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Frühe Schriften von Ellen G. White

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    Kapitel 8: Das Verhör Jesu

    Als die Engel den Himmel verließen, legten sie traurig ihre glänzenden Kronen nieder. Sie konnten sie nicht tragen, wenn ihr Oberbefehlshaber litt und eine Dornenkrone tragen sollte. Satan und seine Engel waren im Richthaus sehr beschäftigt, jedes menschliche Gefühl und Mitleid zu zerstören. Sogar die Luft dort war schwer und von ihrem Einfluß verunreinigt. Die Hohenpriester und Ältesten wurden von ihnen inspiriert, Jesus auf eine für die menschliche Natur geradezu unerträgliche Art und Weise zu behandeln. Satan hoffte, daß solcher Hohn und Spott beim Sohn Gottes ein Klagen oder Murren hervorrufen würde oder daß er seine göttliche Kraft offenbaren und sich aus den Händen der Menge befreite. Dadurch würde der Erlösungs-plan am Ende doch vereitelt werden.FS 154.2

    Petrus war seinem Herrn, nachdem er verraten war, gefolgt. Er wollte unbedingt sehen, was man mit Jesus machen würde. Als man ihn aber beschuldigte, einer von den Jüngern Jesu zu sein, erklärte er, um seine eigene Sicherheit fürchtend, daß er den Menschen nicht kenne. Die Jünger waren durch die Reinheit ihrer Sprache bekannt, und Petrus, um seine Ankläger zu überzeugen, daß er keiner von den Jüngern Christi sei, leugnete zum drittenmal mit Fluchen und Schwören. Jesus, der in einiger Entfernung von Petrus stand, schaute ihn mit einem traurigen, tadelnden Blick an. Da erinnerte sich der Jünger an die Worte Jesu, die er vor einigen Stunden im Obergemach zu ihnen gesagt hatte, und auch an seine eigene, eifrige Zusicherung: “Wenn sie auch alle Ärgernis nehmen, so will ich doch niemals Ärgernis nehmen an dir.” Matthäus 26,33. Er hatte seinen Herrn verleugnet, sogar mit Schwören und Fluchen. Aber der Blick Jesu brachte das Herz des Petrus zum Schmelzen und rettete ihn. Er weinte bitterlich und bereute seine große Sünde, wurde bekehrt und war dann vorbereitet, seine Brüder zu stärken.FS 155.1

    Die Menge schrie nach dem Blut Jesu. Sie schlugen ihn auf grausame Art und Weise, legten ihm einen alten königlichen Purpurmantel an und setzten eine Dornenkrone auf sein heiliges Haupt. Sie gaben ihm eine Rute in die Hand, beugten sich vor ihm und grüßten ihn spöttisch: “Gegrüßet seist du, der Juden König!” Dann nahmen sie ihm die Rute aus der Hand und schlugen ihn damit auf sein Haupt, wodurch die Dornen in seine Stirn drangen und Blutstropfen über sein Gesicht und in den Bart liefen. Matthäus 27,29.FS 155.2

    Es war sehr schwer für die Engel, diesen Anblick zu ertragen. Sie hätten Jesus befreit, aber die befehlenden Engel ließen es nicht zu und erklärten, daß es ein großer Preis war, der für den Menschen bezahlt werden mußte, daß dieser Preis jedoch vollständig genügen und den Tod desjenigen verursachen würde, der selbst Macht über den Tod hatte. Jesus wußte, daß Engel Zeugen seiner Demütigung waren. Der geringste Engel hätte die spottende Menge machtlos machen, zu Boden werfen und Jesus befreien können. Er wußte, wenn er seinen Vater darum bäte, ihn Engel sofort befreien würden. Es war jedoch notwendig, daß er von gottlosen Menschen Gewalt litt, um den Heilsplan Gottes auszuführen.FS 155.3

    Jesus stand demütig und ruhig vor der aufgebrachten Menge, während sie ihn aufs schändlichste mißhandelte. Sie spieen ihm ins Angesicht, in jenes Antlitz, vor dem sie sich einst zu verbergen wünschen werden, das das Licht der Stadt Gottes sein und noch heller als die Sonnen leuchten wird. Christus gab seinen Beleidigern keinen zornigen Blick. Sie bedeckten sein Haupt mit einem alten Gewand, verbanden ihm so die Augen, schlugen ihn ins Gesicht und riefen: “Weissage, wer ist’s, der dich schlug?” Unter den Engeln entstand Bewegung. Sie hätten ihn sofort befreit, aber ihre befehlenden Engel hielten sie zu rück. Lukas 22,64.FS 156.1

    Einige seiner Jünger hatten den Mut gefaßt einzutreten, wo Jesus war, und sein Verhör mit anzuhören. Sie erwarteten, daß er seine göttliche Kraft offenbaren und sich aus den Händen seiner Feinde befreien würde. Ihre Hoffnungen stiegen und sanken, als die verschiedenen Szenen wechselten. Manchmal zweifelten sie und fürchteten, daß sie getäuscht worden waren. Aber die Stimme, die sie auf dem Verklärungsberg gehört hatten, und die Herrlichkeit, die sie dort gesehen hatten, stärkten ihren Glauben, daß er der Sohn Gottes sei. Sie erinnerten sich der Szenen, die sie erlebt hatten, der Wunder, die sie Jesus hatten wirken sehen, als er Kranke heilte, Blinde sehend, Taube hörend machte, Teufel strafte und austrieb, Tote auferweckte und sogar Wind und Meer beruhigte. Sie konnten nicht glauben, daß er sterben würde. Sie hofften noch immer, daß er sich mit Macht erheben und mit befehlender Stimme die blutdürstige Menge auseinandertreiben würde wie damals, als er den Tempel betrat und die Menschen vertrieb, die seines Vaters Haus zum Kaufhaus gemacht hatten und sie vor ihm flohen, als ob sie von einer Schar bewaffneter Soldaten gejagt würden. Die Jünger hofften, daß Jesus seine Kraft offenbaren und allen klar machen würde, daß er der König von Israel sei.FS 156.2

    Judas wurde von Gewissensbissen gequält und von Scham über seine verräterische Tat erfüllt, weil er Jesus ausgeliefert hatte. Als er nun aber die Mißhandlung, die der Heiland ertragen mußte, sah, wurde er überwältigt. Er hatte Jesus geliebt, das Geld aber noch mehr. Er hatte nicht gedacht, daß Jesus sich von jener Rotte, die er anführte, gefangennehmen lassen würde. Er hatte erwartet, daß er ein Wunder tun und sich aus ihren Händen befreien würde. Als er aber die aufgebrachte Menge im Richthaus sah, wie sie nach Blut dürstete, empfand er tief seine Schuld. Während viele eifrig bemüht waren, Jesus zu beschuldigen, drängte sich Judas durch die Menge und bekannte, daß er gesündigt habe, indem er unschuldiges Blut verraten hatte. Er bot den Priestern das ihm bezahlte Geld wieder an und flehte sie an, Jesus loszulassen. Er erklärte, daß Jesus gänzlich unschuldig sei.FS 157.1

    Für kurze Zeit waren die Priester vor Ärger und Verwirrung stumm. Sie wollten nicht, daß bekannt würde, daß sie einen der vorgeblichen Nachfolger Jesu bestochen hatten, Jesus ihren Händen auszuliefern. Sie wollten verbergen, daß sie Jesus wie einen Dieb gesucht und ihn im geheimen ergriffen hatten. Aber das Bekenntnis des Judas und sein verstörtes, schuldiges Aussehen stellte die Priester vor der Menge bloß und zeigte, daß es nur Haß gewesen war, der sie veranlaßt hatte, Jesus zu ergreifen. Als Judas mit lauter Stimme Jesus für unschuldig erklärte, erwiderten die Priester: “Was geht uns das an? Da sieh du zu.” Matthäus 27,4. Sie hatten Jesus in ihrer Gewalt und waren entschlossen, ihn festzuhalten. Voller Verzweiflung warf Judas das Geld, das er jetzt verachtete, zu den Füßen derer, die ihn für den Verrat gedungen hatten, und in Angst und Schrecken ging er hinaus und erhängte sich.FS 157.2

    Jesus hatte viele Mitfühlende in der ihn umgebenden Menge, und sein Schweigen auf alle Fragen, die an ihn gerichtet wurden, setzte die Menge in Erstaunen. Trotz allem Spott und aller Wut des Pöbels lag kein geängstigter Ausdruck oder böser Zug in seinem Angesicht. Er trug alles mit Würde und Ruhe. Die Zuschauer blickten mit Verwunderung auf ihn und verglichen seine vollkommene Gestalt, sein festes und würdiges Benehmen mit dem Aussehen derjenigen, die über ihn zu Gericht saßen. Sie sagten zueinander, daß Jesus mehr wie ein König aussehe als irgendeiner der Obersten. Er trug keine Merkmale eines Verbrechers. Sein Auge war mild, klar und unerschrocken, seine Stirn breit und hoch. Ein jeder Gesichtszug war Güte und drückte tiefe, edle Grundsätze aus. Seine Geduld und Nachsicht waren etwas so Außergewöhnliches für einen Menschen, daß viele davor zitterten. Sogar Herodes und Pilatus waren beim Anblick seines edlen, gottähnlichen Benehmens sehr beunruhigt.FS 158.1

    Schon von Anfang an war Pilatus überzeugt, daß Jesus kein gewöhnlicher Mensch war. Er sah in ihm einen außergewöhnlichen Charakter und hielt ihn für gänzlich unschuldig. Die Engel, die bei der Szene anwesend waren, merkten die innere Überzeugung des römischen Landpflegers. Um ihn vor dieser schrecklichen Tat zu bewahren, Jesus zur Kreuzigung den Händen des Pöbels auszuliefern, wurde ein Engel zur Frau des Pilatus geschickt. In einem Traum teilte er ihr mit, daß es der Sohn Gottes sei, dessen Sache ihr Mann in Verhandlung habe, und daß er unschuldig litt. Sie sandte sofort diese Botschaft zu Pilatus mit der Bemerkung, daß sie viel gelitten habe im Traum um Jesu willen, und warnte ihn davor, etwas mit jenem heiligen Manne zu tun zu haben. Der Bote drängte sich eilig durch die Menge und übergab Pilatus den Brief seiner Frau. Als er ihn las, wurde er bleich und zitterte und entschloß sich sofort, nichts mit der Kreuzigung Jesu zu tun haben zu wollen. Wenn die Juden das Blut Jesu verlangten, wollte er nichts dazu beitragen, sondern versuchen, ihn zu befreien.FS 158.2

    Als Pilatus hörte, daß Herodes in Jerusalem war, war er sehr erleichtert, denn er hoffte, sich nun von aller Verantwortung im Verhör und bei der Verurteilung Jesu befreien zu können. Er schickte ihn sofort mit seinen Anklägern zu Herodes. Dieser Herrscher war in der Sünde verhärtet worden. Die Hinrichtung Johannes des Täufers hatte auf seinem Gewissen einen Flecken hinterlassen, von dem er sich nicht reinigen konnte. Als er von Jesus und seinen mächtigen Werken hörte, fürchtete er sich und zitterte, denn er hielt ihn für Johannes den Täufer, der von den Toten auferstanden sei. Als Jesus durch Pilatus in seine Hände übergeben wurde, betrachtete Herodes diese Handlungsweise als Anerkennung seiner Macht, Autorität und Gerichtsbarkeit. Das bewirkte, daß diese beiden Herrscher, die zuvor Feinde gewesen waren, Freunde wurden. Herodes freute sich, Jesus zu sehen, da er erwartete, daß er zu seiner Befriedigung irgendein mächtiges Wunder wirken würde. Aber es war nicht die Aufgabe Jesu, Neugierde zu befriedigen oder seine eigene Sicherheit zu suchen. Seine göttliche wunderwirkende Macht sollte für das Seelenheil anderer ausgeübt werden, aber nicht für sich selbst.FS 159.1

    Jesus antwortete weder auf die vielen Fragen, die ihm Herodes stellte, noch erwiderte er seinen Feinden etwas, die ihn heftig verklagten. Herodes geriet außer sich, da Jesus sich vor seiner Macht nicht zu fürchten schien; und mit all seinen Kriegsmännern verlachte, verspottete und mißhandelte er den Sohn Gottes. Dennoch war er verwundert über die edle, gottähnliche Erscheinung Jesu, als er so mißhandelt wurde; und da Herodes sich fürchtete, ihn zu verdammen, sandte er ihn wieder zu Pilatus zurück.FS 159.2

    Satan und seine Engel versuchten Pilatus und gaben sich Mühe, ihn ins Verderben zu stürzen. Sie flüsterten ihm ein, daß, wenn er keinen Anteil an der Verurteilung Jesu nehmen wolle, andere es tun würden; die Menge dürste nach seinem Blut, und wenn er ihn nicht dem Tod überantworte, würde er seine Macht und weltliche Ehre verlieren und als ein Anhänger dieses Hochstaplers angesehen werden. Weil nun Pilatus fürchtete, seine Stellung und Macht zu verlieren, willigte er in den Tod Jesu ein. Er machte aber die Ankläger schuldig am Blut Jesu, und die Menge nahm es an und schrie: “Sein Blut komme über uns und unsere Kinder.” Trotzdem war Pilatus nicht rein; er war schuldig am Blut Jesu. Aus selbstsüchtigen Gründen und aus Liebe zur Ehre von den Großen dieser Welt lieferte er einen unschuldigen Menschen dem Tode aus. Wenn Pilatus nach seiner eigenen Überzeugung gehandelt hätte, dann hätte er nichts mit der Verurteilung dieses Mannes zu tun gehabt.FS 159.3

    Die Erscheinung und die Worte Jesu während seines Verhörs hatten einen tiefen Eindruck auf das Denken vieler Anwesenden gemacht. Die Folgen dieses Einflusses machten sich nach seiner Auferstehung bemerkbar. Unter denen, die sich dann der Gemeinde anschlossen, befanden sich viele, deren Bekehrung auf die Zeit des Verhörs Jesu zurückzuführen war.FS 160.1

    Satans Wut war groß, als er erkannte, daß alle Grausamkeit, zu der er die Juden gegen Jesus veranlaßt hatte, nicht das leiseste Murren bei ihm auslöste. Obgleich Jesus die menschliche Natur angenommen hatte, wurde er doch durch gottähnliche Stärke aufrecht erhalten und wich nicht im geringsten vom Willen seines Vaters ab.FS 160.2

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