»Die Toren sprechen in ihrem Herzen: Es ist kein Gott.” (Psalm 14,1) Über die Verfälscher der Wahrheit sagt der Herr Folgendes: »Ihre Torheit wird jedermann offenbar werden.” (2. Timotheus 3,9) Nachdem Frankreich die Anbetung des lebendigen Gottes, »des Hohen und Erhabenen, der ewig wohnt” (vgl. Jesaja 57,15), verworfen hatte, war es für diese Nation nur noch ein kleiner Schritt bis zum erniedrigenden Götzendienst durch die Anbetung der Göttin der Vernunft in der Person einer liederlichen Frau. Dies geschah in der Nationalversammlung durch die höchste gesetzgebende Behörde. Ein Geschichtsschreiber sagt: »Eine der Zeremonien dieser wahnsinnigen Zeit ist unübertroffen in ihrer geschmacklosen Art, verbunden mit Gottlosigkeit. Die Tore des Konvents wurden einer Schar von Musikanten geöffnet, der in feierlichem Zug die Mitglieder der Stadtbehörde folgten, während sie ein Loblied auf die Freiheit sangen und als Gegenstand ihrer zukünftigen Anbetung eine verschleierte Frau geleiteten, die sie die Göttin der Vernunft nannten. Als man sie innerhalb der Schranken gebracht, mit großer Förmlichkeit entschleiert und zur Rechten des Präsidenten hingesetzt hatte, erkannte man sie allgemein als eine Tänzerin aus der Oper. ... Dieser Person, der passendsten Vertreterin jener Vernunft, die man anbetete, huldigte die Nationalversammlung Frankreichs öffentlich. VSL 251.3
Diese gottlose und lächerliche Maskerade war eine gewisse Modeerscheinung, und die Einsetzung der Göttin der Vernunft wurde in der ganzen Nation an allen Orten erneuert und nachgeahmt, wo die Bewohner zeigen wollten, dass sie der Revolution in gleicher Weise zustimmten.” (SLN, I, 17) VSL 252.1
Der Redner, der die Anbetung der Vernunft einführte, sagte: »Mitglieder der gesetzgebenden Versammlung! Der Fanatismus ist der Vernunft gewichen. Seine getrübten Augen konnten den Glanz des Lichts nicht ertragen. Heute hat sich eine unermessliche Menge in den gotischen Gewölben versammelt, die zum ersten Mal von der Stimme der Wahrheit widerhallen. Dort haben die Franzosen die einzig wahre Anbetung der Freiheit und der Vernunft vollzogen; dort haben wir neue Wünsche für das Glück der Waffen der Republik formuliert; dort haben wir die leblosen Götzen gegen die Vernunft, dieses belebte Bild, das Meisterwerk der Natur, eingetauscht.” (THRF, II, 370/371) VSL 252.2
Als die Göttin in den Konvent geführt wurde, nahm der Redner sie bei der Hand und sagte, indem er sich an die Versammlung wandte: »›Sterbliche, hört auf, vor dem ohnmächtigen Donner eines Gottes zu beben, den eure Furcht geschaffen hat. Hinfort anerkennt keinen Gott außer der Vernunft. Ich stelle euch ihr reinstes und edelstes Bild vor; wenn ihr Götter haben müsst, so opfert nur solchen wie dieser. ... O Schleier der Vernunft, falle vor dem erlauchten Senat der Freiheit!‹ VSL 252.3
Nachdem der Präsident die Göttin umarmt hatte, wurde sie auf einen prächtigen Wagen gesetzt und inmitten eines ungeheuren Gedränges zur Kathedrale von Notre-Dame geführt, damit sie dort die Stelle der Gottheit einnehme. Dann wurde sie auf den Hochaltar gehoben und von allen Anwesenden verehrt.« (AHE, I, 10) VSL 252.4
Nicht lange danach folgten öffentliche Bibelverbrennungen. Bei einem dieser Anlässe betrat die »Societe populaire du Musee” [Volksgesellschaft des Museums] die Halle der Stadtbehörde mit dem Ruf: »Vive la Raison!” [Es lebe die Vernunft!] Auf der Spitze einer Stange waren halb verbrannte Reste verschiedener Bücher aufgespießt, unter anderem Gebets und Messebücher sowie das Alte und Neue Testament, um nach den Worten des Präsidenten »in einem großen Feuer die gesamten Torheiten zu sühnen, die zu begehen sie das menschliche Geschlecht veranlasst hatten« (JP, 1793, Nr. 318). VSL 252.5