Der Traum vom Tempel und vom Lamme
Während ich mich in diesem Zustande der Niedergeschlagenheit befand, hatte ich einen Traum, der einen tiefen Eindruck auf mich machte. Mir träumte, ich sähe einen Tempel, in welchen viele Personen hinein strömten. Nur diejenigen, die in jenem Tempel Zuflucht suchten, würden errettet werden, wenn die Zeit abschließen werde; alle, die draußen blieben, würden auf immer verloren sein. Die draußen befindlichen großen Massen, die ihren verschiedenen Wegen nachgingen, verspotteten und verlachten diejenigen, die in den Tempel hineingingen, und sagten ihnen, dass dieser Plan der Sicherheit eine schlaue Täuschung und dass tatsächlich gar keiner Gefahr irgendwelcher Art zu entgehen sei. Sie ergriffen sogar einige, um sie daran zu hindern, schnell in den Platz innerhalb der Mauern zu kommen.LW 35.1
Da ich fürchtete, verhöhnt zu werden, hielt ich es für das Beste, zu warten, bis sich die Menge zerstreut habe, oder bis ich, unbeachtet von ihr, eintreten könnte. Aber ihre Zahl nahm zu, anstatt abzunehmen, und da ich fürchtete, zu spät zu kommen, verließ ich schnell mein Heim und drängte mich durch die Menge. In meinem Streben, den Tempel zu erreichen, beachtete ich die mich umgebenden Massen nicht oder gab nichts um sie.LW 35.2
Beim Betreten des Gebäudes sah ich, dass der große Tempel von einer einzigen großen Säule gestützt wurde, und an diese war ein Lamm gebunden, welches ganz verstümmelt war und blutete. Wir, die anwesend waren, schienen zu wissen, dass dieses Lamm um unseretwillen verwundet und geschlagen war. Alle, die den Tempel betraten, mußten vor dasselbe kommen und ihre Sünden bekennen. Gerade vor dem Lamm waren erhöhte Sitze, auf welchen eine Schar saß, die sehr glücklich aussah. Das Licht des Himmels schien auf ihre Angesichter zu strahlen, und sie lobten Gott und sangen frohe Danklieder, die wie Engelmusik klangen. Dies waren diejenigen, die vor das Lamm gekommen waren, ihre Sünden bekannt und Vergebung erhalten hatten und jetzt froher Hoffnung eines freudigen Ereignisses harrten.LW 35.3
Selbst nachdem ich das Gebäude betreten hatte, kam eine Furcht und ein Gefühl der Scham über mich, dass ich mich vor diesen Leuten demütigen müsse; aber ich schien gezwungen zu sein, vorwärts zu gehen, und machte langsam meinen Weg um die Säule herum, um vor das Lamm zu treten, als eine Posaune ertönte; der Tempel erbebte, Triumphesrufe stiegen auf von den versammelten Heiligen, eine furchtbare Helle erleuchtete das Gebäude; dann war alles dichte Finsternis. Die glücklichen Leute waren alle mit der Helle verschwunden, und ich war in dem stillen Schrecken der Nacht allein gelassen.LW 36.1
Ich erwachte in Seelenschmerz und konnte mich kaum davon überzeugen, dass ich geträumt hatte. Es schien mir, dass mein Schicksal besiegelt sei, dass der Geist des Herrn mich verlassen habe, um nie zurückzukommen.LW 36.2