Als Samuel das Opfer dargebracht hatte, aber noch bevor er am Opfermahl teilnahm, begann er seine prophetische Prüfung der stattlichen Söhne Isais. Der Älteste, Eliab, glich Saul in Größe und Schönheit am ehesten. Sein freundliches Gesicht und sein harmonischer Wuchs zogen die Aufmerksamkeit des Propheten auf sich. Als er die geradezu fürstliche Haltung an ihm wahrnahm, dachte er: »Das ist bestimmt der, den der Herr als König ausgesucht hat.« (1. Samuel 16,6 Hfa) Er wartete auf die göttliche Zustimmung, um ihn zu salben. Aber Jahwe sah nicht auf die äußere Erscheinung. Eliab hatte keine Ehrfurcht vor Gott. Hätte er den Thron bestiegen, wäre aus ihm ein stolzer, fordernder Herrscher geworden. Gott sagte daher zu Samuel: »Lass dich nicht von seinem Äußeren oder seiner Größe blenden, ich habe ihn nicht erwählt. Der Herr entscheidet nicht nach den Maßstäben der Menschen! Der Mensch urteilt nach dem, was er sieht, doch der Herr sieht ins Herz.” (1. Samuel 16,7 NLB) Keine äußere Schönheit kann einen Menschen Gott empfehlen. Die Weisheit und Vortrefflichkeit, die sich im Charakter und Verhalten zeigen, drücken die wahre Schönheit eines Menschen aus. Die inneren Werte, die Schönheit des Herzens, sind für unsere Annahme beim Herrn der Heerscharen entscheidend. Das sollten wir zutiefst bedenken, wenn wir uns und andere beurteilen. Von Samuels Irrtum können wir lernen, wie nichtig eine Einschätzung ist, die auf einem schönen Gesicht oder einer ansehnlichen Gestalt beruht. Wir können erkennen, wie unfähig der menschliche Verstand ist, die Geheimnisse des Herzens oder die Meinung Gottes ohne besondere Erleuchtung durch dessen Geist zu erfassen. Gottes Gedanken und Wege bezüglich seiner Geschöpfe gehen über unser begrenztes Verständnis hinaus. Aber wir können sicher sein, dass Gott seine Kinder dazu bringt, genau den Platz auszufüllen, für den sie geeignet sind. Er befähigt sie, genau das Werk zu tun, das er ihnen anvertraut, wenn sie sich nur dem Willen Gottes unterstellen. Dann werden seine segensreichen Pläne nicht durch menschlichen Eigensinn vereitelt. WAB 625.1
Eliab schied also bei der Prüfung Samuels aus. Darauf beobachtete der Prophet mit prüfendem Blick der Reihe nach seine sechs Brüder, die ebenfalls am Opfermahl teilnahmen. Aber bei keinem bedeutete ihm der Herr, dass er ihn erwählt habe. Mit schmerzlicher Spannung hatte Samuel auf den letzten jungen Mann geschaut und war verwirrt und verunsichert. Dann fragte er Isai: »Sind das alle deine Söhne?« Der Vater antwortete: »Der jüngste fehlt noch, David, der hütet die Schafe.” Samuel befahl, auch ihn zu rufen, und sagte: »Wir setzen uns nicht zum Opfermahl hin, bevor er hier ist!« (1. Samuel 16,11 GNB) WAB 625.2
Der einsame Hirte wurde vom unerwarteten Ruf des Boten aufgeschreckt, der ihm die Nachricht brachte, der Prophet sei nach Bethlehem gekommen und habe nach ihm gesandt. Erstaunt fragte sich David, weshalb der Prophet und Richter Israels gerade ihn sehen wolle. Aber er gehorchte, ohne zu zögern. »Er war bräunlich, mit schönen Augen und von guter Gestalt.« Während Samuel den ansehnlichen, mannhaften und bescheidenen jungen Hirten mit Freude betrachtete, sagte die Stimme des Herrn zu ihm: »Er ist es, salbe ihn!« (1. Samuel 16,12 GNB) David hatte sich bis dahin in seinem schlichten Hirtendienst als mutig und gewissenhaft erwiesen, und jetzt hatte Gott ihn zum Oberhaupt seines Volkes erwählt. »Und während David inmitten seiner Brüder stand, nahm Samuel das Öl, das er mitgebracht hatte, und goss es über Davids Kopf aus. Von diesem Tag an kam der Geist des Herrn über ihn und verließ ihn nicht mehr.” (1. Samuel 16,13 NLB) Der Prophet hatte die Aufgabe erfüllt, die ihm übertragen worden war, und kehrte erleichtert nach Rama zurück. WAB 626.1
Samuel hatte niemandem die wirkliche Bedeutung seines Auftrags mitgeteilt - nicht einmal der Familie Isais. Davids Salbung war »geheim” vollzogen worden. Sie war für den jungen Mann ein Zeichen für seine spätere hohe Bestimmung. Das Wissen darum sollte ihm bei den vielfältigen Erlebnissen und Gefahren der kommenden Jahre ein Antrieb sein, der Absicht Gottes, die er in seinem Leben erfüllen sollte, treu zu bleiben. WAB 626.2