Die erlösende Liebe mit ihren segensreichen Auswirkungen verglich der Heiland mit einer kostbaren Perle. Er veranschaulichte seine Botschaft an der Geschichte vom Kaufmann, der gute Perlen suchte. “Und als er eine köstliche Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie.” Matthäus 13,46. Christus selbst ist diese wertvolle Perle. In ihm finden wir die ganze Herrlichkeit des Vaters und die Fülle des Wesens Gottes. Er spiegelt die Herrlichkeit seines Vaters wider und ist dessen getreues Ebenbild. Sein Wesen ist geprägt von den wunderbaren Eigenschaften Gottes. Jede Seite der Heiligen Schrift ist von seinem Licht erleuchtet. Die Gerechtigkeit Christi weist genau wie eine reine, weiße Perle weder Makel noch Flecken auf. Kein Mensch kann dieses wertvolle Geschenk Gottes noch verbessern, denn es ist vollkommen. Christus, in dem “verborgen liegen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis” (Kolosser 2,3), ist “uns von Gott gemacht zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung.” 1.Korinther 1,30. Alles, was unsere innigsten Wünsche und tiefsten Bedürfnisse in dieser und der zukünftigen Welt befriedigen kann, finden wir in Christus. Unser Erlöser ist eine so kostbare Perle, dass im Vergleich dazu alles andere wertlos erscheint. BRG 88.1
Christus “kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf.” Johannes 1,11. Gottes Licht schien in die dunkle Welt, “und die Finsternis hat’s nicht ergriffen.” Johannes 1,5. Doch nicht alle waren dem Geschenk des Himmels gegenüber gleichgültig. Der Kaufmann im Gleichnis steht für die Menschen, die ein echtes Bedürfnis nach der Wahrheit hatten. Bei vielen Völkern gab es aufrichtige, nachdenkliche Menschen, die sich mit Literatur, Wissenschaft und den heidnischen Religionen beschäftigt hatten, um das zu finden, was für sie der größte geistliche Schatz sein könnte. Auch unter den Juden waren etliche, die nach dem suchten, was ihnen fehlte. Unbefriedigt von einer Religion, die sich in äußerlichen Formen erschöpft, hatten sie ein Verlangen nach dem, was geistlich ist und zu Gott führt. Zu letzteren gehörten die Jünger, die Christus erwählt hatte, zu den ersten Kornelius und der Kämmerer aus Äthiopien. Sie hatten um Erkenntnis von Gott gebetet und sie stets gesucht. Als sie Christus kennen lernten, nahmen sie ihn freudig an. BRG 88.2
Die Perle im Gleichnis ist kein Geschenk: Der Kaufmann veräußerte seinen ganzen Besitz, um sie zu erwerben. Viele stellen diese Auslegung infrage, weil Christus in der Bibel doch als ein Geschenk Gottes gezeigt wird. Das ist er auch wirklich, allerdings nur für diejenigen, die ihm ihr Leben vollständig anvertrauen. Wir sollen uns Christus schenken und willig all seinen Forderungen gehorchen. Alles, was wir sind, all unsere Begabungen und Fähigkeiten verdanken wir dem Herrn; deshalb wollen wir sie in seinen Dienst stellen. Wenn wir auf diese Weise ganz Christus angehören wollen, dann schenkt er sich uns mit all seinen Himmelsschätzen. So kommen wir in den Besitz der kostbaren Perle. BRG 89.1
Unsere Erlösung ist ein Geschenk, und doch können wir sie kaufen und verkaufen. Auf dem Markt der Gnade Gottes kann man, bildlich gesprochen, die kostbare Perle ohne Geld, ohne jede Bezahlung erhalten. Auf diesem Markt kann also jeder himmlische Güter erwerben. Das Schatzhaus mit den Edelsteinen der Wahrheit steht allen offen. “Siehe, ich habe vor dir eine Tür aufgetan”, sagt Gott, “und niemand kann sie zuschließen.” Offenbarung 3,8. Kein bewaffneter Wächter steht vor dieser Tür; vielmehr fordern uns einladende Stimmen auf: Komm! Ernst und liebevoll lädt uns der Heiland ein: “Ich rate dir, dass du Gold von mir kaufst, das im Feuer geläutert ist, damit du reich werdest.” Offenbarung 3,18. BRG 89.2
Das Evangelium von Christus ist ein Segen, an dem jeder teilhaben kann. Bettelarmen wird die Erlösung ebenso angeboten wie Steinreichen. Sie kann nicht für alles Geld dieser Welt erworben werden, sondern nur durch die Bereitschaft, Christus gehorchen und ihm ganz angehören zu wollen. Selbst wenn wir noch so gebildet sind, kann uns diese Tatsache allein nicht näher zu Gott bringen. Die Pharisäer hatten in ihrem persönlichen und geistlichen Leben so viel Gutes empfangen, dass sie stolz prahlen konnten: “Ich bin reich und habe genug und brauche nichts!” In Wirklichkeit aber waren sie “elend und jämmerlich, arm, blind und bloß”. Offenbarung 3,17. Christus bot ihnen die kostbare Perle an, doch sie konnten sich nicht dazu herablassen, sie anzunehmen. Darum kündigte er ihnen an: “Die Zöllner und Huren kommen eher ins Reich Gottes als ihr.” Matthäus 21,31. BRG 89.3
Die Erlösung können wir uns nicht verdienen; wir sollen aber mit so viel Eifer und Ausdauer nach ihr streben, als wenn es darum ginge, alles in der Welt dafür herzugeben. BRG 90.1
Es kommt also darauf an, die kostbare Perle zu suchen — allerdings nicht auf den Märkten und nach der Art dieser Welt. Der Preis, der von uns dafür verlangt wird, ist nicht Gold oder Silber, die ja ohnehin Gott gehören. Wir müssen deshalb die Vorstellung aufgeben, dass irgendwelche Vorzüge — seien sie nun materieller oder geistlicher Art — uns zur Erlösung verhelfen könnten. Gott erwartet vielmehr, dass wir ihm gehorchen und nicht mehr sündigen wollen. Christus sagt: “Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Thron zu sitzen, wie auch ich überwunden habe und mich gesetzt habe mit meinem Vater auf seinen Thron.” Offenbarung 3,21. BRG 90.2
Es gibt Menschen, die scheinbar ständig auf der Suche nach der himmlischen Perle sind. Dabei fehlt ihnen aber die Bereitschaft, ihren verkehrten Lebensstil radikal zu ändern und ihr ichbezogenes Denken aufzugeben, damit Christus in ihnen Gestalt gewinnen könnte. So bleibt ihr Suchen ergebnislos. Ihr wenig frommes Geltungsbedürfnis und ihre Vergnügungssucht haben sie noch nicht hinter sich gelassen, und sie denken nicht daran, ihr Kreuz auf sich zu nehmen, um Christus auf dem Weg der Selbstverleugnung und Aufopferung zu folgen. Um wahre Christen zu sein, fehlt solchen Menschen oft nicht viel. Sie scheinen dem Himmelreich nahe zu sein, gelangen aber nicht hinein. Beinahe, doch nicht ganz gerettet, das bedeutet: ganz — nicht nur beinahe — verloren! BRG 90.3
Das Gleichnis vom Kaufmann, der wertvolle Perlen suchte, hat eine doppelte Bedeutung: Es bezieht sich nicht nur auf Menschen, die nach dem Reich Gottes streben, sondern auch auf Christus, der sein verlorenes Erbe wiedergewinnen will. Er, der himmlische Kaufmann auf der Suche nach wertvollen Perlen, sah in der gefallenen Menschheit eine kostbare Perle. Wie verdorben und heruntergekommen jemand durch die Sünde auch sein mochte — Christus wusste, dass auch er gerettet werden konnte. Menschen, die einen inneren Kampf mit Satan ausgefochten haben und durch die Macht der Liebe gerettet worden sind, sind für Jesus kostbarer als solche, die nie vom rechten Weg abgekommen sind. Für Gott war also die Menschheit nicht verdorben und wertlos. Er nahm sich ihrer in Christus an und sah, wie die Macht seiner erlösenden Liebe sie umgestalten könnte. Allen Reichtum des Weltalls sammelte er und bot ihn für diese Perle an. Jesus wird diese Perle, die er gefunden hat, in seine Herrscherkrone einsetzen. “Steine an seinem Diadem sind sie, die über seinem Land funkeln.” Sacharja 9,16 (EB). “Sie sollen, spricht der Herr Zebaoth, an dem Tage, den ich machen will, mein Eigentum sein.” Maleachi 3,17. BRG 91.1
Doch unser wichtigstes Thema, mit dem wir uns gar nicht genug beschäftigen können, ist Christus, die kostbare Perle, dieser Himmelsschatz, den wir besitzen dürfen. Der Heilige Geist offenbart uns, wie überaus kostbar diese schöne Perle ist. Immer wenn er mit Macht wirkt, geschieht es, dass dieses himmlische Geschenk in besonderer Weise gesucht und gefunden wird. Zur Zeit Jesu hörten viele das Evangelium, doch war ihr Denken durch falsche Lehren irregeleitet, sodass sie in dem demütigen Lehrer aus Galiläa nicht den Gesandten Gottes erkennen konnten. Nach seiner Himmelfahrt aber signalisierte die Ausgießung des Heiligen Geistes, dass Christus nun in sein Mittleramt im Himmel eingesetzt war. BRG 91.2
Zu Pfingsten wurde dieser Geist den Zeugen Christi gegeben, die daraufhin die Kraft des auferstandenen Heilands verkündigten. Nun drang himmlisches Licht in die düsteren Gedanken derer, die von den Feinden Christi betrogen worden waren, und sie sahen ihren Meister “erhöht zum Fürsten und Heiland, um Israel Buße und Vergebung der Sünden zu geben.” Apostelgeschichte 5,31. Sie sahen, wie er, umgeben von der Herrlichkeit des Himmels, unermessliche Schätze in den Händen hielt, um sie all denen zu schenken, die sich nicht mehr gegen ihn auflehnten. Als die Apostel ihren Zuhörern die Herrlichkeit des Sohnes Gottes vor Augen malten, wurden dreitausend Menschen bekehrt. Plötzlich sahen sie sich so, wie sie wirklich waren, nämlich sündig und befleckt, und sie erkannten in Christus ihren Freund und Erlöser. BRG 91.3
Durch die Kraft des Heiligen Geistes, der auf ihnen ruhte, wurde Christus erhoben und verherrlicht. Im Glauben erkannten sie, dass er Erniedrigung, Leid und Tod erduldet hatte, damit sie nicht verloren gingen, sondern das ewige Leben gewinnen könnten. Als Christus sich ihnen durch den Heiligen Geist offenbarte, begriffen sie seine Macht und Herrlichkeit, streckten ihm voller Glauben die Hände entgegen und bekannten: “Ich glaube.” BRG 92.1
Die frohe Botschaft von der Auferstehung des Heilands wurde danach bis an die Grenzen der damals bekannten Welt getragen. Überall schlossen sich Neubekehrte der Gemeinde an. Gemeindeglieder erlebten eine neue Bekehrung, Sünder und Christen suchten gemeinsam nach der kostbaren Perle. So erfüllte sich die Prophezeiung: “... dass der Schwache unter ihnen sein wird wie David und das Haus David wie Gott, wie der Engel des Herrn vor ihnen her.” Sacharja 12,8. Jeder Christ sah in seinem Bruder einen Abglanz der Güte und Liebe Gottes. Ein einziger Wunsch herrschte vor, ein Ziel drängte alles andere in den Hintergrund, alle Herzen schlugen in Eintracht. Nichts wünschten die Gläubigen so sehr, als das Wesen Christi darzustellen und an der Ausbreitung seines Reiches mitzuwirken. “Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele ... Und mit großer Kraft bezeugten die Apostel die Auferstehung des Herrn Jesus, und große Gnade war bei ihnen allen.” Apostelgeschichte 4,32.33. “Der Herr aber fügte täglich zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden.” Apostelgeschichte 2,47. Der Geist Christi erfüllt die ganze Gemeinde, denn sie hatte die kostbare Perle gefunden. BRG 92.2
Das alles wird sich noch einmal und mit größerer Macht wiederholen. Die Ausgießung des Heiligen Geistes zu Pfingsten war der Frühregen; der Spätregen wird noch reichlicher fallen. BRG 93.1
Der Geist Gottes wartet darauf, dass wir ihn erbitten und freudig empfangen wollen. Christus soll durch die Kraft des Heiligen Geistes ein zweites Mal in seiner Fülle offenbart werden. Dann werden die Menschen den Wert der kostbaren Perle erkennen und mit dem Apostel Paulus sprechen: “Aber was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden erachtet. Ja, ich erachte es noch alles für Schaden gegenüber der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn.” Philipper 3,7.8. BRG 93.2