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Vom Schatten zum Licht

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    Schwere Anklagen In Worms

    Die Aufmerksamkeit aller Parteien richtete sich nun auf die Versammlung der deutschen Länder, die kurz nach Karls Thronbesteigung in Worms stattfand. Wichtige politische Fragen von nationalem Interesse standen bei diesem Reichstag auf der Tagesordnung, und zum ersten Mal sollten die deutschen Fürsten ihren jugendlichen Monarchen an einer Reichsversammlung erleben. Aus allen Gebieten des Vaterlands waren kirchliche und staatliche Würdenträger gekommen. Weltliche Adlige, von edler Geburt, mächtig und eifersüchtig auf ihre ererbten Rechte bedacht; Kirchenfürsten, stolz auf ihre überragende Würde und Macht; höfische Ritter und ihr bewaffnetes Gefolge und Gesandte aus fernen Ländern; sie alle kamen nach Worms. Doch das Hauptinteresse dieser großen Versammlung galt der Sache des sächsischen Reformators.VSL 136.2

    Karl hatte den Kurfürsten zuvor angewiesen, Luther auf den Reichstag mitzubringen, ihm seinen Schutz zugesichert, freies Geleit versprochen und eine offene Diskussion der strittigen Punkte mit fachkundigen Personen zugesagt. Luther selbst sah seinem Erscheinen vor dem Kaiser mit Spannung entgegen. Mit seiner Gesundheit stand es in jener Zeit nicht zum Besten, doch er schrieb dem Kurfürsten: »Ich werde, wenn man mich ruft, kommen, soweit an mir liegt, ob ich mich auch krank müsste hinfahren lassen, denn man darf nicht zweifeln, dass ich von dem Herrn gerufen werde, wenn der Kaiser mich ruft. Greifen sie zur Gewalt, wie es wahrscheinlich ist - denn um belehrt zu werden, lassen sie mich nicht rufen -, so muss man dem Herrn die Sache befehlen; dennoch lebt und regiert derselbige, der die drei Knaben im Feuerofen des Königs von Babylon erhalten hat. Will er mich nicht erhalten, so ist’s um meinen Kopf eine geringe Sache. ... Man muss nur dafür sorgen, dass wir das Evangelium, das wir begonnen, den Gottlosen nicht zum Spott werden lassen. ... Wir wollen lieber unser Blut dafür vergießen. Wir können nicht wissen, ob durch unser Leben oder unseren Tod dem allgemeinen Wohle mehr genützt werde. ... Nimm von mir alles, nur nicht, dass ich fliehe oder widerrufe: Fliehen will ich nicht, widerrufen noch viel weniger.« (DAGR, IV, 11; vgl. EMLB, XXI, 24, 21.12.1520)VSL 137.1

    Die Nachricht, dass Luther vor dem Reichstag erscheinen würde, rief in Worms allgemeine Aufregung hervor. Der päpstliche Nuntius, Hieronymus Aleander, dem man die Sache insbesondere anvertraut hatte, war beunruhigt und wütend. Er sah einen verheerenden Ausgang für die Sache des Papsttums voraus. Eine Untersuchung für einen Fall einzuleiten, bei dem der Papst bereits seine Verurteilung ausgesprochen hatte, war eine Schande für die Autorität des Pontifex Maximus. Zudem war er besorgt, dass die wortgewaltige Darstellung der Beweise dieses Mannes viele Fürsten veranlassen könnte, sich von der Sache des Papstes abzuwenden. Er protestierte deshalb bei Karl in schärfster Form, dass Luther vor dem Reichstag erscheinen sollte. Um diese Zeit wurde die Bulle über Luthers Exkommunikation veröffentlicht. Zusammen mit den Einsprüchen des Legaten, veranlasste dies den Kaiser nachzugeben. Er schrieb dem Kurfürsten von Sachsen, dass Luther in Wittenberg bleiben müsse, wenn er nicht widerrufen wollte.VSL 137.2

    Aleander gab sich mit diesem Sieg nicht zufrieden, sondern arbeitete mit aller Macht und Schlauheit daran, dass Luther verurteilt würde. Mit einer Beharrlichkeit, die einer besseren Sache würdig gewesen wäre, lenkte er die Aufmerksamkeit der Fürsten, Prälaten und der anderen Mitglieder der Versammlung darauf, den Reformator der »Aufwiegelung, Rebellion, Gottlosigkeit und Gotteslästerung” zu beschuldigen. Doch die Wucht und Leidenschaft, die der Legat an den Tag legte, zeigten nur allzu deutlich den Geist, der ihn trieb. Es war die allgemeine Meinung, »es sei mehr Neid und Rachelust als Eifer der Frömmigkeit, die ihn aufreizten« (DAGR, VII, 1; vgl. CCL, 54 ff.). Die Mehrheit im Reichstag war mehr denn je geneigt, die Sache Luthers günstig zu beurteilen.VSL 137.3

    Mit doppeltem Eifer drängte Aleander den Kaiser zu seiner Pflicht, die päpstlichen Erlasse durchzusetzen, doch nach deutschem Gesetz war dies nicht ohne die Zustimmung der Fürsten möglich. Als der Kaiser letztlich der Aufdringlichkeit des Legaten nachgab, wurde dem päpstlichen Gesandten erlaubt, vor dem Reichstag zu sprechen. »Es war ein großer Tag für den Nuntius. Die Versammlung war groß, noch größer war die Sache. Aleander sollte für Rom, die Mutter und Herrin aller Kirchen, das Wort führen.” Er sollte vor den versammelten Machthabern der Christenheit das Fürstentum von Petrus verteidigen. »Er hatte die Gabe der Beredsamkeit und zeigte sich der Erhabenheit des Anlasses gewachsen. Die Vorsehung wollte es, dass Rom vor dem erlauchtesten Tribunal erscheinen und dass seine Sache durch den begabtesten seiner Redner vertreten werden sollte, bevor die Verdammung ausgesprochen würde.« (WHP, VI, 4) Mit Besorgnis blickten die Fürsten, die auf der Seite Luthers standen, auf die Folgen der Rede Aleanders. Der Kurfürst von Sachsen war nicht zugegen, er sandte aber zwei Vertrauensleute nach Worms, um Notizen von der Ansprache des Nuntius zu machen.VSL 138.1

    Mit aller Macht der Gelehrsamkeit und Redekunst versuchte Aleander, die Wahrheit zu Fall zu bringen. Er schleuderte eine Beschuldigung nach der anderen auf Luther und nannte ihn einen Feind der Kirche und des Staates, der Lebenden und der Toten, der Geistlichkeit und der Laien, der Konzilien und der einzelnen Christen. »Die Irrtümer Luthers genügten”, sagte er, »um hunderttausend Ketzer zu verbrennen.«VSL 138.2

    Abschließend versuchte er, die Anhänger der Reformation zu verdächtigen. »Was sind all die Lutheraner? Eine Bande frecher Schulmeister, verdorbener Priester, liederlicher Mönche, unwissender Advokaten und herabgekommener Adliger, zusammen mit dem Pöbel, den sie fehlgeleitet und verdorben haben. Wie viel überlegener ist ihnen gegenüber die katholische Partei an Zahl, Fähigkeit und Macht! Ein einstimmiger Beschluss dieser erlauchten Versammlung wird die Einfältigen erleuchten, die Unklugen warnen, die Wankelmütigen entschieden machen und die Schwachen stärken.« (DAGR, VI, 3)VSL 138.3

    Mit solchen Waffen wurden die Verteidiger der Wahrheit in jedem Zeitalter angegriffen. Dieselben Argumente werden bis heute gegen all jene vorgebracht, die es wagen, etablierten Irrtümern mit den klaren und deutlichen Lehren des Wortes Gottes entgegenzutreten. »Wer sind diese Prediger neuer Lehren?«, rufen jene aus, die eine volkstümliche Religion wünschen. »Es sind Ungebildete, gering an Zahl und aus den unteren Volksschichten. Und doch behaupten sie, die Wahrheit zu besitzen und das auserwählte Volk Gottes zu sein. Sie sind Unwissende und Getäuschte. Wie sehr ist ihnen unsere Kirche doch an Zahl und Einfluss überlegen. Wie viele große und gelehrte Männer sind doch auf unserer Seite und wie viel größer ist doch unsere Macht!« Solche Argumente haben ein bemerkenswertes Gewicht in der Welt, sind aber heute nicht beweiskräftiger als in den Tagen der Reformatoren.VSL 139.1

    Die Reformation wurde durch Luther nicht vollendet, wie viele annehmen. Sie muss bis zum Ende der Geschichte fortgeführt werden. Luthers großes Werk bestand darin, das Licht, das Gott auf ihn hatte scheinen lassen, anderen weiterzugeben. Er empfing jedoch noch nicht das volle Licht, das der Welt gegeben werden sollte. Von jener Zeit bis heute fiel fortwährend neues Licht auf die Heilige Schrift und ständig wurden neue Wahrheiten entdeckt.VSL 139.2

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