Gott hatte Abraham berufen, der Vater aller treuen Gläubigen zu sein, und sein Leben sollte späteren Generationen hinsichtlich des Glaubens als Vorbild dienen. Doch sein Glaube war nicht vollkommen gewesen: Er zeigte mangelndes Vertrauen, als er die Tatsache verheimlichte, dass Sara seine Frau war, und als er Hagar heiratete. Damit Abraham die volle Glaubensreife erreichen konnte, unterzog ihn Gott einer weiteren Prüfung. Sie war härter als alles, was ein Mensch jemals auszuhalten hatte. In einer nächtlichen Vision erhielt er die Anweisung, in das Land Morija aufzubrechen und dort auf einem Berg, den Gott ihm zeigen würde, seinen Sohn als Brandopfer darzubringen. WAB 131.3
Als Abraham diesen Auftrag erhielt, war er bereits 120 Jahre alt. Er war also selbst für seine Zeit ein alter Mann. In jüngeren Jahren hatte es ihm nichts ausgemacht, Anstrengungen auf sich zu nehmen und Gefahren zutrotzen, aber nun war die Begeisterung seiner Jugend verloschen. Wer die Tatkraft des besten Mannesalters besitzt, kann Schwierigkeiten und Anfechtungen mutig begegnen, die in späteren Jahren, wenn sich das Leben dem Ende zuneigt, einem das Herz brechen. Doch in Abrahams Fall hatte Gott die letzte und härteste Prüfung aufgehoben, bis die Last der Jahre schwer auf ihm lag und er sich nach Ruhe von Sorgen und Nöten sehnte. Der Patriarch wohnte in Beerscheba. Er war sehr reich, und die Herrscher des Landes ehrten ihn als mächtigen Fürsten. Auf den Feldern rund um seine Zelte weideten tausende Schafe und Rinder. Auf allen Seiten standen die Zelte seiner Gefolgsleute, in denen hunderte treuer Diener wohnten. Der versprochene Sohn war an seiner Seite zum Mann herangewachsen. Es war, als habe der Himmel mit seinem Segen ein aufopferndes Leben gekrönt, das geduldig an der aufgeschobenen Erfüllung der Hoffnung festhielt. WAB 131.4
Aus Glaubensgehorsam hatte Abraham sein Heimatland, seine Verwandten und die Gräber seiner Vorväter verlassen. Als Fremder hatte er das Land durchzogen, das ihm als Erbteil zugesagt worden war. Er musste lange auf den versprochenen Erben warten. Auf Gottes Anordnung hin hatte er seinen Sohn Ismael weggeschickt. Und jetzt, als der so lange ersehnte Sohn zum Mann wurde und der Patriarch meinte, die Frucht seiner Hoffnungen reifen zu sehen, stand er plötzlich vor einer Prüfung, die schwerer war als alles, was er bisher erlebt hatte. WAB 132.1