem Menschen am heiligsten sind, vergossen ihr Blut auf manchem hart umkämpften Feld. Die Protestanten wurden für vogelfrei erklärt, ein Kopfpreis auf sie ausgesetzt, und man hetzte sie von Ort zu Ort wie wilde Tiere. VSL 248.2
»Die Gemeinde der Wüste”, die wenigen Nachkommen der frühen Christen, die noch in Frankreich lebten, sich in den Bergen im Süden verbargen und sich noch bis ins 18. Jahrhundert verstecken mussten, hielten noch immer am Glauben ihrer Väter fest. Wenn sie es wagten, sich nachts an Berghängen oder an abgelegenen Orten zu versammeln, wurden sie von den Dragonern gejagt und zu lebenslanger Sklaverei auf die Galeeren verschleppt. Die reinsten, gebildetsten und intelligentesten Franzosen wurden unter scheußlichen Qualen mit Räubern und Meuchelmördern zusammengekettet.” (WHP, XXII, 6) Mit anderen ging man »barmherziger” um. Sie wurden kaltblütig erschossen, als sie unbewaffnet und hilflos zum Gebet niederknieten. Hunderte von Menschen, Greise, wehrlose Frauen, unschuldige Kinder wurden an ihrem Versammlungsort tot auf dem Boden liegen gelassen. Beim Durchstreifen der Gebirgshänge und Wälder, wo sich diese Menschen gerne versammelten, war es nichts Ungewöhnliches, »alle vier Schritte auf dem Boden herumliegende oder auf Bäumen herumhängende Leichname zu finden.” Ihr Land wurde durch Schwert, Streitaxt und Ruten »in eine große und bedrückende Wüste verwandelt. ... Diese Gräuel wurden nicht in einem finsteren Zeitalter ... sondern in jener glänzenden Zeit Ludwigs XIV. begangen. Die Wissenschaften wurden damals gepflegt, die Literatur blühte, die Geistlichkeit des Hofes und der Hauptstadt waren gelehrte und wortgewandte Männer, die sich gern mit dem Anschein von Demut und Liebe zierten” (WHP, XXII, 7). VSL 248.3
Doch die schwärzeste Tat auf dieser Verbrechensliste, die scheußlichste aller höllischen Untaten dieser Jahrhunderte des Schreckens war die Bartholomäusnacht (1572). Bis heute blickt man mit Schaudern auf das Schreckensszenario dieses feigen und abscheulichen Gemetzels zurück. Der französische König, der von römisch-katholischen Priestern und Prälaten gedrängt wurde, genehmigte diese schreckliche Tat. Eine Glocke gab mitten in der Nacht das Zeichen zum Gemetzel. Zu Tausenden wurden Protestanten, die in ihren Wohnungen friedlich schliefen und sich auf das Ehrenwort des Königs verließen, ohne Vorwarnung herausgezerrt und kaltblütig abgeschlachtet. VSL 249.1
Wie Christus der unsichtbare Führer seines Volkes aus der Knechtschaft Ägyptens war, so war Satan der unsichtbare Führer seiner Gefolgsleute bei dieser schrecklichen Tat, in der die Zahl der Märtyrer vervielfacht wurde. Dieses Massaker von Paris dauerte sieben Tage, während der ersten drei Tage mit unfassbarer Wut. Es beschränkte sich nicht auf die Hauptstadt, sondern auf besonderen Befehl des Königs wurde es auf alle Provinzen und Städte ausgedehnt, in denen Protestanten lebten. Man achtete weder Alter noch Geschlecht, weder Säugling noch Greis, weder Adlige noch Bauern, weder Alt noch Jung, weder Mutter noch Kind. Zwei Monate dauerte das Blutbad in ganz Frankreich. 70.000 der besten Köpfe der Nation kamen ums Leben. VSL 249.2
»Als die Nachricht von dem Blutbad Rom erreichte, kannte die Freude der Geistlichkeit keine Grenzen. Der Kardinal von Lothringen belohnte den Boten mit 1000 Kronen, der Domherr von Sant’Angelo sandte einen dröhnenden Freudengruß aus, Glocken läuteten von jedem Turm, Freudenfeuer verwandelten die Nacht zum Tag und Papst Gregor XIII. zog, begleitet von den Kardinälen und andern geistlichen Würdenträgern, in einer langen Prozession zur Kirche San Ludovico, wo der Kardinal von Lothringen ein Tedeum sang. ... Zur Erinnerung an das Gemetzel wurde eine Gedenkmünze geprägt, und im Vatikan kann man drei Freskogemälde von Giorgio Vasari sehen, die den Angriff auf den Admiral, den König, der im Rat das Massaker plant, und das Blutbad selbst darstellen. Papst Gregor sandte Karl die goldene Rose und hörte vier Monate später ... ruhigen Gemüts die Predigt eines französischen Priesters an ... der von jenem Tag des Glücks und der Freude sprach, als der Heilige Vater die Nachricht empfing und höchst feierlich hinging, um Gott und dem heiligen Ludwig seinen Dank darzubringen‹.« (WMB, XIV, 34) VSL 249.3