Miller Verkündigt In Der Öffentlichkeit
So wie Elisa von seinen Ochsen auf dem Feld weggerufen wurde, um den Mantel der Weihe zum Prophetenamt zu empfangen, so wurde auch Miller von seinem Pflug weggerufen, um den Menschen die Geheimnisse des Gottesreichs zu erschließen. Zaghaft begann er sein Werk und führte seine Zuhörer Schritt für Schritt durch die prophetischen Zeitabschnitte bis zum zweiten Kommen Christi. Als er das große Interesse sah, das seine Worte hervorriefen, fühlte er sich mehr und mehr gestärkt und ermutigt.VSL 302.3
Nur durch den Zuspruch seiner Glaubensbrüder, in deren Worten er den Ruf Gottes vernahm, willigte Miller ein, seine Ansichten öffentlich vorzutragen. Er war bereits 50 Jahre alt, an öffentliches Reden nicht gewöhnt und fühlte sich seiner Aufgabe nicht gewachsen. Aber von Anfang an wurde er in wunderbarer Weise gesegnet und konnte manchem Suchenden den Weg zur Errettung zeigen. Seinem ersten Vortrag folgte eine religiöse Erweckung, bei der mit Ausnahme von zwei Personen dreizehn Familien bekehrt wurden. Er wurde sofort gebeten, auch an anderen Orten zu sprechen, und fast überall folgte seinen Vorträgen eine Wiederbelebung des Werkes Gottes. Sünder bekehrten sich, Christen weihten sich aufs Neue, und Deisten und Ungläubige mussten die biblische Wahrheit und die christliche Religion anerkennen. Das Zeugnis derjenigen, unter denen er arbeitete, lautete: »Er erreicht eine Klasse von Menschen, die sich von andern Männern nicht beeinflussen lassen.” (BMM, 138) Miller wollte mit seinen Predigten ein allgemeines Verständnis für die großen Themen des Glaubens wecken und der wachsenden Verweltlichung und Sinnlichkeit seiner Zeit entgegenwirken.VSL 303.1
In fast jeder Stadt, in der er predigte, gab es Dutzende, manchmal sogar Hunderte von Bekehrungen. An vielen Orten öffneten protestantische Kirchen fast jeder Glaubensrichtung ihre Türen, und im Allgemeinen kamen die Einladungen von den Predigern der verschiedenen Gemeinden. Miller machte es sich zur unumstößlichen Regel, an keinem Ort zu sprechen, an den er nicht eingeladen wurde, doch er fand es unmöglich, auch nur die Hälfte der Einladungen anzunehmen, die ihn erreichten. Viele, die seine Ansicht über das genaue Datum der Wiederkunft Christi nicht annahmen, wurden doch überzeugt, dass die Wiederkunft Christi sicher und nahe war und sie sich darauf vorbereiten mussten. In einigen größeren Städten hinterließen seine Vorträge einen sichtbaren Eindruck. Schankwirte gaben ihren Handel auf und verwandelten ihre Trinkstuben in Versammlungssäle, Spielhöllen wurden geschlossen. Ungläubige, Deisten, Universalisten und selbst unverbesserliche Prasser bekehrten sich, von denen manche jahrelang kein Gotteshaus mehr betreten hatten. In den verschiedenen Glaubensgemeinschaften einzelner Stadtteile wurden fast stündlich Gebetsversammlungen durchgeführt. Geschäftsleute versammelten sich mittags zu Gebet und Lobgesang. Es kam nicht zu einer schwärmerischen Begeisterung, sondern die Menschen erfasste ein tiefgreifender, feierlicher Ernst. Wie die Reformatoren vor ihm zielte Miller mit seiner Arbeit darauf ab, den Verstand zu überzeugen und das Gewissen zu wecken statt lediglich Gefühle zu erregen.VSL 303.2
Von seiner eigenen Baptistengemeinde erhielt Miller 1833 eine Predigerlizenz. Viele Prediger dieser Glaubensgemeinschaft billigten seine Tätigkeit, und mit ihrer formalen Bestätigung führte er sein Werk fort. Er reiste und predigte unaufhörlich, auch wenn sich seine persönlichen Tätigkeiten nur auf Neuengland (nordöstliche USA) und die Mittleren Staaten (Delaware, New Jersey, Maryland, Pennsylvania) beschränkten. Jahrelang bestritt er sämtliche Auslagen aus eigener Tasche. Auch später erhielt er nie genug, um damit die Reisespesen zu den Orten, an die er eingeladen wurde, ganz zu decken. So war seine Öffentlichkeitsarbeit weit davon entfernt, einen finanziellen Gewinn zu erbringen. Vielmehr belastete sie sein Vermögen, das in diesem Abschnitt seines Lebens beständig abnahm. Er war der Vater einer Großfamilie, aber da sie fleißig und genügsam waren, reichten die Erträge seiner Farm für ihren wie auch seinen Unterhalt aus.VSL 304.1