Lieber Br. N.!
Aus einem gewissen Verantwortungsgefühl heraus sehe ich mich veranlaßt, an dich einige Zeilen zu richten. Im Geist wurden mir bestimmte Dinge gezeigt, die dich betreffen und die ich nicht für mich zu behalten wage. Ich sah, daß Satan aus der Tatsache, daß deine Frau die Wahrheit nicht angenommen hat, erhebliche Vorteile zog. Du wurdest in die Gesellschaft einer sittlich bedenkenlosen Frau getrieben, die selbst am Rande des Verderbens steht. Sie nahm an deinen unglücklichen Eheverhältnissen starken Anteil. Wie die Schlange in Eden bezauberte sie dich durch ihre Gebärden. Sie erweckte in deinem Herzen den Eindruck, daß du ein betrogener Mann seiest; daß deine Frau deine Gefühle nicht achte und deine Liebe nicht erwidere; daß du in deiner ehelichen Verbindung eine falsche Wahl getroffen hättest, bis du dir schließlich selbst einbildetest, daß die Ehe mit der Frau, die du zur Lebensgefährtin erwählt hattest, unerträglichen Fesseln gleiche. Du gingst zu diesem scheinheiligen “Engel”, um Mitgefühl zu finden. Du hast ihr das anvertraut, was zu wissen nur deiner Frau zukommt, der du versprochen hast, sie zu lieben, zu ehren und zu schützen, solange ihr lebt. Du hast versäumt, ständig zu wachen und zu beten, damit du nicht der Versuchung erliegst. Deine Seele wurde durch diesen Frevel entstellt. Du hast deinem Lebenswandel einen furchtbaren Schandfleck aufgeprägt. Dennoch kann dich tiefe Reue und Demütigung vor Gott zu ihm zurückführen. Das Blut Christi vermag von allen diesen Sünden zu reinigen. Sch1 180.4
Du bist gefallen, sehr tief gefallen! Satan lockte dich in sein Netz und überließ es dann dir selbst, dich, so gut du vermagst, loszureißen. Du wurdest gequält, verwirrt und schrecklich versucht. Dich plagt dein schuldbeladenes Gewissen. Du zweifelst an dir selbst und bildest dir ein, daß jeder andere an dir gleichfalls zweifeln müßte. Du bist mißtrauisch gegen dich selbst und glaubst, daß man auch dir gegenüber argwöhnisch sei. Du hast kein Selbstvertrauen und stellst dir vor, daß deine Brüder auch kein Vertrauen zu dir haben. Satan hält dir oft die Vergangenheit vor Augen und sagt dir, daß der Versuch, die Wahrheit auszuleben, für dich zwecklos sei. Der Weg sei zu schmal für dich. Du bist überwunden. Jetzt ist Satan durch deinen sündigen Wandel im Vorteil und will dich glauben machen, du habest die Erlösung verpaßt. Sch1 181.1
Du hast dich auf dem Kampffeld Satans in einen folgenschweren Streit eingelassen. Du hast die Schranke, die um jede Familie gezogen ist und die sie heiligt, niedergerissen. Jetzt quält dich Satan nahezu ununterbrochen. Ja, du kommst gar nicht mehr zur Ruhe. Du hast deinen Frieden verloren und versuchst nun, deine Brüder für deine widerstreitenden Gefühle, für deine Zweifel und Besorgnisse verantwortlich zu machen. Du meinst, daß sie nicht recht handeln, wenn sie dir keine Aufmerksamkeit schenken. Das liegt jedoch an dir selbst. Du willst deinen eigenen Weg gehen und beugst dein Herz nicht vor Gott, um dich gebrochen und zerknirscht, völlig zerschlagen und sündenbefleckt auf seine Gnade zu werfen. Wenn du hartnäckig bleibst, werden deine Bemühungen, dir selbst zu helfen, dein sicheres Verderben zur Folge haben. Sch1 181.2
Gib dein Mißtrauen und deine Tadelsucht auf! Lenke deine Aufmerksamkeit auf dich selbst, und rette deine eigene Seele durch demutsvolle Reue, indem du dich allein auf das Blut Christi verläßt! Leiste eine gründliche Arbeit für die Ewigkeit! Wenn du dich von der Wahrheit abwendest, bist du verloren und auch deine Familie ist zugrunde gerichtet. Nachdem alle Schutzmauern, die die Unantastbarkeit und die Segnungen eurer Familienbande heilig wahrten, niedergerissen wurden, ist es schwierig, sie wieder zu errichten. Aber in der Kraft Gottes und nur allein in seiner Kraft kannst du es erreichen. Wahrheit, heilige Wahrheit, sei dein Anker; er vermag dich davor zu bewahren, daß du in der verhängnisvollen Strömung dem Verbrechen und Verderben entgegengetrieben wirst. Sch1 182.1
Ein einmal verletztes Gewissen ist stark geschwächt. Es braucht die Kraft, die aus steter Wachsamkeit und unaufhörlichem Gebet erwächst. Du stehst auf unsicherem Boden und bist auf all die Kraft angewiesen, die die Wahrheit dir bieten kann, um dich zu festigen und vor dem völligen Zusammenbruch zu retten. Die Entscheidung zwischen ewigem Leben und ewigem Tod liegt in deiner Hand! Was wirst du wählen? Hättest du aus Notwendigkeit nach bestimmten Grundsätzen und nicht so impulsiv gehandelt und ließest du dich nicht so schnell entmutigen, sondern sähest den Schwierigkeiten gerüstet entgegen, wärst du nicht unterlegen, wie es geschehen ist. Du hast aus plötzlichem Antrieb gehandelt. Du warst nicht bereit, wie unser vollkommenes Vorbild, den Widerspruch der Sünder gegen dich selbst zu erdulden. Wir werden ermuntert, uns seiner zu erinnern, damit unser Gemüt nicht müde und zaghaft werde. Schon als Kind warst du schwach und hattest keine Kraft zur Ausdauer. Du hast nicht das Bedürfnis empfunden, im Glauben gegründet, gestärkt, gefestigt und überzeugt zu sein. Sch1 182.2