Dann wurde Luther mit kaiserlicher Autorität befohlen, nach Hause zurückzukehren, und er wusste, dass dieser Entlassung bald seine Verurteilung folgen würde. Dunkle Wolken hingen über seinem Weg, doch als er Worms verließ, erfüllten Freude und Lobpreis sein Herz. »Der Teufel hat auch wohl verwahret des Papstes Regiment und wollte es verteidigen; aber Christus machte ein Loch darein, und Satan wurde gezwungen, einem Herrn, höher als er selbst, zu gehorchen.« (DAGR, VII, 11; vgl. LLA, XVII, 589) VSL 155.2
Nach seiner Abreise - noch immer mit dem Wunsch erfüllt, dass man seine Entschlossenheit nicht als Auflehnung missdeuten möchte - schrieb Luther an den Kaiser: »Gott, der ein Herzenskündiger ist, ist mein Zeuge, dass ich in aller Untertänigkeit Eurer Kaiserlichen Majestät Gehorsam zu leisten ganz willig und bereit bin, es sei durch Leben oder Tod, durch Ehre, durch Schande, Gut oder Schaden. Ich habe auch nichts vorbehalten als allein das göttliche Wort, in welchem der Mensch nicht allein lebt. ... In zeitlichen Sachen sind wir schuldig, einander zu vertrauen, weil derselben Dinge Unterwerfung, Gefahr und Verlust der Seligkeit keinen Schaden tut. Aber in Gottes Sache und ewigen Gütern leidet Gott solche Gefahr nicht, dass der Mensch dem Menschen solches unterwerfe. ... Solcher Glaube und Unterwerfung ist das wahre rechte Anbeten und der eigentliche Gottesdienst und sollte nur dem Schöpfer dargebracht werden.” (DAGR, VII, 11; vgl. EMLB, XXI, 129-141, 28.04.1521) VSL 155.3
Auf seiner Rückreise von Worms war Luthers Empfang in den Städten noch herzlicher als auf seiner Hinreise. Hochstehende Geistliche hießen den exkommunizierten Mönch willkommen, und weltliche Herrscher ehrten den Mann, der vom Kaiser geächtet wurde. Er wurde gebeten zu predigen, und trotz des kaiserlichen Verbots betrat er wiederum die Kanzel. »Ich habe nicht darein gewilligt, dass Gottes Wort gebunden werde«, sagte er, »noch will ich es.” (MLTL, I, 420; vgl. EMLB XXI, 154, 14.05.1521) VSL 156.1