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    Kapitel 3 - Reue Und Umkehr

    *****

    Wie kann ein Mensch rechtschaffen sein vor Gott?” (Hiob 9,2) Wie kann aus einem Sünder ein Gerechter werden? Christus ist der einzige Weg, durch den die Harmo nie mit Gott, mit der Heiligkeit, wiederhergestellt werden kann. Aber wie können wir zu Christus finden? Viele stellen heute die gleiche Frage wie die Menge damals zu Pfingsten, als die Menschen - übermannt vom Bewusstsein ihrer Sün de - ausriefen: „Was sollen wir tun?” Als ersten Punkt nennt Petrus in seiner Antwort: „Tut Buße!” (Apostelgeschichte 2,37.38) Wenig später sagte er bei einer anderen Gelegenheit: „So tut nun Buße und bekehrt euch, dass eure Sünden ausgetilgt werden.” (Apostelgeschichte 3,19)RW 29.1

    Zur Buße gehört, dass man traurig und bekümmert über seine Sünde ist und sich bewusst von ihr abwendet. Wir werden die Sünde erst aufgeben, wenn wir ihr wahres Wesen verstanden haben. Solange wir uns nicht wirklich innerlich von ihr trennen, wird es keine echte Veränderung in unserem Leben geben.RW 29.2

    Viele Menschen verstehen nicht, was echte Buße bedeutet. Sehr häufig bedauern sie ihre sündigen Taten und ändern nach außen hin sogar ihr Verhalten, weil sie befürchten, dass ihr Fehlverhalten Leid über sie bringen könnte. Aber das ist keine Buße, wie die Bibel sie versteht. Sie beklagen zwar die negativen Konsequenzen ihres Handelns, aber nicht die Sünde an sich. Genau das passierte im Leben von Esau. Er war enttäuscht und verletzt, als ihm bewusst wurde, dass er sein Erstgeburtsrecht für immer verspielt hatte. Ebenso Bileam: Der Engel, der sich ihm mit gezücktem Schwert in den Weg gestellt hatte, versetzte ihn in Angst und Schrecken, und so bekannte er seine Schuld - einfach, weil er um sein Leben fürchtete. Aber er empfand keine echte Reue für seine Sünde, es kam zu keiner Neuorientierung in seinem Leben, und er verspürte keine Abscheu gegenüber dem Bösen. Das nächste Beispiel betrifft Judas Ischariot. Nachdem er seinen Herrn verraten hatte, rief er aus: „Ich habe gesündigt, dass ich unschuldiges Blut verraten habe!” (Matthäus 27,4)RW 29.3

    Es war das schreckliche Gefühl der drohenden Verdammnis, die angsterfüllte Erwartung des Gerichts, die seiner schuldbeladenen Seele dieses Bekenntnis abgerungen hatte. Die zu erwartenden Konsequenzen seiner Tat erfüllten ihn mit panischer Angst, aber es fehlte der tief empfundene, herzzerreißende ehrliche Kummer darüber, dass er den schuldlosen Sohn Gottes verraten und den Heiligen Israels verleugnet hatte. Im letzten Beispiel denken wir an Pharao. Als er die Gerichte Gottes erleiden musste, bekannte er seine Sünde, um weiteren Strafgerichten zu entgehen. Doch immer wenn den Plagen Einhalt geboten war, bot er dem Himmel wieder wie vorher trotzig die Stirn. All die genannten Personen beklagten die Folgen ihrer Sünde, aber sie trauerten nicht über die Sünde an sich.RW 30.1

    Wenn ein Mensch im Gegensatz dazu sein Herz dem Einfluss des Heiligen Geistes öffnet, erwacht sein Gewissen, und der Sünder fängt an, die Tiefe und Heiligkeit des Gesetzes Gottes zu erfassen. Dieses Gesetz ist die Grundlage der göttlichen Regierung, welche Himmel und Erde umfasst. Das „wahre Licht, welches jeden Menschen erleuchtet” (Johannes 1,9), erhellt die geheimen Ecken unseres Herzens und bringt die im Dunkeln verborgenen Dinge ans Licht. Die Erkenntnis der eigenen Schuld erfasst Herz und Verstand. Der Sünder be kommt ein Gespür für die Gerechtigkeit Jahwes und wird bei der Vorstellung, in seinem schuldbeladenen und unreinen Zustand vor dem erscheinen zu müssen, der die Herzen erforscht, von Furcht überwältigt. Er erkennt die Liebe Gottes, die Schönheit der Heiligkeit, die Freude der Reinheit und sehnt sich danach, wieder gereinigt und in die Gemeinschaft mit dem Himmel zurückgeführt zu werden.RW 30.2

    Ein Beispiel dafür, wie echtes Bedauern über die Sünde aussieht, finden wir im Gebet Davids nach seinem Fehltritt. Seine Reue kam aus tiefstem, aufrichtigem Herzen. Er versuchte erst gar nicht, seine Schuld zu beschönigen, und sein Gebet entsprang auch nicht dem Wunsch, dem angedrohten Gericht zu entkommen. David war sich der Ungeheuerlichkeit seiner Gesetzesübertretung bewusst. Er sah, wie beschmutzt seine Seele war, und verabscheute seine sündige Tat. Er betete nicht nur um Vergebung der Sünde, sondern um Reinheit des Herzens. Er sehnte sich danach, wieder die Freude eines heiligen Zustands zu erleben, mit Gott im Einklang zu stehen und Gemeinschaft mit ihm zu pflegen. Die tiefsten Gefühle seines Herzens kleidete er in folgende Worte:RW 31.1

    „Freuen dürfen sich alle, denen Gott ihr Unrecht vergeben und ihre Verfehlungen zugedeckt hat! Freuen dürfen sich alle, denen der Herr die Schuld nicht anrechnet und deren Gewissen nicht mehr belastet ist!” (Psalm 32,1.2 GNB)RW 31.2

    „Gott, du bist reich an Liebe und Güte; darum erbarme dich über mich, vergib mir meine Verfehlungen! ...RW 31.3

    Ich weiß, ich habe Unrecht getan, meine Fehler stehen mir immer vor Augen. ...RW 31.4

    Nimm meine Schuld von mir, dann werde ich rein! Wasche mich, dann werde ich weiß wie Schnee! ...RW 31.5

    Gott, schaffe mich neu: Gib mir ein Herz, das dir völlig gehört, und einen Geist, der beständig zu dir hält. Vertreibe mich nicht aus deiner Nähe, entzieh mir nicht deinen Heiligen Geist! Mach mich doch wieder froh durch deine Hilfe und gib mir ein gehorsames Herz! ...RW 31.6

    Gott, du bist mein Retter! Ich habe den Tod verdient, aber verschone mich! Dann werde ich laut deine Treue preisen” (Psalm 51,316 GNB).RW 32.1

    Eine solche Reue kann kein Mensch aus eigener Kraft hervorbringen. Nur Christus kann sie schenken, der „emporgestiegen ist zur Höhe ... und den Menschen Gaben gegeben hat” (Epheser 4,8).RW 32.2

    Genau an diesem Punkt entwickeln viele Menschen falsche Vorstellungen und verpassen so die Hilfe, die Christus ihnen so gern anbieten möchte. Sie denken, sie könnten erst zu Christus kommen, nachdem sie ihre Sünde bereut haben - dass also ihre Reue den Weg für die Sündenvergebung bahnt. Natürlich stimmt es, dass vor der Vergebung die Reue kommen muss. Denn nur ein zerbrochenes und reumütiges Herz spürt, dass es einen Erlöser braucht. Heißt das aber, dass der Sünder warten muss, bis er bereut hat, bevor er zu Jesus kommen kann? Darf die Frage nach der Reue zu einer Hürde werden, die zwischen dem Sünder und dem Erlöser steht?RW 32.3

    Die Bibel lehrt an keiner Stelle, dass der Sünder Reue zeigen muss, bevor er der Einladung Christi Folge leisten kann. Sie sagt vielmehr: „Kommt alle her zu mir, die ihr euch abmüht und unter eurer Last leidet! Ich werde euch Ruhe geben.” (Matthäus 11,28 HFA) Es ist Christus, der echte Reue und Umkehr bewirkt. In seiner Aussage vor dem jüdischen Hohen Rat machte Petrus diese Tatsache klar: „Diesen [Jesus] hat Gott zum Fürsten und Retter zu seiner Rechten erhöht, um Israel Buße und Vergebung der Sünden zu gewähren.” (Apostelgeschichte 5,31) Ohne den Geist Christi, der unser Gewissen wachrüttelt, können wir genauso wenig echte Reue empfinden, wie wir ohne Christus Vergebung empfangen können.RW 32.4

    Jeder positive Impuls hat seinen Ursprung in Christus. Er ist der Einzige, der unsere Herzen mit Abscheu vor der Sünde erfüllt. Jedes Verlangen nach Wahrheit und Reinheit sowie die Erkenntnis unserer eigenen Sündhaftigkeit sind ein Beweis, dass sein Geist an unserem Herzen wirkt.RW 32.5

    Jesus sagte: „Ich aber werde von der Erde erhöht werden, und dann werde ich alle zu mir ziehen.” (Johannes 12,32 GNB) Zuerst muss dem Sünder Christus als der Erlöser offenbart werden, der für die Sünden der Welt gestorben ist. Wenn wir Christus, das Lamm Gottes, vor unserem inneren Auge dort am Kreuz hängen sehen, beginnt sich dieses Geheimnis der Erlösung langsam in unserem Bewusstsein zu entfalten, und die Güte Gottes führt uns zur Reue. Indem Christus anstelle der Sünder starb, offenbarte er eine Liebe, die unser Fassungsvermögen bei Weitem übersteigt. Und indem der Sünder über diese Liebe nachdenkt, erweicht sie sein Herz, beeindruckt seinen Verstand und weckt tiefe Reue.RW 33.1

    Es stimmt, dass sich Menschen manchmal für ihr sündiges Verhalten schämen und einige ihrer schlechten Gewohnheiten aufgeben, noch bevor ihnen bewusst ist, dass Christus dabei um sie wirbt. Aber wann immer ein Mensch sich darum bemüht, Dinge in seinem Leben zum Positiven zu verändern - einfach weil er sich aufrichtig danach sehnt, das Richtige zu tun - dann ist die Macht Christi die treibende Kraft dahinter. Ohne dass der Mensch sich dessen bewusst ist, steht seine Seele unter diesem Einfluss. Das Gewissen wird sensibilisiert, und das äußere Verhalten verändert sich zum Positiven. Wenn Christus den Blick des Menschen auf das Kreuz lenkt, damit er den erblickt, der wegen seiner Sünden durchbohrt wurde, erwacht sein Gewissen, und ihm wird die Bedeutung der Gebote Gottes klar. Die ganze Gottlosigkeit seines bisherigen Lebens, die tief in seiner Seele verwurzelte Sünde steht ihm deutlich vor Augen. Er beginnt langsam zu begreifen, worum es bei der Gerechtigkeit Christi geht, und ruft aus: „Wie schrecklich ist doch die Sünde, dass ein solches Opfer für die Errettung derer, die unter ihre Knechtschaft geraten sind, erforderlich war! War wirklich all diese Liebe, all dieses Leiden, all diese Erniedrigung notwendig, damit wir ewiges Leben erlangen können und nicht zugrunde gehen müssen?”RW 33.2

    Der Sünder kann sich gegen diese Liebe wehren und sich weigern, sich zu Christus ziehen zu lassen. Aber wenn er sich ihr nicht widersetzt, wird er zu Jesus hingezogen werden. Wenn er die Bedeutung des Erlösungsplans erkennt, wird ihn dies voller Reue über seine Sünden, die das Leiden des geliebten Gottessohnes verursacht haben, zum Fuß des Kreuzes führen.RW 34.1

    Derselbe göttliche Geist, der überall in der Natur wirksam ist, spricht auch zu den Herzen der Menschen und weckt in ihnen eine unaussprechliche Sehnsucht nach etwas, was ihnen fehlt. Dieses Verlangen kann nicht durch irgendwelche Angebote dieser Welt gestillt werden. Sie spüren das intensive Drängen des Heiligen Geistes, nach den Dingen zu streben, die wirklich Frieden und Ruhe geben können - nämlich die Gnade Christi und die Freude eines heiligen Lebens. Auf sichtbare und unsichtbare Weise übt Christus unaufhörlich seinen Einfluss aus, um das Denken der Menschen von den unbefriedigenden Vergnügungen der Sünde weg auf die unermesslichen Segnungen zu lenken, die sie erwarten, wenn sie sich für ihren Erlöser entscheiden. An alle Menschen, die vergeblich versuchen, aus den brüchigen Zisternen dieser Welt ihren Durst zu stillen, ergeht der göttliche Ruf: „Wer durstig ist, soll kommen! Und wer von dem Wasser des Lebens trinken will, wird es geschenkt bekommen!” (Offenbarung 22,17 GNB)RW 34.2

    Wenn du dich tief in deinem Herzen nach etwas Besserem sehnst, als es diese Welt dir bieten kann, dann mach dir bewusst, dass diese Sehnsucht die Stimme Gottes ist, die zu deinem Inneren spricht! Bitte ihn, dass er dir Reue schenkt und dir Christus in seiner unendlichen Liebe und vollkommenen Reinheit offenbart. Im Leben des Erlösers wurden die Grundsäulen des Gesetzes Gottes - nämlich Liebe zu Gott und zum Menschen - auf vollkommene Weise veranschaulicht. Anderen in selbstloser Liebe Gutes zu tun - hierin ging er völlig auf. Wenn wir ihn und sein Leben betrachten und das von unserem Erlöser ausgehende Licht auf uns fällt, wird uns die Sündhaftigkeit unseres eigenen Herzens bewusst.RW 34.3

    Vielleicht haben wir uns - ähnlich wie Nikodemus - bisher eingebildet, dass unser Lebenswandel doch ganz in Ordnung und an unserem Charakter nichts auszusetzen sei. Wir meinten, dass für uns keine Notwendigkeit bestehe, unser Herz wie jeder andere Sünder vor Gott zu demütigen. Aber wenn das Licht Christi in unser Herz strahlt, sehen wir plötzlich, dass wir alles andere als rein sind. Uns wird bewusst, wie selbstsüchtig unsere Motive sind und wie jede Handlung unseres Lebens von der Feindschaft gegen Gott geprägt und verunreinigt ist. Auf diese Weise erkennen wir, dass unsere eigene Gerechtigkeit in Wirklichkeit nur schmutzigen Lumpen gleicht und uns allein das Blut Christi von der Verunreinigung durch die Sünde reinwaschen kann. Er allein erneuert unser Herz und macht uns ihm ähnlich.RW 35.1

    Ein einziger Lichtstrahl der Herrlichkeit Gottes, nur ein Schimmer der Reinheit Christi, der die Seele durchdringt, macht auf schmerzliche Weise jeden kleinsten Fleck der Verunreinigung sichtbar und legt die Fehlentwicklungen und Mängel des menschlichen Charakters bloß. Unsere unheiligen Wünsche, die Treulosigkeit des Herzens, unsere unreine Sprache - alles wird offengelegt. Wenn der Sünder Gott gegenüber nicht loyal war und so Gottes Gesetz in Misskredit gebracht hat, wird ihm das deutlich vor Augen geführt. Der durchdringende Einfluss des Geistes Gottes öffnet ihm die Augen, und der Mensch ist zutiefst betroffen und betrübt. Er verachtet sich selbst, wenn er den reinen, makellosen Charakter Christi betrachtet.RW 35.2

    Als ein Bote aus dem Himmel zu Daniel gesandt wurde und der Prophet die ihn umgebende strahlende Herrlichkeit sah, wurde er vom Bewusstsein seiner eigenen Schwäche und Unvollkommenheit überwältigt. Er beschreibt die Wirkung, die diese unglaubliche Szene auf ihn hatte, folgendermaßen: „Da verließen mich alle meine Kräfte, ich wurde kreidebleich und konnte mich kaum noch aufrecht auf meinen Beinen halten.” (Daniel 10,8 HFA) Wenn jemand so in seinem tiefsten Inneren berührt wird, verabscheut er seinen eigenen Egois mus und seine Selbstverliebtheit und wird danach streben, mithilfe der Gerechtigkeit Christi eine Reinheit des Herzens zu erlangen, die im Einklang mit dem göttlichen Gesetz und dem Charakter Christi steht.RW 35.3

    Der Apostel Paulus schrieb, dass er im Hinblick auf die vom Gesetz geforderte Gerechtigkeit, an seinen äußerlichen Taten gemessen, „untadelig” war (Philipper 3,6). Aber erst als er die geistliche Dimension und den eigentlichen Sinn des Gesetzes erkannte, wurde ihm bewusst, dass er ein Sünder war. Gemessen am Buchstaben des Gesetzes und an der Art, wie Menschen es gewöhnlich auf das äußerlich Sichtbare anwenden, hatte er sich nichts zuschulden kommen lassen. Aber als er der tiefen Bedeutung der heiligen Gebote auf den Grund ging und sich selbst mit den Augen Gottes betrachtete, musste er sich voller Scham vor Gott beugen und seine Schuld eingestehen. Er schrieb: „Ich lebte einst ohne das Gesetz; aber als das Gebot kam, wurde die Sünde lebendig, ich dagegen starb.” (Römer 7,9) Erst als ihm die geistliche Dimension des Gesetzes deutlich wurde, erkannte er die Sünde in ihrer wahren Abscheulichkeit, und seine Selbstgefälligkeit verschwand.RW 36.1

    In Gottes Augen haben nicht alle Sünden dasselbe Gewicht. Wie es auch bei uns Menschen der Fall ist, schätzt Gott den Schweregrad einer Schuld unterschiedlich ein. Aber unabhängig davon, wie unbedeutend die eine oder andere Tat in den Augen der Menschen erscheinen mag, gibt es aus Gottes Sicht keine geringfügigen Sünden. Das Urteilsvermögen des Menschen ist einseitig und unvollkommen. Gott jedoch kann alle Dinge in ihrem wahren Licht beurteilen. Dem Säufer schlägt aus der Gesellschaft Verachtung entgegen, und man behauptet, seine Sünde werde ihm den Zutritt zum Himmel verwehren. Gleichzeitig geht man über Sünden wie Stolz, Egoismus, Neid und Habgier hinweg, ohne sie zu tadeln. Aber in Gottes Augen sind dies besonders anstößige Sünden, denn sie stehen im krassen Gegensatz zu seiner liebevollen Güte und zu jener selbstlosen Liebe, die das Wesens merkmal des ungefallenen Universums bildet. Wenn jemand verabscheuungswürdige Sünden auf sich lädt, werden ihm vielleicht die Schande und die Erbärmlichkeit seiner Taten bewusst, und er spürt, wie sehr er die Gnade Christi braucht. Aber der Stolz ist sich keines Mangels bewusst. Wo er herrscht, verschließt sich das Herz Christus gegenüber und ist nicht mehr empfänglich für seine unermesslichen Segnungen, die der Grund seines Kommens waren.RW 36.2

    Jesus erzählt von einem bemitleidenswerten Zolleintreiber, der sich selbst für einen sehr schlechten Menschen hielt. Auch sein Umfeld teilte seine Selbsteinschätzung. Er betete: „Gott, hab Erbarmen mit mir, ich bin ein sündiger Mensch!” (Lukas 18,13 GNB) Er hatte ein Gespür für seine Bedürftigkeit und kam mit seiner ganzen Herzenslast von Schuld und Scham und der Bitte um Erbarmen zu Gott. Sein Herz war für das Wirken des Geistes Gottes offen. Darum konnte dieser sein Werk der Gnade tun und ihn aus der Macht der Sünde befreien. Anders jedoch verhielt es sich mit dem Pharisäer, der anderen Person in dieser Geschichte. Sein selbstgefälliges, überhebliches Gebet zeigte, dass er den Einfluss des Heiligen Geistes innerlich abblockte. Er war weit weg von Gott, und deshalb fehlte ihm die Selbstwahrnehmung in Bezug auf die eigene Verdorbenheit, die in krassem Gegensatz zur Vollkommenheit der göttlichen Heiligkeit stand. Er verspürte keinen Mangel, und deshalb ging er auch leer aus.RW 37.1

    Wenn du deine eigene Sündhaftigkeit erkennst, dann warte nicht, bis du dich selbst zu einem besseren Menschen gemacht hast. Wie viele meinen, sie seien nicht gut genug, um zu Christus zu kommen! Denkst du wirklich, dass du aus eigener Anstrengung heraus deinen Zustand verbessern kannst? Die Bibel sagt dazu: „Kann ein Schwarzer etwa seine Hautfarbe wechseln oder ein Leopard sein geflecktes Fell? Genauso wenig kannst du Gutes tun, der du ans Böse gewöhnt bist!” (Jeremia 13,23 HFA) Unsere einzige Hilfe finden wir bei Gott. Wir dürfen nicht darauf warten, bis unsere Glau bensüberzeugung stärker wird, bessere Gelegenheiten kommen oder wir uns in einer heiligeren Stimmung befinden. Es gibt nichts, was wir aus uns selbst heraus schaffen könnten. Wir müssen zu Christus kommen - so wie wir sind.RW 37.2

    Andererseits sollte sich niemand dem Irrglauben hingeben, dass Gott in seiner großen Liebe und Barmherzigkeit letztendlich sogar die retten wird, die seine Gnade verschmäht haben. Die außerordentliche Verderbtheit der Sünde kann nur im Licht des Kreuzes richtig eingeschätzt werden. Wenn Menschen behaupten, dass Gott zu gütig sei, um den Sünder zu verdammen, sollten sie auf das Geschehen von Golgatha blicken. Der Kreuzestod war notwendig, weil es keinen anderen Weg gab, auf dem ein Mensch gerettet werden konnte. Ohne dieses Opfer gab es für die Menschheit keine Möglichkeit, der zerstörerischen Macht der Sünde zu entrinnen und wieder den ursprünglichen Status zu erlangen, in dem sie mit heiligen Wesen Gemeinschaft haben konnten. Mit anderen Worten, sie waren endgültig aus dem geistlichen Reich Gottes ausgeschlossen - ohne eine Chance der Rückkehr. Aus diesem Grund entschied sich Christus, die Schuld der Ungehorsamen auf sich zu nehmen und an ihrer Stelle die Strafe zu erleiden. Die Liebe des Sohnes Gottes sowie sein Leiden und Sterben sind ein Beweis für das schreckliche Ausmaß der Sünde und ein beredtes Zeugnis für die Tatsache, dass es kein Entrinnen aus ihrer Macht gibt und keine Hoffnung auf ein ewiges Leben, es sei denn, der Mensch unterstellt sich Christus.RW 38.1

    Zuweilen entschuldigen sich Menschen, die nicht bereuen, indem sie über vorgebliche Christen sagen: „Ich bin ein genauso guter Mensch wie diese. Ihr Lebenswandel ist in keiner Weise selbstloser, bescheidener oder gewissenhafter als meiner. Sie lieben das Vergnügen und das zügellose Leben nicht weniger als ich.” Eine solche Argumentation rechtfertigt die eigene Pflichtvergessenheit mit den Fehlern anderer. Aber die Sünden und Versäumnisse anderer können niemals eine ausreichende Entschuldigung sein, denn Gott hat uns nicht ein irrendes menschliches Wesen als Maßstab gegeben. Unser Vorbild ist der makellose Sohn Gottes. Statt sich über das Fehlverhalten von Menschen zu beschweren, die sich rein äußerlich zum Christentum bekennen, sollten die Kritiker es lieber selbst besser machen, indem sie ein wahrhaft christliches Leben führen und damit ein nachahmenswertes Beispiel sind. Wenn sie ihre Messlatte für das, was einen wahren Christen ausmacht, selbst so hoch ansetzen, wird dann nicht ihre eigene Sünde umso größer? Sie wissen genau, was richtig wäre, weigern sich aber, es selbst zu tun.RW 38.2

    Wir sollten uns davor hüten, eine Entscheidung in dieser Sache auf die lange Bank zu schieben. Wir dürfen die notwendigen Schritte nicht hinauszögern. Wir sollten uns von unseren Sünden abwenden und mit der Hilfe Jesu nach einem reinen Herzen streben. Tausende und Abertausende haben schon diesen Fehler begangen und ihr ewiges Leben verscherzt. Auf den Umstand, wie kurz und unvorhersehbar unser Leben ist, will ich hier gar nicht eingehen. Wir stehen jedoch in einer großen Gefahr - einer Gefahr, die oft unterschätzt wird , wenn wir damit warten, der mahnenden Stimme des Heiligen Geistes Gottes nachzugeben, und uns entscheiden, unser sündiges Leben einfach so weiterzuführen. Ein Hinausschieben bedeutet in Wirklichkeit nichts anders als das. Wie unbedeutend und klein eine Sünde auch erscheinen mag, ihr gegenüber die Augen zu verschließen, bedeutet, das Risiko eines unendlichen Verlustes einzugehen. Alles, was wir nicht bezwingen - und sei es die kleinste Sünde - wird am Ende uns besiegen und unser Verderben nach sich ziehen.RW 39.1

    Adam und Eva redeten sich ein, dass eine solch geringfügige Sache wie das Essen der verbotenen Frucht doch nicht derart schreckliche Konsequenzen haben könnte, wie Gott sie angedroht hatte. Aber diese „Kleinigkeit” war nichtsdestoweniger eine Übertretung des unveränderlichen und heiligen göttlichen Gesetzes und führte zu einer Trennung des Men sehen von Gott. Sie öffnete die Schleusen, durch die sich jetzt der Tod und unaussprechliche Leiden über unsere Welt ergossen. Seitdem sind durch alle Zeitalter hindurch die von der Erde zum Himmel dringenden Wehklagen nie mehr verstummt. Die gesamte Schöpfung leidet unter den Konsequenzen des Ungehorsams der Menschen, seufzt und stöhnt „wie eine Frau in den Wehen” (vgl. Römer 8,22). Auch der Himmel selbst bekam die Auswirkungen der menschlichen Rebellion gegen Gott zu spüren. Golgatha steht als Mahnmal für den Preis da, den der Himmel zahlte: das erstaunliche Opfer, das notwendig war, damit die Übertretung des göttlichen Gesetzes gesühnt werden konnte. Deshalb sollten wir Sünde niemals auf die leichte Schulter nehmen.RW 39.2

    Jede kleinste Gesetzesübertretung, jede Geringschätzung oder Zurückweisung der Gnade Christi wirkt sich nachteilig auf uns aus. Das Herz verhärtet sich immer mehr, die Willenskraft wird geschwächt, und unsere Verstandeskräfte werden gelähmt. Wir sind dadurch nicht nur immer weniger geneigt, auf die zärtlich flehende Stimme des Heiligen Geistes Gottes zu hören, sondern irgendwann gar nicht mehr imstande, der Stimme Folge zu leisten.RW 40.1

    Viele versuchen, ein erwachtes Gewissen dadurch zu beruhigen, dass sie sich einreden, sie könnten ja jederzeit, wenn sie wollten, ihren ungläubigen Kurs ändern. Sie meinen, sie könnten mit den Einladungen der Barmherzigkeit leichtfertig umgehen, weil die Stimme des Gewissens sie immer wieder ansprechen wird. Irgendwie haben sie die Vorstellung, dass sie - auch wenn sie sich über den Geist der Gnade hinwegsetzen und sich mit ihrem Einfluss für die Seite Satans stark machen - irgendwann in einem bedrohlichen Moment äußerster Not das Ruder noch herumreißen könnten. Aber so einfach ist das nicht. Die Erziehung und die Erfahrungen einer gesamten Lebenszeit haben im Charakter eines Menschen eine so tiefe Prägung hinterlassen, dass nur sehr wenige dann noch den Wunsch hegen, in das Bild Jesu verwandelt zu werden. Selbst ein einziger negativer Charakterzug oder eine einzige sündige Begierde werden - wenn permanent gepflegt - irgendwann die ganze Kraft des Evangeliums unwirksam werden lassen. Jede Nachgiebigkeit einer Sünde gegenüber lässt die Abneigung des Menschen gegen Gott anwachsen. Wer mit verhärtetem Trotz den Glauben ablehnt oder der göttlichen Wahrheit gegenüber sture Gleichgültigkeit zeigt, wird nur das ernten, was er selbst gesät hat. In der gesamten Bibel findet sich keine schrecklichere Androhung für diejenigen, die mit dem Bösen liebäugeln, als in den Worten des weisen Salomo, mit denen er den Sünder warnt: „Deine Untaten werden dich einholen; deine Sünde wird dir zur Schlinge, in der du dich selber fängst.” (Sprüche 5,22 GNB)RW 40.2

    Christus möchte uns so gern von der Sünde befreien, aber er zwingt niemanden und respektiert den freien Willen. Wenn sich unser Wille durch hartnäckiges Beharren in der Gesetzesübertretung irgendwann vollständig dem Kurs des Bösen verschrieben hat und wir gar nicht den Wunsch verspüren, befreit zu werden, und gar keinen Wert mehr auf seine Gnade legen - was kann er dann noch für uns tun? Wir haben uns durch die entschiedene Zurückweisung seiner Liebe selbst zugrunde gerichtet. „Siehe, jetzt ist die willkommene Zeit, siehe, jetzt ist der Tag des Heils!” „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht!” (2. Korinther 6,2 LUT; Hebräer 3,7.8)RW 41.1

    „Der Mensch sieht auf das, was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz an.” (1. Samuel 16,7) Gott durchschaut das menschliche Herz mit all seinen zwiespältigen Gefühlen der Freude und des Schmerzes - das unstete und widerspenstige Herz, in dem sich so viel Unreinheit und Falschheit breit gemacht haben. Gott kennt die Beweggründe, die genauen Absichten und Ziele. Geh zu ihm mit deinem Herzen, wie befleckt auch immer es ist! Öffne seine Kammern dem forschenden Auge Gottes, dem nichts entgeht, und sprich wie der Dichter der Psalmen: „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz, prüfe mich und erkenne meine Gedanken. Zeige mir, wenn ich auf falschen Wegen gehe und führe mich den Weg zum ewigen Leben.” (Psalm 139,23.24 NLB)RW 41.2

    Viele Menschen begnügen sich mit einem rein intellektuellen Glauben und einer äußerlichen Frömmigkeit, aber ihr Herz ist nicht gereinigt. Unser Gebet sollte deshalb lauten: „Erschaffe mir, o Gott, ein reines Herz, und gib mir von Neuem einen festen Geist in meinem Innern!” (Psalm 51,12) Sei ehrlich mit dir selbst. Gehe an die Sache mit einem Ernst und einer Hartnäckigkeit heran, als stünde dein irdisches Leben auf dem Spiel. Hier geht es um eine Angelegenheit, die zwischen Gott und dir persönlich geregelt werden muss - etwas, was Auswirkungen bis in die Ewigkeit hat. Wenn du dich nicht auf mehr als eine vermeintliche Hoffnung verlassen kannst, wird sich dies als eine tödliche Täuschung herausstellen.RW 42.1

    Studiere unter Gebet das Wort Gottes. Dort wirst du die grundlegenden Leitlinien für ein heiliges Leben kennenlernen, denn ohne „Heiligung”, sagt die Bibel, „wird niemand den Herrn sehen” (Hebräer 12,14). Diese Prinzipien findest du einerseits in den Geboten Gottes, aber auch im Leben von Jesus Christus. Das Wort Gottes schenkt uns Sündenerkenntnis und zeigt uns auf leicht verständliche Weise den Weg zur Erlösung. Höre auf dieses Wort, denn es ist Gottes Stimme, die zu deinem Herzen spricht.RW 42.2

    Wenn du dann die Ungeheuerlichkeit der Sünde erkennst und dich selbst so siehst, wie du wirklich bist, dann lass dich nicht von Verzweiflung überwältigen! Denn genau solche Menschen wie du - Sünder - sind der Grund, warum Christus kam. Er will sie erretten. Nicht wir müssen uns mit Gott versöhnen, sondern Gott war in Christus und „versöhnte die Welt mit sich selbst” (2. Korinther 5,19). Ach, welch erstaunliche, unfassbare Liebe! Gott umwirbt mit seiner zärtlichen Liebe die Herzen seiner verirrten Kinder. Es gibt keine menschlichen Eltern, die für die Schwächen und Fehler ihrer eigenen Kinder so viel Geduld aufbringen, wie es Gott mit denen tut, die er retten möchte. Niemand könnte liebevoller um den Sünder werben. Über keine menschlichen Lippen ist je ein solcher Strom von zärtlich flehenden Bitten gekommen, wie Gott sie an Menschen richtet, die sich auf dem Irrweg befinden. All seine Verheißungen und Warnungen sind nichts anderes als das leise Flüstern einer unaussprechlichen Liebe.RW 42.3

    Wenn Satan kommt und dir vorhält, welch großer Sünder du bist, dann blicke auf zu deinem Erlöser und sprich über all das, was er für dich getan hat. In diesem Moment wird es dir helfen, dich voll und ganz seinem Licht zuzuwenden. Gib zu, dass du ein Sünder bist, aber halte dem Feind entgegen, dass „Christus Jesus in die Welt kam, um Sünder zu retten” (1. Timotheus 1,15 NLB), und auch du durch seine unvergleichliche Liebe errettet werden kannst. Einmal erzählte Jesus eine Geschichte über zwei Schuldner und stellte Simon danach eine Frage. Der eine schuldete seinem Herrn eine geringfügige Summe, der andere eine außerordentlich hohe Summe. Der Herr aber erließ beiden ihre gesamte Schuld. Christus fragte Simon, welcher der beiden Schuldner seinen Herrn wohl am meisten liebe. „Bestimmt der, dem er die größte Schuld erlassen hat”, antwortete Simon. (Lukas 7,43 HFA) Wir waren ehemals große Sünder, aber Christus starb, damit uns vergeben werden kann. Die Verdienste, die er durch seinen Opfertod erwarb, sind ausreichend, um sie dem Vater zu unseren Gunsten zu präsentieren. Die Menschen, denen er am meisten vergeben hat, werden ihn am meisten lieben und seinem Thron am nächsten stehen, um ihm für seine große Liebe und sein unermessliches Opfer Loblieder zu singen. An dem Punkt, wo wir in umfassendster Weise begriffen haben, was die Liebe Gottes wirklich bedeutet, erkennen wir auch die Bösartigkeit der Sünde in ihrem deutlichsten Licht. Wenn uns bewusst wird, wie lang die Rettungsleine ist, die für uns herabgelassen wurde, und wir das unermessliche Opfer, das Christus für uns brachte, zu begreifen beginnen, wird unser Herz in Liebe und Reue dahinschmelzen.RW 43.1

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