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Patriarchen und Propheten

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    Kapitel 63: David und Goliath

    Als König Saul erkannte, daß Gott ihn verworfen hatte, und als er die Gültigkeit der drohenden Ankündigung des Propheten erfaßte, überkam ihn Empörung und Verzweiflung. Dieses stolze Königshaupt beugte keine wirkliche Reue. Er hatte gar keine klare Vorstellung von der beleidigenden Wesensart seiner Sünde und raffte sich auch nicht zu einer Lebensänderung auf. Vielmehr brütete er über Gottes vermeintlicher Ungerechtigkeit, der ihn als König absetzte und seinen Nachkommen die Thronfolge entzog. Fortwährend beschäftigte er sich mit dem Gedanken, den Sturz seines Hauses zu verhindern. Er meinte, die im Kampf gegen den Feind bewiesene Tapferkeit müsse seinen Ungehorsam wieder wettmachen. Er vermochte Gottes Züchtigung nicht in Demut hinzunehmen; vielmehr schlug sein Hochmut in Verzweiflung um, bis er am Rande des Wahnsinns stand. Seine Ratgeber legten ihm nahe, nach einem begabten Musikanten suchen zu lassen, in der Hoffnung, die besänftigenden Töne eines wohlklingenden Instrumentes könnten seinen gestörten Geist beruhigen. Nach Gottes Vorsehung brachte man David als tüchtigen Harfenspieler vor den König. Seine beseelten, himmlisch inspirierten Weisen hatten die gewünschte Wirkung. Die Schwermut, die Sauls Gemüt verdüsterte, schwand.PP 624.1

    Wenn man David am Hofe Sauls nicht brauchte, kehrte er zu den Herden in die Berge zurück und führte dort wieder sein einfaches Leben. Sobald es wieder nötig war, rief man ihn, um vor dem gequälten König zu spielen und ihn zu beruhigen, bis der böse Geist von ihm wich. Aber obwohl Saul an David und seiner Musik Freude hatte, ging der junge Hirte stets mit einem Gefühl der Erleichterung heim.PP 624.2

    David nahm zu an Gnade bei Gott und den Menschen. Er war in den Wegen des Herrn unterwiesen worden und nahm sich jetzt vor, Gottes Willen besser als bisher zu erfüllen. Er hatte ja auch über neue Aufgaben nachzusinnen. Am Hofe des Königs bekam er etwas von der Verantwortung des Herrscheramtes zu sehen. Er entdeckte einige Versuchungen, die Saul bedrängten, und durchschaute ein wenig die Geheimnisse seines Charakters und Verhaltens. Er merkte, den Glanz der Königswürde überschatteten dunkle Sorgenwolken, und wußte, Sauls Familienleben war keineswegs glücklich. All das beunruhigte ihn, der bereits zum König über Israel gesalbt worden war. Aber wenn er in tiefes Nachdenken versank und von unruhigen Vorstellungen geplagt wurde, griff er zur Harfe. Er entlockte ihr Töne, die seine Gedanken auf den Urheber alles Guten lenkten und die beängstigenden Zukunftsbilder bannten. Gott lehrte David gläubiges Vertrauen. Wie er Mose für seine Aufgaben befähigte, so bereitete der Herr den Sohn Isais sorgfältig zum Führer seines erwählten Volkes vor. Bei der Betreuung der Herden lernte David, die Fürsorge des großen Hirten für die Schafe seiner Weide zu verstehen.PP 624.3

    Die einsamen Hügel und wilden Bergschluchten, wo David mit seinen Tieren umherwanderte, waren Schlupfwinkel von mancherlei Raubtieren. Nicht selten brach der Löwe aus dem Dickicht am Jordan oder der Bär von seinem Lager in den Bergen hervor, wild vor Hunger, und griff die Herden an. Der damaligen Zeit entsprechend war David nur mit Schleuder und Hirtenstab bewaffnet. Doch schon in früher Jugend bewies er Kraft und Mut, wenn er das ihm anvertraute Vieh schützen mußte. In einer späteren Beschreibung dieser Abenteuer sagte er: “Kam dann ein Löwe oder ein Bär und trug ein Schaf weg von der Herde, so lief ich ihm nach, schlug auf ihn ein und errettete es aus seinem Maul. Wenn er aber auf mich losging, ergriff ich ihn bei seinem Bart und schlug ihn tot.” 1.Samuel 17,34.35. Derartige Erlebnisse verlangten David manche Mutprobe ab und ließen ihn beherzt und tapfer werden.PP 625.1

    Schon ehe David an den Hof Sauls berufen wurde, war er durch seine Taten der Tapferkeit aufgefallen. Der Offizier, der den König auf ihn aufmerksam machte, rühmte von ihm, er sei “ein tapferer Mann und tüchtig zum Kampf, verständig in seinen Reden”, und fügte hinzu: “Der Herr ist mit ihm.” 1.Samuel 16,18.PP 625.2

    Als Israel den Philistern den Krieg erklärte, traten drei Söhne Isais unter Saul ins Heer ein; David blieb zu Hause. Einige Zeit später besuchte er das Heerlager Sauls. Im Auftrage des Vaters sollte er seinen älteren Brüdern Nachricht und Verpflegung bringen und feststellen, ob sie noch gesund und wohlauf seien. Aber ohne daß Isai es wußte, war der junge Hirt mit einer weit größeren Aufgabe betraut worden. Israels Kämpfer waren in Gefahr, und ein Engel hatte David befohlen, sein Volk zu retten.PP 625.3

    Als David in die Nähe des Lagers kam, hörte er Tumult, als ob ein Gefecht bevorstünde. “Das Heer ... war ausgezogen und hatte sich aufgestellt zum Kampf, und sie erhoben das Kriegsgeschrei.” 1.Samuel 17,20. Die Israeliten und Philister standen sich in Schlachtordnung gegenüber. David lief zu den Soldaten und begrüßte seine Brüder. Während er noch mit ihnen sprach, trat Goliath, der Held der Philister, hervor. Er verspottete Israel mit beleidigenden Worten und forderte sie wiederholt auf, einen Mann aus ihren Reihen zum Zweikampf zu stellen. David sah, wie sehr sich alle davor fürchteten. Als er gar erfuhr, daß der Hohn des Philisters ihnen Tag für Tag entgegenschlug, ohne daß sich auch nur ein Kämpfer fand, der den Prahler zum Schweigen brachte, geriet sein Blut in Wallung. Er brannte vor Eifer, die Ehre des lebendigen Gottes und den guten Ruf seines Volkes zu retten.PP 626.1

    Die Israeliten waren niedergedrückt. Ihr Mut sank immer mehr. Man hörte sie untereinander reden: “Habt ihr den Mann heraufkommen sehen? Er kommt herauf, um Israel hohnzusprechen.” Schamrot vor Erregung rief David: “Wer ist dieser unbeschnittene Philister, der das Heer des lebendigen Gottes verhöhnt?” 1.Samuel 17,25.26.PP 626.2

    Als Davids ältester Bruder Eliab das hörte, konnte er sich gut in die Gefühle des jungen Mannes versetzen. David hatte schon als Hirt Mut und Kühnheit bewiesen, wie man sie nur selten sah. Der geheimnisvolle Besuch Samuels im Hause ihres Vaters und sein stillschweigender Aufbruch hatten bei den Brüdern schon damals Argwohn über dessen wirkliche Absichten geweckt. Als sie gar sehen mußten, wie David vor ihnen ausgezeichnet wurde, regte sich ihre Eifersucht, und sie behandelten ihn in mancher Beziehung nicht so freundlich, wie seine Lauterkeit und brüderliche Liebe es verdienten. In ihren Augen war er ein Grünschnabel, dessen bloße Frage Eliab wie Kritik an seiner eigenen Feigheit vorkam, weil er nicht einmal den Versuch machte, den Philisterriesen zum Schweigen zu bringen. Ärgerlich rief der ältere Bruder: “Warum bist du hergekommen? Und wem hast du die wenigen Schafe dort in der Wüste überlassen? Ich kenne deine Vermessenheit wohl und deines Herzens Bosheit. Du bist nur hergekommen, um dem Kampf zuzusehen.” Höflich, aber bestimmt antwortete David: “Was hab ich denn getan? Ich habe doch nur gefragt!” 1.Samuel 17,28.29. Man berichtete dem König die Worte Davids, und der ließ den jungen Mann zu sich kommen. Überrascht lauschte er dem Hirten, der zu ihm sagte: “Seinetwegen lasse keiner den Mut sinken; dein Knecht wird hingehen und mit diesem Philister kämpfen.” 1.Samuel 17,32. Saul versuchte, David von seinem Vorhaben abzubringen, aber der junge Mann war nicht zu bewegen. Schlicht und bescheiden erzählte er von seinen Erlebnissen beim Hüten der väterlichen Herden und fügte hinzu: “Der Herr, der mich von dem Löwen und Bären errettet hat, der wird mich auch erretten von diesem Philister.” Da sprach Saul zu David: “Geh hin, der Herr sei mit dir!” 1.Samuel 17,37.PP 626.3

    Vierzig Tage lang zitterte Israels Heer schon vor der hochmütigen Herausforderung des riesigen Philisters. Ihnen stockte das Herz, wenn sie diese mächtige Gestalt von “sechs Ellen und einer Handbreit” Größe vor sich sahen. Er trug einen Helm von Erz, einen Schuppenpanzer von fünftausend Lot Gewicht, die wie Fischschuppen übereinander lagen und so dicht gefügt waren, daß kein Speer oder Pfeil die Rüstung durchbohren konnte. Auf seinen Schultern trug er einen gewaltigen Wurfspieß oder eine Lanze, ebenfalls aus Erz. “Der Schaft seines Spießes war wie ein Weberbaum, und die eiserne Spitze seines Spießes wog sechshundert Lot, und sein Schildträger ging vor ihm her.” 1.Samuel 17,5-7.PP 627.1

    So stellte sich Goliath jeden Morgen und Abend vor das Lager der Israeliten und rief mit lauter Stimme: “Was seid ihr ausgezogen, euch zum Kampf zu rüsten? Bin ich nicht ein Philister und ihr Sauls Knechte? Erwählt einen unter euch, der zu mir herabkommen soll. Vermag er gegen mich zu kämpfen und erschlägt er mich, so wollen wir eure Knechte sein; vermag ich aber über ihn zu siegen und erschlage ich ihn, so sollt ihr unsere Knechte sein und uns dienen.” Der Philister schloß frech: “Ich habe heute dem Heere Israels hohngesprochen, als ich sagte: Gebt mir einen Mann und laßt uns miteinander kämpfen.” 1.Samuel 17,8-10.PP 627.2

    Wohl durfte David mit Sauls Erlaubnis Goliaths Herausforderung annehmen, aber im Grunde hatte der König nur wenig Hoffnung, daß dieses mutige Unternehmen Erfolg haben würde. Deshalb befahl er, dem Jüngling seine eigene Waffenrüstung anzulegen. Man setzte ihm den schweren erzenen Helm auf, legte ihm den Schuppenpanzer an und begürtete ihn mit dem Schwert des Monarchen. So ausgerüstet, machte David sich auf den Weg. Aber er kehrte bald um. Der erste Gedanke bei den besorgten Zuschauern war: Er wagt es doch nicht, sein Leben im Kampf gegen einen solch ungleichen Gegner aufs Spiel zu setzen. Aber derartiges dachte der tapfere junge Mann überhaupt nicht. Er kam nur zurück, weil er Saul bitten wollte, die schwere Rüstung ablegen zu dürfen: “Ich kann so nicht gehen, denn ich bin’s nicht gewohnt.” 1.Samuel 17,39. Er zog sie aus und ergriff statt dessen nur seinen Stab, seine Hirtentasche und eine einfache Schleuder. Aus dem Bach suchte er sich fünf glatte Steine, verwahrte sie in der Tasche und trat mit der Schleuder in der Hand dem Philister entgegen. Hinter seinem Waffenträger trat der Riese mit großen Schritten heran, da er dem stärksten Kriegsmann Israels gegenüber zu treten meinte, und schaute drein, als könnte ihm niemand widerstehen. Da erblickte er David, einen jungen Mann, den man fast noch einen Knaben nennen konnte. David sah frisch, gesund und wohlgestaltet aus und war von keiner Rüstung behindert. Gerade das sollte vorteilhaft für ihn sein. Größere Gegensätze als seine jugendliche Gestalt und den riesigen Philister konnte man sich nicht denken.PP 627.3

    Überrascht und wütend rief Goliath: “Bin ich denn ein Hund, daß du mit Stecken zu mir kommst?” Er überschüttete David mit den schrecklichsten Flüchen bei allen Göttern, die er kannte. Voll Hohn schrie er: “Komm her zu mir, ich will dein Fleisch den Vögeln unter dem Himmel geben und den Tieren auf dem Felde.” 1.Samuel 17,43.44.PP 628.1

    Aber David ließ sich von dem Kämpen der Philister nicht einschüchtern. Er lief auf ihn zu und rief: “Du kommst zu mir mit Schwert, Lanze und Spieß, ich aber komme zu dir im Namen des Herrn Zebaoth, des Gottes des Heeres Israels, den du verhöhnt hast. Heute wird dich der Herr in meine Hand geben, daß ich dich erschlage und dir den Kopf abhaue und gebe deinen Leichnam und die Leichname des Heeres der Philister heute den Vögeln unter dem Himmel und dem Wild auf der Erde, damit alle Welt innewerde, daß Israel einen Gott hat, oder damit diese ganze Gemeinde innewerde, daß der Herr nicht durch Schwert oder Spieß hilft; denn der Krieg ist des Herrn, und er wird euch in unsere Hände geben.” 1.Samuel 17,45-47.PP 628.2

    Davids Sprache verriet keinerlei Furcht, und aus seinen klaren Zügen leuchtete Siegeszuversicht. Der Wind trug die mit deutlicher, klangvoller Stimme gerufenen Worte hinüber, so daß Tausende der aufhorchenden Kriegsleute sie genau vernahmen. Goliaths Zorn stieg aufs höchste. In seiner Wut schob er den schützenden Helm zurück und stürmte vorwärts, um sich an seinem Gegner zu rächen. Isais Sohn aber war vorbereitet. “Als sich nun der Philister aufmachte und daherging und sich David nahte, lief David eilends von der Schlachtreihe dem Philister entgegen. Und David tat seine Hand in die Hirtentasche und nahm einen Stein daraus und schleuderte ihn und traf den Philister an die Stirn, daß der Stein in seine Stirn fuhr und er zur Erde fiel auf sein Angesicht.” 1.Samuel 17,48.49.PP 629.1

    Die Überraschung war auf beiden Seiten gleich groß. Alle waren fest überzeugt gewesen, David würde erschlagen. Aber kaum war der Stein durch die Luft geradewegs auf sein Ziel gesaust, da sahen sie den mächtigen Kriegsmann auch schon schwanken und seine Hände ausstrecken, als sei er plötzlich blind geworden. Der Riese taumelte und stürzte wie eine gefällte Eiche zu Boden. David zögerte keinen Augenblick. Er sprang auf die im Staube liegende Gestalt zu und packte Goliaths Schwert mit beiden Händen. Kurz zuvor hatte der Riese noch geprahlt, er werde damit dem jungen Mann den Kopf abschlagen und seinen Leib den Vögeln unter dem Himmel zum Fraß geben. Nun schwang David das Schwert durch die Luft, und im nächsten Augenblick rollte das Haupt des Prahlers in den Staub. Jubelgeschrei erhob sich im Lager Israels.PP 629.2

    Die Philister aber waren entsetzt, und ihre Verwirrung löste eine übereilte Flucht aus. Das Triumphgeschrei der Hebräer hallte von den Bergen wider, als sie sich auf die fliehenden Feinde stürzten; und sie “jagten den Philistern nach, bis nach Gath und bis an die Tore Ekrons. Und die Philister blieben erschlagen liegen auf dem Wege von Schaarajim bis nach Gath und Ekron. Und die Kinder Israel kehrten um von der Verfolgung der Philister und plünderten ihr Lager. David aber nahm des Philisters Haupt und brachte es nach Jerusalem, seine Waffen aber legte er in sein Zelt.” 1.Samuel 17,52-54.PP 629.3

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