“Und gleichwie sie nicht geachtet haben, daß Sie Gott erkennten”,
“ist ihr unverständiges Herz verfinstert.”
Obgleich unsere ersten Eltern unschuldig und heilig erschaffen waren, lag es nicht außerhalb ihrer Möglichkeit, Unrecht zu tun. Gott hätte sie ohne das Vermögen, seine Forderungen zu übertreten, ins Dasein rufen können, aber in diesem Falle hätte es keine Charakterentwicklung gegeben. Ihr Dienst wäre nicht freiwillig, sondern erzwungen gewesen. Deshalb gab er ihnen die Fähigkeit, zu wählen die Fähigkeit, Gehorsam zu zollen oder zu verweigern. Ehe sie die Segnungen, die er ihnen mitteilen wollte, voll empfangen konnten, mußten ihre Liebe und Treue erprobt werden. Ez54 19.1
Im Garten Eden stand der “Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen ... Und Gott der Herr gebot dem Menschen und sprach: Du sollst essen von allerlei Bäumen im Garten; aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen.” 1.Mose 2,9-17. Es war Gottes Wille, daß Adam und Eva das Böse nicht kennen sollten. Die Erkenntnis des Guten war ihnen reichlich verliehen worden; das Wissen um das Böse jedoch um die Sünde und ihre Folgen, um mühsame Arbeit und angstvolle Sorge, um Enttäuschung und Kummer, Schmerz und Tod wurde ihnen liebevoll vorenthalten. Ez54 19.2
Während Gott das Wohl des Menschen erstrebte, sann Satan auf sein Verderben. Als Eva die Warnung des Herrn betreffs des verbotenen Baumes mißachtete und es wagte, sich diesem zu nähern, geriet sie in Berührung mit ihrem Feind. Nachdem einmal ihre Aufmerksamkeit und ihre Neugierde geweckt worden waren, ging Satan dazu über, Gottes Wort abzutun und Mißtrauen gegen seine Weisheit und Güte einzuflößen. Auf die Aussage des Weibes in bezug auf den Baum der Erkenntnis, von dem Gott gesagt hat: “Esset nicht davon, rühret’s auch nicht an, daß ihr nicht sterbet”, erwiderte der Versucher: “Ihr werdet mitnichten des Todes sterben; sondern Gott weiß, daß, welches Tages ihr davon esset, so werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.” 1.Mose 3,3-5. Ez54 20.1
Satan wollte den Eindruck erwecken, die Kenntnis von der Vermischung von Gut und Böse sei ein Segen. Gott vorenthalte ihnen großen Gewinn, wenn er verbiete, von der Frucht des Baumes zu genießen. Wegen deren wunderbarer Eigenschaft, Weisheit und Stärke zu verleihen so betonte er nachdrücklich, habe Gott ihnen untersagt, davon zu kosten; so suche er sie an der Erreichung eines höheren Entwicklungsstandes und am Erwerb größerer Glückseligkeit zu hindern. Die Schlange erklärte, daß sie selbst von der verbotenen Frucht gegessen und daraufhin die Sprechfähigkeit erlangt habe. Die Menschen würden, falls sie auch davon äßen, zu einer höheren Daseinsstufe gelangen und in eine umfassendere Erkenntnis eintreten. Ez54 20.2
Während Satan behauptete, durch Essen vom verbotenen Baume hohes Gut erworben zu haben, ließ er nicht durchblicken, daß er infolge seiner Übertretung aus dem Himmel ausgestoßen war. Hier lag Betrug vor, aber so vom Deckmantel scheinbarer Wahrheit verhüllt, daß Eva betört, geschmeichelt und bestrickt die Täuschung nicht erkannte. Sie begehrte heftig, was Gott verboten hatte; sie mißtraute seiner Weisheit. Ihren Glauben warf sie weg — den Schlüssel zur Erkenntnis. Ez54 20.3
Als Eva sah, “daß von dem Baume gut zu essen wäre, und daß er lieblich anzusehen und ein lustiger Baum wäre, weil er klug machte”, nahm sie “von der Frucht und aß”. Diese war von angenehmem Geschmack, und während Eva aß, schien sie eine belebende Kraft zu verspüren. Sie meinte, in einen höheren Daseinszustand einzutreten. Nachdem sie das Gebot Gottes selbst übertreten hatte, wurde sie ihrem Gatten zur Versucherin, “und er aß”. 1.Mose 3,6. Ez54 21.1
“So werden eure Augen aufgetan”, hatte der Feind gesagt, “und werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.” 1.Mose 3,5. Ihre Augen wurden allerdings geöffnet, aber welch trauriges Auftun! Die Erkenntnis des Bösen und der Fluch der Sünde waren alles, was die Übertreter erlangten. In der Frucht selbst lag nichts Schädliches, und die Versündigung bestand nicht nur im Nachgeben gegen die Eßlust. Das Mißtrauen gegen Gottes Güte, der Unglaube seinem Wort gegenüber und die Leugnung seines Machtanspruchs waren es, die unsere ersten Eltern zu Übertretern werden ließen und die Erkenntnis des Bösen in die Welt brachten. Eben dies öffnete aller Art von Lüge und Irrtum Tür und Tor. Ez54 21.2
Der Mensch verlor alles, weil er lieber dem Betrüger Gehör schenkte als dem, der die Wahrheit ist und der allein Verstand besitzt. Durch die Verquickung von Gut und Böse war sein Sinn verwirrt, waren seine geistigen und geistlichen Kräfte gelähmt worden. Er konnte das Gute nicht mehr würdigen, das Gott ihm so freigebig verliehen hatte. Ez54 21.3
Adam und Eva hatten sich für die Erkenntnis des Bösen entschieden. Wenn sie jemals die Stellung, die sie eingebüßt hatten, wiedergewinnen sollten, mußten sie es unter den ungünstigen Bedingungen tun, die sie selbst heraufbeschworen hatten. Nicht länger sollten sie im Garten Eden wohnen, denn bei seiner Vollkommenheit konnte er ihnen nicht die Lehren erteilen, die nun für sie von Wichtigkeit waren. In unaussprechlicher Traurigkeit sagten sie ihrer herrlichen Umgebung Lebewohl und zogen fort, um auf der Erde zu wohnen, auf der von nun an der Fluch der Sünde lag. Ez54 21.4
Zu Adam hatte Gott gesagt: “Dieweil du hast gehorcht der Stimme deines Weibes und gegessen von dem Baum, davon ich dir gebot und sprach: Du sollst nicht davon essen, verflucht sei der Acker um deinetwillen, mit Kummer sollst du dich darauf nähren dein Leben lang. Dornen und Disteln soll er dir tragen, und sollst das Kraut auf dem Felde essen. Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis daß du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist. Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden.” 1.Mose 3,17-19. Ez54 22.1
Obgleich die Erde vom Fluch entstellt war, sollte die Natur immer noch des Menschen Lehrbuch sein. Sie konnte nun nicht ausschließlich das Gute darstellen; denn überall war das Übel gegenwärtig und verderbte Erde, Luft und Meer mit seinem unreinen Hauch. Wo sich einst allein das Wesen Gottes, die Erkenntnis des Guten, ausgeprägt hatte, da war nun auch der Charakter Satans, die Erkenntnis des Bösen, abzulesen. Der Mensch sollte von der Natur, die jetzt das Wissen um Gut und Böse vermittelte, beständig vor den Folgen der Sünde gewarnt werden. Ez54 22.2
In der welkenden Blüte und im fallenden Blatt gewahrten Adam und seine Gefährtin die ersten Zeichen des Verfalls. Lebhaft kam ihnen die unerbittliche Tatsache zum Bewußtsein, daß alles Lebendige sterben muß. Sogar die Luft, von der ihr Leben abhing, trug die Todeskeime in sich. Ez54 22.3
Auch wurden sie ständig an ihre verlorene Herrscherwürde erinnert. Adam hatte unter den niedrigeren Geschöpfen wie ein König dagestanden. Solange er Gott treu geblieben war, hatte die ganze Natur seine Herrschaft anerkannt. Als er aber sündigte, verscherzte er diese Herrschergewalt. Der Geist der Auflehnung, dem er selbst Zutritt gewährt hatte, dehnte sich auf die ganze Tierwelt aus. So zeugte denn alles von dem betrüblichen Wissen um das Böse, nicht nur das Leben des Menschen, sondern auch das Wesen der Tiere, die Bäume des Waldes, das Gras auf dem Felde und sogar die Luft, die man atmete. Ez54 22.4
Aber der Mensch wurde den Folgen des Übels, das er erwählt hatte, nicht überlassen. In dem über Satan gefällten Urteilsspruch war eine Ankündigung der Erlösung enthalten. “Ich will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe”, sprach Gott, “und zwischen deinem Samen und ihrem Samen. Derselbe soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihm in die Ferse stechen.” 1.Mose 3,15. Ez54 23.1
Dieses Urteil, das in Hörweite unserer ersten Eltern ausgesprochen wurde, bedeutete für sie eine Verheißung. Ehe sie von den Dornen und Disteln, von der Mühe und Sorge vernahmen, die ihr Teil sein sollten, oder von dem Staub, in den sie zurückkehren mußten, lauschten sie Worten, die ihnen unfehlbar Hoffnung vermittelten. Alles was durch Willfährigkeit Satan gegenüber verlorengegangen war, konnte durch Christus zurückgewonnen werden. Ez54 23.2
Auch die Natur wiederholt uns diese Ankündigung. Obgleich sie durch die Sünde entstellt ist, kündet sie nicht nur von der Schöpfung, sondern auch von der Erlösung. Mag die Erde in den offensichtlichen Zeichen des Verfalls den Fluch bestätigen, noch ist sie reich und schön in ihren Beweisen lebenspendender Kraft. Die Bäume werfen ihre Blätter ab, aber nur, um sich in frischeres Grün zu kleiden; die Blumen welken, doch nur, um in neuer Schönheit hervorzusprießen, und jede Offenbarung schöpferischer Kraft birgt die Gewißheit, daß wir von neuem in “Gerechtigkeit und Heiligkeit der Wahrheit” erschaffen werden können. So werden uns gerade die Dinge und Vorgänge in der Natur, die uns unseren großen Verlust so lebhaft zum Bewußtsein bringen, zu Boten der Hoffnung. Ez54 23.3
Soweit das Übel reicht, hört man die Stimme unseres himmlischen Vaters, der seinen Kindern gebietet, das Wesen der Sünde an ihren Folgen zu erkennen, der sie ermahnt, das Böse aufzugeben, und sie einlädt, das Gute anzunehmen. Ez54 23.4