Kapitel 26: Eine andere Darstellung
Es wurde mir das Interesse gezeigt, welches der ganze Himmel an dem Werk nimmt, das auf Erden vor sich geht. Jesus beauftragte einen mächtigen Engel, herabzusteigen und die Bewohner der Erde zu warnen, damit sie sich auf sein Wiedererscheinen vorbereiten möchten. Als der Engel die Gegenwart Jesu im Himmel verließ, ging ein außerordentlich helles und strahlendes Licht vor ihm her. Es wurde mir gesagt, daß sein Werk darin bestehe, die Erde mit seiner Herrlichkeit zu erleuchten und die Menschen vor dem kommenden Zorn Gottes zu warnen. Viele nahmen das Licht an. Manche von diesen schienen sehr feierlich, während andere freudig und entzückt waren. Alle, welche das Licht annahmen, wandten ihre Angesichter gen Himmel und verherrlichten Gott. Obgleich es über alle ausgegossen war, kamen manche nur unter seinen Einfluß, nahmen es aber nicht von Herzen an. Viele wurden mit großem Zorn erfüllt. Prediger und Volk vereinigten sich mit den Schlechten und widerstanden trotzig dem Licht, welche der mächtige Engel ausgoß. Aber alle, die es annahmen, zogen sich von der Welt zurück und wurden eng miteinander verbunden.EG 237.1
Satan und seine Engel waren sehr beschäftigt, die Gemüter so vieler als möglich von dem Lichte abzuwenden. Die Schar, welche es verwarf, wurde in Finsternis gelassen. Ich sah den Engel Gottes mit dem tiefsten Interesse über seinem bekenntlichen Volke wachen, um den Charakter aufzuzeichnen, den es offenbarte, als ihm die Botschaft himmlischen Ursprungs vorgeführt wurde. Und als sehr viele, welche bekannten, Jesum zu lieben, sich mit Zorn, Verachtung und Haß von der himmlischen Botschaft abwandten, machte ein Engel, mit einem Pergament in der Hand, den schimpflichen Bericht. Der ganze Himmel war mit Unwillen erfüllt, daß Jesus von seinen bekenntlichen Nachfolgern so gering geschätzt wurde.EG 237.2
Ich sah die Enttäuschung der gläubigen Seelen, als sie ihren Herrn nicht zu der erwartenden Zeit sahen. Es war aber Gottes Absicht, die Zukunft zu verbergen und sein Volk zu einem Entscheidungspunkt zu bringen. Ohne das Predigen der bestimmten Zeit für das Kommen Christi wäre das von Gott bestimmte Werk nicht ausgeführt worden. Satan verführte viele dazu, die Ereignisse, die mit dem Gericht und dem Ende der Prüfungszeit verbunden sind, weit in der Zukunft zu suchen. Es war notwendig, daß das Volk dazu gebracht wurde, ernstlich eine gegenwärtige Vorbereitung zu treffen.EG 238.1
Als die Zeit verstrich, vereinigten sich diejenigen, die das Licht des Engels nicht vollständig angenommen hatten, mit denjenigen, welche die Botschaft verachtet hatten, und sie wandten sich mit Spott gegen die Enttäuschten. Engel zeichneten den Zustand der bekenntlichen Nachfolger Christi auf. Das verstreichen der festgesetzten Zeit hatte sie geprüft, und viele waren in der Waage gewogen und zu leicht erfunden worden. Sie beanspruchten laut, Christen zu sein, aber sie folgten fast in keinem Punkte Christus nach. Satan frohlockte über den Zustand der bekenntlichen Nachfolger Jesu. Er hatte sie in seinen Schlingen. Er hatte die Mehrzahl dazu gebracht, den schmalen Pfad zu verlassen, und sie versuchten, auf anderen Wegen zum Himmel zu gehen. Engel sahen die Reinen und Heiligen mit den Sündern und weltliebenden Heuchler in Zion vermischt. Sie hatten über die treuen Jünger Jesu gewacht; aber die Sünder beeinflußten die Heiligen. Denjenigen, in deren Herzen sich das heiße Verlangen regte, Jesum zu sehen, wurde von ihren bekenntlichen Brüdern verboten, von seinem Kommen zu sprechen. Engel schauten auf die Szene herab und hatten Mitgefühl mit den Übrigen, welche das Erscheinen ihres Herrn liebten.EG 238.2
Ein anderer mächtiger Engel wurde beauftragt, zu der Erde hinabzusteigen. Jesus gab ihm ein Schreiben in seine Hand und als er zur Erde niederkam, rief er: “Babylon ist gefallen! Sie ist gefallen!” Dann sah ich die Enttäuschten wieder ihre Augen gen Himmel erheben und in Glauben und Hoffnung nach dem Erscheinen ihres Herrn ausschauen. Aber viele schienen in einem stumpfen Zustand zu verbleiben, als wenn sie schliefen; doch konnte ich den Ausdruck tiefen Kummers auf ihren Angesichtern sehen. Die Enttäuschten sahen aus der Schrift, daß sie in der Zeit des Verzugs waren und geduldig auf die Erfüllung der Prophezeiung warten mußten. Derselbe Beweis, der sie veranlaßt hatte, ihren Herrn im Jahre 1843 zu erwarten, führte sie dazu, dies 1844 zu tun. Ich sah aber, daß die Mehrzahl nicht mehr die Kraft besaß, welchen ihren Glauben 1843 ausgezeichnet hatte. Ihre Enttäuschung hatte ihren Glauben gedämpft.EG 238.3
Als sich das Volk Gottes in dem Ruf des zweiten Engels vereinigte, verzeichneten himmlische Heerscharen mit dem tiefsten Interesse den Erfolg der Botschaft. Sie sahen viele, welche den Namen Christen trugen, sich mit Zorn und Verachtung gegen diejenigen wenden, die getäuscht worden waren. Als die Worte von spottenden Lippen fielen: “Ihr seid ja nicht aufgefahren,” schrieb ein Engel sie nieder. Der Engel sagte: “Sie verspotten Gott.” Ich wurde auf eine ähnliche Sünde in alter Zeit verwiesen. Elias war gen Himmel genommen worden, und sein Mantel war auf Elisa gefallen. Dann kamen gottlose Knaben, die von ihren Eltern gelernt hatten, den Mann Gottes zu verachten, sie folgten Elisa nach und riefen spottend: “Kahlkopf, komm herauf! Kahlkopf, komm herauf!” Indem sie seinen Knecht beleidigten, beleidigten sie Gott, und die Strafe traf sie sofort dafür. Ebenso werden diejenigen, die über den Gedanken von dem Auffahren der Heiligen gespottet und gehöhnt haben, von dem Zorn Gottes heimgesucht werden und werden dann erfahren müssen, daß es keine Kleinigkeit ist, ihrem Schöpfer gegenüber leichtfertige Reden zu führen.EG 239.1
Jesus beauftragte andere Engel, schnell hinzufliegen, um den schwindenden Glauben seines Volkes zu beleben und zu stärken und vorzubereiten, die Botschaft des zweiten Engels sowie die wichtige Bewegung, welche bald im Himmel vor sich gehen sollte, zu verstehen. Ich sah, daß diese Engel große Kraft und viel Licht von Jesu empfingen und schnell zur Erde flogen, um ihren Auftrag auszuführen, dem zweiten Engel in seiner Botschaft zu helfen. Als der Engel rief: “Siehe, der Bräutigam kommt; gehet aus ihm entgegen!” schien ein großes Licht auf das Volk Gottes. Dann sah ich, wie diese Enttäuschten sich erhoben und in Übereinstimmung mit dem zweiten Engel verkündigten: “Siehe, der Bräutigam kommt, gehet aus ihm entgegen!” Das Licht der Engel durchdrang allenthalben die Finsternis. Satan und seine Engel suchten die Ausbreitung des Lichtes und die beabsichtigte Wirkung desselben zu verhindern. Sie stritten sich mit dem Engel des Himmels und sagten, daß Gott sein Volk getäuscht habe, und daß sie mit all ihrem Licht und ihrer Macht die Welt nicht glauben machen könnten, daß Christus komme. Aber trotzdem Satan versuchte, den Weg zu versperren und die Gemüter des Volkes von dem Lichte abzuwenden, setzten die Engel Gottes ihr Werk fort.EG 239.2
Diejenigen, welche das Licht annahmen, schienen sehr glücklich. Sie schauten mit Ausdauer gen Himmel und verlangten nach dem Erscheinen Jesu. Manche weinten und beteten in großer Angst. Ihre Augen schienen auf sich selbst gerichtet zu sein, und sie wagten nicht, aufwärts zu blicken, da zerteilte ein Licht vom Himmel die Finsternis vor ihnen, und ihre Augen, welche in Entmutigung auf sich selbst gerichtet waren, wandten sich aufwärts, während Dankbarkeit und heilige Freude auf jedem Gesicht ausgeprägt waren. Jesus und alle Heerscharen der Engel blickten mit Wohlgefallen auf die treuen wartenden Seelen. Diejenigen, welche das Licht der ersten Engelsbotschaft verwarfen und ihm widerstanden, gingen des Lichtes der zweiten verlustig und konnten keinen Nutzen von der Macht und Herrlichkeit haben, welche die Botschaft begleitete: “Siehe, der Bräutigam kommt!” Jesus wandte sich finster von ihnen ab, denn sie hatten ihn verspottet und verworfen, Diejenigen, welche die Botschaft annahmen, waren in einer Wolke der Herrlichkeit gehüllt. Sie fürchteten sich sehr, Gott zu beleidigen, und wachten und beteten, um seinen Willen zu erkennen. Ich sah, daß Satan und seine Engel dies göttliche Licht von dem Volke wegzunehmen suchten, aber so lange die wartenden Seelen das Licht liebten und ihre Augen auf Jesum gerichtet hielten, hatte Satan keine Macht, sie seiner kostbaren Strahlen zu berauben. Die vom Himmel gegebene Botschaft versetzte Satan und seine Engel in Wut und verführte diejenigen, welche vorgaben, Jesum zu lieben, aber sein Kommen verachteten, dazu, die treuen, gläubigen Seelen zu hassen und zu verspotten. Aber ein Engel zeichnete jede Beleidigung, jede Vernachlässigung, jedes Unrecht auf, welche die Kinder Gottes von ihren bekenntlichen Brüdern erdulden mußten.EG 240.1
Viele erhoben ihre Stimme zu dem Ruf: “Siehe, der Bräutigam kommt!” Sie verließen ihre Brüder, welche das Erscheinen Jesu nicht liebten und nicht dulden wollten, daß sie bei seiner Wiederkunft verweilten. Ich sah, daß Jesus sein Angesicht von denjenigen abwandte, die sein Kommen verwarfen und verachteten, und dann gebot der Engel, sein Volk aus den unreinen herauszuführen, damit sie nicht möchten verunreinigt werden. Diejenigen, welche der Botschaft gehorsam waren, traten frei auf und vereinigten sich; ein heiliges Licht schien auf sie. Sie entsagten der Welt, heiligten ihre irdischen Interessen, gaben ihre irdischen Schätze auf und richteten ihre sehnsuchtsvollen Blicke gen Himmel, von wo sie ihren geliebten Erlöser zu sehen erwarteten. Ein heiliges Licht glänzte auf ihren Angesichtern, was von der Freude und dem Frieden zeugte, der in ihnen wohnte. Jesus gebot seinen Engeln, hinzugehen und sie zu stärken, denn die Stunde ihrer Prüfung brach herein. Ich sah, daß diese wartenden Seelen noch nicht geprüft waren, wie sie geprüft werden sollten. Sie waren noch nicht frei von Irrtümern. Ich sah die Gnade und die Güte Gottes darin, daß er dem Volk auf der Erde eine Warnung und wiederholte Botschaften sandte, um sie zu einer sorgfältigen Forschung des Herzens und dem Studium der Schrift zu führen, auf daß sie sich selbst von den Irrtümern reinigen möchten, welche von den Heiden und Papisten eingeführt waren. Durch diese Botschaften brachte Gott seine Kinder heraus, wo er in größerer Kraft für sie wirken kann und sie alle seine Gebote halten können.
EG 241.1